Die Volkspartei hat zuletzt gleich doppelt Aufmerksamkeit erregt: Erster Anlass war ein scharfer, prinzipiell dringend notwendiger, aber recht unprofessionell gemachter Text gegen die beängstigende Perspektive einer rot-grünen Koalition. Zweiter Anlass war ein Papier, das aus dem Ideenkompott einer auf Einladung von Michael Spindelegger eingesetzten Unternehmergruppe stammt. Beide Papiere zusammen erzielen strategisch eine verheerende Gesamtwirkung: Jedes geht nämlich in seiner jeweiligen Tendenz in eine so fundamental unterschiedliche Richtung, dass man schwindlig wird. Da stecken weder Strategie noch Koordination dahinter. Widersprüchlichkeit aber ist keine sonderlich erfolgversprechende politische Kategorie.
Das eine Papier signalisiert eine klar bürgerliche antilinke Position entsprechend der Mehrheit der ÖVP-Wähler. Das andere eine gesellschaftspolitisch klar linke, antibürgerliche Position entsprechend der aktuellen Mehrheit unter etlichen österreichischen Unternehmern (die interessanterweise anders denken als die Mehrheit der deutschen Unternehmer). Da weiß die eine schwarze Hand nicht, was die andere macht. Und der Parteiobmann selbst schweigt zu beiden Papieren.
Aber auch jede der beiden Initiativen für sich gesehen entbehrt dessen, was man politische Professionalität nennen könnte. Was hat man sich etwa beim Start des „Unternehmens Österreich 2025“ gedacht? Da wurde einer Gruppe von Unternehmern freie Hand gegeben, an Ideen zu produzieren, was sie wollen. Dieser Ideenproduktion wurde aber dennoch schon von Beginn an mit dem Gütesiegel „im Auftrag von Michael Spindelegger“ versehen. Das ist eine automatische Selbstbeschädigungsanlage mit Zeitzünder. Das mach Spindelegger zur Geisel einiger politischer Amateure.
Die schwarze Selbstbeschädigung ist auch schon auf Grund der personellem Zusammensetzung der Gruppe vorhersehbar gewesen. Sie erinnert sehr an die Industriellenvereinigung, die im vergangenen Jahr dem liberalkonservativen und leistungsorientierten Bürgertum dieses Landes den Krieg erklärt hat. Noch leichter prognostizierbar war der Schaden, seit man weiß, dass sich unter den führenden Proponenten des „Unternehmen Österreich 2025“ gleich zwei deklariert SPÖ-nahe Frauen befinden.
Hat sich bitte dabei auch nur irgendjemand irgendetwas gedacht? Glaubt wirklich irgendjemand in der ÖVP, dass ein weiterer Aufguss von Ideengut des Liberalen Forums plötzlich zu einem Erfolgsrezept werden könnte? Begreift man denn nicht, dass man Wirtschaftskompetenz selber haben muss (die man zumindest in der Person von Maria Fekter ansatzweise auch hätte) und dass man diese nicht einfach bei unpolitisch denkenden oder gar linken Unternehmern bestellen kann?
Bei so unprofessionellen Konzeptionen überrascht es auch nicht weiter, wenn jetzt aus diesem Haufen gezielt Papiere an gewisse Medien gespielt werden. Diese sollen offenbar den Linkskurs in einem Überraschungsschlag so richtig fest einzementieren, bevor das noch jemand verhindern kann.
Die Medien stürzen sich natürlich mit Begeisterung darauf und ignorieren weitgehend die Beteuerungen, dass das alles noch „verfrüht und unsachlich“ sei. Schon kursieren zusammen mit reichlich patscherten Formulierungen einige Ideen als Festlegungen des „Unternehmens 2025“. Dazu zählen etwa eine indirekte Unterstützung für die bildungsfeindliche Gesamtschule und die halblustige Idee, dass sich Schüler – und Lehrer – auch während des Schuljahres Urlaub nehmen können sollen. Offen ist nur, ob hinter diesem Urlaubs-Vorschlag die Interessen der Tourismus-Industrie stecken oder eher jene unternehmerischen Müttern und Vätern, die gerne halt auch einmal außerhalb von Schulferien eine Woche nach St. Moritz düsen wollen.
Durch all diese Entwicklungen hat sich das „Unternehmen Österreich 2025“ im Do-it-yourself-Verfahren zu einem „Unternehmen Skurrilitätenreich 2012“ verwandelt.
Ähnlich unprofessionell geht es aber auch rund um ein ÖVP-Papier zu, dass aufzulisten versucht, was eine rot-grüne Regierung eigentlich so alles bedeuten würde. Unprofessionell ist dabei nicht nur der verwirrende Gegensatz zu den Intentionen der 2025-Projekts. Einmal für, einmal gegen Gesamtschule. Vielmehr lässt auch beim Rot-Grün-Papier das Wie staunen.
