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Die Frauenquote: eine europäische Selbstbeschädigung

Hurra. Europa kann aufatmen. Die EU-Kommission hat es geschafft. Die Quotenrichtlinie kommt. Und wenn das nicht reichen sollte, um alle Europäer in Jubelstimmung zu versetzen, dann sollten diese hören, was ihnen ausgerechnet der kolumbianische Staatspräsident zu sagen hat.

Juan Manuel Santos hat nämlich feierlich versprochen, Europa bei der Überwindung seiner Wirtschaftsprobleme zu helfen. Kein Scherz. Das einstige Krisenland Kolumbien ist dazu sogar – in Maßen – imstande: Es steht nämlich heute durch einen betont marktwirtschaftlichen Kurs viel besser da als noch vor einem Jahrzehnt.

Während Kolumbien weitgehend auf die Knebelung der Wirtschaft durch sozial- und wohlfahrtsstaatliche Abenteuer verzichtet, stürzt die EU-Kommission Europa in ein weiteres Abenteuer dieser Art: Künftig soll es bei börsennotierten Aktiengesellschaft sowohl bei Aufsichtsräten wie auch bei nicht geschäftsführenden Direktoren einen gesetzlichen Zwang zu einer 40prozentigen Frauenquote geben.

Da kann man ja noch froh sein, dass der Quotenzwang nicht auch auf die geschäftsführenden Direktoren ausgedehnt wird. Freilich zeigt diese erstaunliche Einschränkung besonders deutlich, worum es der Viviane Reding geht. Die ehemalige Journalistin hat sich gezielt jene Jobs für die Frauen ausgesucht, wo nur die Bezahlung, aber nicht die Verantwortung wirklich groß ist. Offenbar hält sie – ebenso wie die Mehrheit der anderen Kommissare – die Frauen für andere Spitzenjobs noch nicht so geeignet. (Reding hat übrigens früher für jene Luxemburger Zeitung gearbeitet, für die ich Anfang der 90er Jahre aus Österreich berichtete. Aber das nur am Rande.)

Jedenfalls wird diese Richtlinie – sofern sie angenommen wird – Investitionen von den europäischen Börsen abziehen. So ist es ja auch in Norwegen passiert, wo es die Frauenquote für bestimmte Aktiengesellschaften schon länger gibt. Und wo es den betroffenen Firmen nach einer amerikanischen Studie signifikant schlechter geht als den nicht betroffenen. Das gilt sowohl in Hinblick auf die Bilanzen wie auch die Börsenkurse.

Warum ist eine Quotenregelung so übel?

  • Erstens, weil sich die EU ständig ohne jeden Auftrag in Dinge einmischt, die man auch national regeln könnte. Wenn man sie überhaupt regeln will.
  • Zweitens, weil es ein verheerendes Signal ist, am Höhepunkt der Schuldenkrise, die jetzt auch noch von einem mörderischen Budgetstreit potenziert wird, solche peinlichen Ablenkungsstrategien zu versuchen, die in Wahrheit nur die Überforderung der EU zeigen.
  • Drittens, weil die Erfahrung hundertfach zeigt, dass es im Zweifel immer besser ist, etwas nicht durch Staat und Politik zu regeln, als sich in das Privat- und Wirtschaftsleben einzumischen.
  • Viertens, weil nicht nur das norwegische Beispiels zeigt: Es gibt im Vergleich zu den Männern viel zu wenig Frauen, die sich für wirtschaftliche Spitzenpositionen – beziehungsweise den mühsamen Aufstieg dorthin – interessieren, sodass keine qualitative Auswahl getroffen werden kann. Zugleich demotiviert das viele der sonst durch ihren Ehrgeiz für die Unternehmen sehr nützlichen Männer, wenn sie sehen, dass ganz an der Spitze dann ohnedies nicht die Leistung, sondern das Geschlecht entscheidet.
  • Fünftens, weil jede auch noch so tolle Frau ab dem Zeitpunkt einer Quotenregelung nicht mehr ernst genommen, sondern als Quotenfrau abgetan wird.
  • Sechstens, weil mit der gleichen Logik wie eine Frauenquote auch eine Zuwanderer-, Moslem-, Behinderten- oder Schwulen-Quote eingeführt werden kann: Selbst für die Begründung einer Linkshänder-Quote bräuchte es nur irgendeinen weltverblasenen Theoretiker, der deren Diskriminierung „beweist“.
  • Siebentens, weil die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft ohnedies so angeschlagen ist, dass jede weitere Einschränkung strikt abzulehnen ist, und wäre sie noch so klein. Wenn wir vor allem für die Krisenländer wieder mehr Jobs haben wollen, dann müssten wir Unternehmen den roten Teppich ausbreiten, statt ihnen ständig neue Vorschriften zu machen.
  • Achtens weil damit das klare politische Signal ausgesendet wird, die Arbeitslosigkeit jedes zweiten jungen Spaniers oder Griechen ist egal, aber zugunsten einer winzigen Handvoll Elitefrauen wird ein großer politischer Aufwand aufgenommen.
  • Neuntens sollte sowohl die Brüsseler Kommission wie auch beispielsweise die österreichische Koalition eigentlich daran interessiert sein, ihren Gegnern nicht ständig neue Wählermassen zuzutreiben. Hätte man angenommen.
  • Und zehntens müsste es in schwierigen Zeiten noch viel mehr als früher bei jedem Spitzenjob zu Hundert Prozent darum gehen, den Besten, die Beste, das Beste zu finden. Ohne Rücksicht auf Geschlecht, Alter, Religion, sexuelle Orientierung oder Herkunft: So, wie es unsere demokratischen Verfassungen und Grundrechtsordnungen immer vorgesehen haben, bevor den Politikern fad geworden ist und sie den Genderismus erfunden haben. Der Einwand, dass auch bisher nicht immer der Beste an die Spitze gekommen ist, ist richtig – nur wird jetzt eine unvollkommene Situation noch deutlich verschlechtert. Statt dass man die Rechenschaftspflicht an den Unternehmens-Spitzen noch deutlich erhöht!

Zum Glück stehen die Chancen für eine Annahme der Reding-Visionen nicht allzu gut. Vor allem Angela Merkel hat sofort kritisch reagiert. Schließlich will  sie demnächst Wahlen gewinnen. Ob das auch die ÖVP will, muss man noch abwarten. Denn dort hat es in den ersten Stunden wieder einmal sowohl positive (=negative) wie auch negative (=positive) Reaktionen gegeben. Und einen schweigenden Parteiobmann.

PS.: Auch die europäische Statistik von Frauen als Vorstandsvorsitzende spricht die gleiche Sprache (wenngleich es bei der Reding-Richtlinie nicht um diese Funktionen geht). Da gibt es in Österreich und Deutschland, also in zwei nicht ganz erfolglosen EU-Ländern, derzeit keine einzige weibliche Vorsitzende. Zu den Ländern mit dem höchsten Anteil von weiblichen Vorstandschefs gehören Rumänien, die Slowakei, Litauen und Bulgarien. Wenn das kein zwingender Beweis ist . . .

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