Schulden, nicht Spekulation heißt das Drama
17. Januar 2013 00:28
2013-01-17 00:28:00
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 2:30
Denn sie wissen nicht, wovon sie reden. Noch immer nicht. Worte wie „Spekulation“ oder „Derivate“ oder „Fremdwährungskredite“ kommen derzeit Politikern mit mehr Verachtung über die Lippen, als wenn sie über Kindesmissbrauch oder Kriegsverbrechen reden.
Faktum ist freilich: „Jegliches auf die Zukunft gerichtete Handeln ist Spekulation“, wie der Ökonom Peter Brandner glasklar festhält. Jede Körperschaft „spekuliert“, fast alle haben mit Derivaten und Fremdwährungskrediten gearbeitet. Auch der Bund, der jetzt so tut, als müsste er den Bundesländern die Anständigkeit und das Einmaleins der Finanzwelt beibringen. Auch im verlustgebeutelten Salzburg darf in Wahrheit niemand überraschte Augen machen. Stehen doch dort seit Jahr und Tag sogar Schwarz auf Weiß Millioneneinnahmen im Budget unter der Zeile: „Schuldenmanagement (Derivate)“. Wohlgemerkt unter „Schulden-“, nicht etwa unter „Veranlagungsmanagement“. Das kann nur heißen, man hat mit Schulden Derivate aufgenommen, also „spekuliert“. Daran hat man ja auch etliche Zeit exzellent verdient – was aber eben nur mit erhöhtem Risiko möglich war. Und dieses Risiko ist im Zuge der Finanzkrise bei sehr vielen Anlegern schlagend geworden. Auch in Salzburg. Jedoch ist dort der – ungewisse – Schaden weit kleiner als die gewissen Schulden des Landes.
Dennoch redet sogar der Präsident der Wirtschaftskammer davon, dass Spekulation die „größte Bedrohung“ der Weltwirtschaft wäre, weil der Wert der Derivate beim Hundertfachen jenes der Realwirtschaft liege. Nun, diese seit Jahren kursierende Behauptung klingt natürlich dramatisch – wenn man nicht weiß, welcher Rechentrick dahintersteckt: Nehmen wir an, jemand kauft eine künftige Weizenernte zu einem jetzt fixierten Preis. Das ist ein Derivat, an dem vor allem viele Bauern interessiert sind, weil es sie von Marktentwicklungen unabhängig macht. Das Risiko des Käufers ist also die Differenz zum künftigen Marktpreis. Bei der Berechnung des Derivatwerts wird aber so getan, als ob der Weizenpreis auf Null abstürzen würde. Was natürlich in der Summe aller Derivate einen gigantischen Wert ergibt. Dazu kommt dann noch einmal die gesamte Versicherungssumme, falls sich der Käufer bei diesem Geschäft vorsichtshalber versichert hat. Und dann die Rückversicherung usw. Das wahre Risiko ist aber ein Bruchteil, ob es nun um Weizen oder Aktien oder Indizes geht.
Herr Leitl sollte sich also weniger um die Derivate sorgen, sondern um die Schulden von Republik und Bundesländern. Die sind jedenfalls schon da. Und noch mehr sollte er sich vor den gigantischen Haftungen der Länder fürchten, deren Wert bis heute niemand kennt. Und noch mehr vor den künftigen Verpflichtungen der Pensionsversicherung. Denn die hat lange kräftig kassiert, aber nichts für die Jahrzehnte rückgestellt, da die große Zahl der so wie Leitl alt werdenden Babyboomer frecherweise die versprochenen Pensionen auch kassieren will.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.
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Wenn dem Derivat ein konkret abzusicherndes Warenhandelsgeschäft zugrundeliegt, gehört es zur üblichen kaufmännischen Gebarung.
Sobald es auf einer sogenannten "Casinowette" beruht, wird die Sache hochriskant und gehört in den privaten Glücksspielbereich, denn mit seinem Privatvermögen sollte jeder tun und lassen können, was er will.
Wenn jedoch Spekulationen mit öffentlichen Geldern stattfinden und das noch dazu auf Schulden - wie es eventuell in Salzburg und/oder anderen Bundesländern passiert sein könnte - dann hat man die dafür Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Denn dabei handelt es sich nicht nur um Dummheit und Unzulänglichkeit, sondern auch um gefährlichen Größenwahn, weil kein involvierter Politiker über die notwendige Ausbildung bzw. Qualifikation für den derzeit herrschenden (Hochfrequenz-)Finanzhandel verfügt - genau wie der werte Herr Leitl, welcher wie der Blinde von der Farbe spricht.
Ähnlich liegt die Sache bei den dramatisch steigenden Landes- bzw. Staatsverschuldungen. Da dürfen wechselnde, oft völlig unbedarfte Volksvertreter nach Gutdünken Wahlgeschenke zwecks Machterhalt verteilen, oder gar mit Milliarden jonglieren, ohne daß sie über kaufmännische Grundkenntnisse verfügen und ohne daß ihnen übergeordnete Kontrollorgane ernstlich Einhalt gebieten. Entsprechend steigen Schulden und Haftungen in derart schwindelnde Höhen, daß uns kommende, enorm belastete Generationen wieder einmal zurecht fragen werden, wie konnte das geschehen und warum hat niemand den Anfängen gewehrt? Und solange wir das zulassen, müßte jeder Einzelne von uns bekennen: mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa!
Ich bin alles andere als ein Finanz- oder Wirtschaftsfachmann. Aber dennoch interessieren mich grundsätzlich zwei Fragen: Wenn Länder, der Bund, Gemeinden spekulieren, tun sie es weil sie zu viel oder zu wenig Steuergeld haben?