Da werden nämlich durchaus legitime Befürchtungen durch marktschreierische Übertreibungen unglaubwürdig gemacht. Rot-Grün heißt sicher nicht "grenzenlose Zuwanderung", aber zweifellos eine bedenklich verstärkte Zuwanderung auch von Minderqualifizierten und von fragwürdigen Asylwerbern. Das kann man jedoch nicht mehr drüberbringen, wenn man in FPÖ-Manier übertreibt und sich damit angreifbar macht. Auch die "Abschaffung" der Matura oder der Ehe ist einfach nicht richtig. Richtig wäre nur, dass bei beiden eine deutliche Ent- und Abwertung droht. Ebensowenig kann man explizit eine "Verstaatlichung" der Familie prophezeien, diese Übertreibung überdeckt jedoch die Wahrheit, dass unter Rot-Grün Familiengelder sehr wohl Richtung Kindergärten usw. umgelenkt werden. Und wenn macht sich auch nicht sonderlich glaubwürdig, wenn man ganz unprofessionell elf Jahre alte Belegstellen zitiert und vielfach ganz auf Belege verzichtet.
Noch schlimmer ist, dass man nun keineswegs zum eigenen Werk steht, sondern herumeiert, dass das ja ohnedies nur eine Funktionärsinfo und keine Presseunterlage sei. Wie bitte? Glaubt man wirklich, dass man den Funktionären etwas anderes sagen kann als der Öffentlichkeit?
Glaubt man ernsthaft, dass eine an Hunderte Mitarbeiter verteilte Unterlage nicht den Weg an die Medien findet? Warum fürchtet man sich offenbar davor, auch medienöffentlich die Konsequenzen von Rot-Grün zu thematisieren, polemisieren doch die Linksparteien und die zugehörigen Medien ständig gegen Schwarz-Blau? (Und am Rande: Warum weist man nicht darauf hin, dass Rot-Grün zwar weniger Aussichten auf eine Mehrheit hat denn je, dass aber die Warnung davor aus einem anderen Grund sehr legitim ist. Kann Rot-Grün doch mit Sicherheit auf die Piraten zählen und eventuell auch die Orangen, wenn diese doch den Wiedereinzug ins Parlament schaffen sollten. Die Orangen werden jedenfall von den Linksparteien keineswegs so zurückgewiesen wie die Blauen.)
Mit dem Verkorksen der Rot-Grün-Kampagne zerstört die ÖVP eine ihrer letzten Argumentationsebenen selber. Dabei zeigen die unfreundlichen Reaktionen der linken Medien und von Rot und Grün, dass man damit eigentlich einen wunden Punkt getroffen hätte. Aber man fürchtet sich schon wieder vor der eigenen Courage.
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Ich würde beide Elaborate nicht überdramatisieren. Die Bundes ÖVP hat während der letzten Jahre ohnehin jede Reputation verspielt. Es ist lächerlich, sich vor Wahlen mit einigen Rülpsern gegenüber dem Koalitionspartner akzentuieren zu wollen und mit diesem die restliche Zeit behaglich unter der Bettdecke zu verbringen, um dabei alle gesellschaftspolitischen und weltanschaulichen Standpunkte, die für die lebenslang die ÖVP Wählenden und für die ÖVP Tätigen bedeutsam sind, aufzugeben.
Die ÖVP verrät seit Jahren ihre Wähler, deshalb wird auch die 61 seitige Fibel gegen Rot/Grün wirkungslos bleiben, weil die Leute den angekündigten Schmus einfach nicht mehr glauben. Desweiteren hat die ÖVP bereits bewiesen wie sehr sie an den Roten klammert und deren Positionen mitträgt und jüngst haben sie auch die GrünInnen ganz lieb gewonnen.
Schüssel habe ich aus Überzeugung gewählt, der jetzigen Truppe verweigere ich aus Überzeugung meine Stimme
Allen ÖVP-Nibelungentreuen ins Stammbuch geschrieben: diese Partei ist total abgehalftert.
Bei allen Schwächen der FPÖ ist diese die einzige, die die viel Hauptinteressen der Österreicher glaubwürdig vertritt.
Da kann man mautschgerln, was man will, das politische Niveau in Österreich ist ganz allgemein im Keller, ich sehe bei keiner einzigen Partei Persönlichkeiten, die deutlich besser als die der anderen sind. Mit einzelnen positiven Ausnahmen natürlich.
Daher muss man diese Partei unterstützen, die unsere Interessen vertritt.
Die linke Gesellschaftsänderung ist gelungen.
Klar ist für mich, dass die jetzigen handelnden Personen die Warnungen, die an sie herangetragen werden, gar nicht verstehen, dass die Menschen, auch die Mitglieder und Funktionäre der ÖVP des Denken und Arbeiten ad acta gelegt haben und damit alle Konzepte und Grundsätze und so, wie es in der Schule gelernt wurde, mehrheitlich außer Linksgesäusel nichts mehr kennen und schon gar keine Ziele und Visionen oder wirkliche und echte Bedürfnisse der Menschen, die ja selbst nicht wissen, was sie wollen, 'Goodies' wollen sie halt, Bequemlichkeit, etc. haben sie ja 40 Jahre lang trainiert, den Dackelblick. Das herannahende Gewitter zufolge dieser Wohlstandsschulden, das sehen sie zwar oft, verdrängen es oder wollen es nicht wahrhaben. Die starke Vater oder Mutterhand beantworten sie 'mit dem Jugendanwalt' (sprich: SPÖ), statt nachzudenken und sich zu bessern. Man kann immer nur sich bessern, nie andere. Aber Macht und Geld und die Gier danach hat die Politik zu dem werden lassen, was sie heute darstellt, eine zynische und berechnende Räubermentalität und deren Übernahme zu einem guten Teil auch von einer Bürgerpartei, die sie einmal war die ÖVP, mit Rückgart und staatstragenden Persönlichkeiten.
Darum auch die ambivalente Grundhaltung der ÖVP als Sprachrohr des inzwischen linken Trotts dort und den warnenden Bürgerstimmen, die stümperhaften 'Kampagnen', etc., für Rot/Grün alles ein gefundenes Fressen.
Wenn die Überzeugung fehlt, woher soll sie denn bei der Wohlstandsverwahrlosung allseits, bei der linken Schule, bei dem linken Medientheater, etc. denn auch kommen, wird man auch andere nicht überzeugen können, wenn die Grundsätze weder erkannt, verstanden noch beachtet werden, dann geht es halt 'querfeldein' als Hase auf der Flucht vor dem gefinkelten Rotfuchs, es ist ja Wahlk(r)ampf, zumindest angesagt noch schnell auf der Flucht.
Die starke Vaterhand oder die Mutterhand fehlt halt, die den Weg unmißverständlich weist, derzeit zeigt er unabwendbar scheinbar ins Verderben. Und sonst fehlt der Überblick und offenbar, wie hier geschidert, auch die Kompetenz für die Ausführung und Umsetzung, das Wie ist eben auch wichtig und auch was wann.
Dr. Schüssel war der letzte ÖVP Meister.
Man muß sich ernstlich fragen, welche Dilettantentruppe da bei der ÖVP am Werk ist? Gar das letzte Aufgebot?
Entsprechend werden die Schwarzen die Früchte ihres Totalversagens ernten dürfen! SSKM
Ist ist nicht längst Zeitverschwendung, sich über die ÖVP den Kopf zu zerbrechen? Sollten wir sie nicht endlich am Busen ihrer Lebenspartnerin SPÖ dahinscheiden lassen, damit Neues entstehen kann?
Sollten wir uns nicht den wahrlich existenziellen Problemen zuwenden, die auf uns zukommen, etwa dem Umstand, dass sich laut NZZ die Bevölkerung in Afrika in diesem Jahrhundert explosionsartig verdreifachen wird? Wie müssen kleine europäische Völker auf diese Herausforderung reagieren, um nicht zu verschwinden? Wäre es denn nicht schade um uns?
mir drängt sich ein Vergleich geradezu zwangsläufig auf:
'Die Democrazia Cristiana (DC; italienisch für Christliche Demokratie) war die wichtigste politische Partei Italiens zwischen 1945 und 1993 und stellte fast alle Ministerpräsidenten in diesem Zeitraum. Sie verstand sich als gemäßigte katholische Volkspartei der Mitte.
Nachdem die Ermittlungen der Mailänder Staatsanwaltschaft 1992 unter dem Titel Mani pulite (Saubere Hände, entspr. „Weiße Weste“) zahlreichen hohen Amtsträgern der DC und der PSI Verstrickungen in Korruptionsfälle (siehe auch Tangentopoli) nachgewiesen hatten, geriet die DC in eine schwere Krise.
...und die Partei spaltete sich in zahlreiche Gruppierungen auf.'
(Quelle: Wikipedia)
Wie kann jemand z.B. gegen ROT-GRÜN sein und gleichzeitig eine Ute Bock in ein die ÖVP beratendes Gremium berufen ...
Arbeitet schon jemand am Wikipedia-Eintrag für die ÖVP??