1) Wenn sie zu viel Finanzmittel haben und diese Überschüsse zumindest wertgesichert anlegen wollen, wozu nehmen sie diese Gelder vorher überhaupt der arbeitenden Bevölkerung weg? Denn offensichtlich brauchen sie diese Mittel ja gar nicht, um ihren Verpflichtungen dem Bürger gegenüber nachzukommen.
2) Weil sie zuwenig Steuermittel haben, um ihren Verpflichtungen nachkommen zu können, sind sie unter die Spieler gegangen. Allerdings sind sie dann nicht Spieler sondern Hassadeure. Jeder kleine Kundenbetreuer einer Dorfsparkasse wird sie mitleidig belächeln, wenn sie ihm sagen, sie bräuchten einen Kredit von 1000,- € um im Lotto 2000,- € zu gewinnen.
Vielleicht wäre den Ländern Salzburg, Wien, Ober- oder Niederösterreich schon gedient, wenn man ihnen eine russische Kugerl-Rechenmaschine (Abacus) spendiert?
Ceterum censeo: Die Staatsschuldenuhr
www.staatsschulden.at
ist leider kein Faschingsscherz.
Warum behandeln wir diese Themen überhaupt noch?
Es gäbe keine Investmentbanken, keine Derviatflut, keine gigantische staatliche, private und unternehmerische Überschuldung wenn nicht in den 70ern das endlose Gelddrucken gestartet worden wäre; oder anders ausgedrückt die letzte Verbindung zum Gold gekappt wurde.
Damals wurde das Investmentbanking wieder erlaubt, entgegen den marktwirtschaftlichen Gesetzen! Die Inflation floss in die Aktienkurse, die neuen kreativen Finanzprodukte oder Immobilienblasen. Jetzt kommt das Geld zurück, oder wie Keynes richtig sagte: Langfristig sind wir alle tot!
Gratuliere! Die Demokratie hat die Wahrheit lange genug vor sich her geschoben, der Zahltag ist in Sichtweite gekommen, nun müssen die Wähler auch für den Wahnsinn, den sie gewählt haben gerade stehen.
Wie warb Burgstaller in Salzburg beim letzten Wahlkampf: Für saubere und transparente Landesfinanzen!
Volltreffer, inzwischen ist der Risikoanteil auf rund 10Mrd geklettert (vorläufig!, ich suche noch) und da hat Herr AU recht, das wird nicht auf einmal schlagend, da reicht es wenn ein Prozent umfällt.
Kleiner Randkommentar: Burgstaller bekam eine Mehrheit für dieses Programm. Kein Journalist fand es der Mühe wert, die offen liegenden Fakten den Bürgern im Wahljahr näher zubringen. Keine Opposition hat, anhand der Fakten, protestiert. Offensichtlich ist diese Art von 'Finanzgebaren' common sense, denn andernfalls hätten wir es mit ausschließlich Deppen und Trotteln in Journaille und Politik (parteiunabhängig) zu tun.
Legales Gewinnstreben wurde durch das weltweite Zockertum und seine abartigen "Finanz-Instrumente" zum brandgefährlichen Sprengsatz der Weltwirtschaft!
Banken, Kommunen, Staaten bedienen sich "billigen Geldes" für die Finanzierung ihrer molochartig steigenden "Bedürfnisse", alles auf Pump und zum Nachteil der nachfolgenden Generation auf unsicherem Sand gebaut!
Da kann selbst der größte Optimist nicht mehr optimistisch bleiben!
Ein großer Krach wird wohl unausweichlich folgen!
(mail to: gerhard@michler.at)
Ich find' das ja echt "geil", daß die Transparenzverkünder und die sozial(istisch) Gerechten, Schwarzgeldkonten zum Spekulieren eingerichtet haben und sich nun auch noch als Landesretter und Aufklärer hinstellen wollen.
Hält die Staatsanwaltschaft kollektiven "Winterschlaf" wenn es um die Fraktion Rouge geht?
Burgstaller gehört auf schnellstem Wege zurückgetreten und die steuerzahlenden Bürger sollten ihre Ehrlichkeit überdenken.
Übern Herrn Leitl kann man nur mehr den Kopf schütteln.
Es wird nur mehr moralisiert, wie schon gestern aufgrund des Strasser-Urteils festgestellt wurde, da bleibt der Verstand, der Anstand und das Recht auf der Strecke.
Es ist das viele Geld, die Dollar-Schwemme und jetzt auch die Euro-Schwemme, die uns das alles raubt.
Hr. Leitl müßte das in seiner Position wissen, oder hat in seinem Haus die Sektion Geld und Versicherung schon das Kommando übernommen?
Das, was Politik und eingekaufter Journalismus samt Staatsfunk in Österreich für common sense halten, vom Sozialismus aller Parteien bis zur Zerschlagung der Sicherheitspolitik, vom Import fremder Völkerscharen bis zur Vernichtung der Generationenleistungen via ESM und Unterwerfung unter das Finanzdiktat nach dem Geschmack von Geithner, Goldmann Sucks und Hollande ist doch der schlagende Beweis dafür, das wir inmitten dieser Prolokratie geradezu ausnahmslos von Deppen umgeben sind. Die einzigen, die mit diesem Irrsinn auf Raten mit Verstand umgehen, sind die Hochverräter, die sich durch unterlassene Aufklärung und gezieltes Lügen dafür auch noch die Zustimmung des ahnungslosen Wahlvolkes holen.