Einmal wirft die Linke den Rechten Populismus vor, dann wieder geht der Vorwurf den umgekehrten Weg. In den vergangenen Tagen haben beide jedenfalls gemeinsam kurzsichtigen Populismus praktiziert. Mit überwältigender Mehrheit haben sie im EU-Parlament das sogenannte Acta-Abkommen gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsdiebstahl verworfen. Damit hat Europa einen weiteren ganz entscheidenden Beitrag zu seinem eigenen wirtschaftlichen Untergang gesetzt. Mit ähnlichen Folgen, wie es die gemeinsame Schuldenhaftung durch den ESM haben wird.
Der Unterschied ist nur ein marginaler: Beim ESM marschieren – um in der österreichischen Farbenterminologie zu reden – Rot, Schwarz und Grün Hand in Hand auf einem üblen Weg. Bei Acta sind es primär Rot, Grün und Blau/Orange.
Im Grund haben sie alle hosenfüllende Angst vor einem Haufen postpubertärer Chaoten, die unter dem an Kinderfaschings-Verkleidungen erinnernden Namen Piraten bei ein paar Landtagswahlen Erfolge erzielt haben. Diese Piraten sind freilich für die Gesellschaft ungefähr genauso nützlich wie jene, die die Weltmeere unsicher machen, die etwa vor Afrikas Ostküste seit Jahren Schiffe kapern und Geiseln jahrelang entführen. (Tödlich können Piratenschiffe aber übrigens auch sein, wenn sie als Kinderspielplatz auf einem flachen Strand der wunderschönen Nordsee-Insel Amrum stehen, wie der tragische Tod eines zehnjährigen Wieners gezeigt hat.)
Nur Kreativität und Innovation sichern Vorsprung
Warum wäre Acta so wichtig gewesen? Das Abkommen hätte genau jene Berufe und Erwerbsformen geschützt, denen Europa in hohem Ausmaß die Reste seines (wenn auch sehr wackelig gewordenen) Wohlstands verdankt. Bei den meisten industriellen Massenproduktionen kann Europa ja angesichts seiner hohen Gehälter, Sozialabgaben und Steuern längst nicht mehr mit den Billigindustrien Asiens und Lateinamerikas mithalten. Aber bisher hat es zusammen mit Amerika in Sachen Kreativität und Innovation noch immer die Nase weit vorne gehabt.
Das brachte viel Geld nach Europa. Selbst wenn diese Kreativität „nur“ darin bestanden haben sollte, einem französischen Duft, einem italienischen Kleid, einem deutschen Auto, einem österreichischen Koffeingetränk mit Himbeergeschmack oder einem spanischen Rotwein einen großen Imagevorsprung zu erarbeiten. Für diesen Imagevorsprung, diesen Markenwert zahlen Käufer weltweit viel Geld, obwohl sie den Unterschied zu einem Billigprodukt bei einer Blindverkostung (also ohne das Markenlogo sehen zu können) gar nicht feststellen würden.
Umso größer ist der Schaden, wenn diese Markenprodukte durch Piraten aller Art gefälscht, kopiert, nachgemacht werden. Die Konsumenten zahlen dann auch weiterhin für das von den Erzeugern teuer und mühsam aufgebaute Image. Aber bei den Fälschungen tragen eben nicht diese, sondern asiatische Werkstätten den Gewinn davon. Und diese Fälscherwerkstätten haben nun de facto die offizielle Unterstützung des Europaparlaments bekommen. Absurderweise unter lautstarker Führung der Europa-Sozialisten, die sonst so tun, als ob sie für die europäischen Arbeitsplätze kämpfen würden.
Zwar heißt das natürlich noch nicht, Fälschungen wären künftig straffrei. Es wird nur ohne ein globales Abkommen, wie es Acta gewesen wäre, viel schwieriger, sie weltweit zu verfolgen.
Elektronische Piraterie auf Knopfdruck
Noch wichtiger ist die Kreativität bei Kulturerzeugnissen, bei Filmen, bei Musik, bei Texten, bei Computerprogrammen. Der einzige Unterschied: Hier ist das Fälschen und Kopieren noch viel leichter als bei Parfums, Kleidern oder Getränken. Hier genügen meist nur ein paar Tastendrucke und schon kann das Werk, an dem der Schöpfer oft sehr lange gearbeitet hat, mühelos vertausendfacht werden. Und der Schöpfer bekommt für seine Mühe 999 Mal kein Entgelt. Sondern jemand anderer profitiert, entweder wieder ein Kopist oder in diesen Fällen auch der Konsument.
Wer bitte wird da noch Zeit, Mühe und Geld in die Entstehung eines aufwendigen Werkes stecken?
Nun werden manche Wirklichkeitsferne einwenden: Dann wird halt die Öffentlichkeit einspringen müssen. Offenbar sind Europas Staatskassen so gefüllt, dass das kein Problem wäre. Da hat die linke Geldproduktions-Illusion wieder einmal ihre volle Wirkung erzielt. Wenn einem das Geld fehlt, druckt man sich halt neues. Dazu hat man ja die Gelddruckereien. Eigentlich könnte man aber auch gleich DKT-Geld nehmen . . .
Andere versuchen, ein wenig schlauer zu sein und sagen: Na, dann machen wir halt das Kopieren gleich legal und belegen dafür jeden Computer, jeden Festplattenspeicher, jeden CD-Rohling mit einer saftigen Abgabe. Das sind ja die Speichermedien, auf denen die Kopien landen. Von diesen Abgaben könnten dann die Kreativen bezahlt werden.
Kollektivstrafen gefährden auch andere Jobs
Wäre das wirklich schlauer? Nein, keineswegs. Solche Abgaben sind erstens einmal Kollektivstrafen. Man belastet ja auch nicht Kühlschränke mit einer saftigen Abgabe, weil darin auch illegal gebrannter Wodka oder gewildertes Fleisch aufbewahrt werden kann. Diese Kollektivstrafen belasten zweitens auch jene Europäer, die Computer in internationalem Wettbewerb für ganz andere Dinge als illegale Kopien benutzen. Die Strafen gefährden damit weitere Arbeitsplätze.
Und diese Idee würde drittens eine totale Verstaatlichung von Kunst und Kultur bedeuten. Denn dann würde nie mehr ein Konsument, ein Filme-Herunterlader, ein Musik-Hörer mit seinem Entgelt entscheiden, ob Filmemacher, Komponisten, Buchautoren, Sänger, Orchester etwas verdienen oder nicht.
Dann würde entweder jeder dieser Künstler gleich viel (=wenig) verdienen. Oder aber Politiker oder politisch eingesetzte Kommissionen würden entscheiden. Das würde mit Sicherheit zu ideologischer Staatskunst führen, zum Kauf von politischer Unterstützung durch nett-dumme Schauspieler, Maler, Autoren im Gegenzug für staatliche Förderung – und zwar noch viel, viel mehr, als wir es gerade in Österreich schon erleben. Das Ergebnis wird dann nur noch mit dem kommunistischen Osten und seinen Staatskünstlern vergleichbar sein.
Schreiben wird zum brotlosen Hobby
Wenn es keine Unterhaltungsfilme, sondern nur noch jene Produkte gibt, die bei Festivals von sogenannten Experten auserkoren werden, dann werden viele Kinos schließen müssen. Kaum jemand wird weltweit noch einen europäischen Film anschauen wollen. Und noch schlimmer wäre es für die geistige Vielfalt, wenn nur die von einem Politiker beziehungsweise seinen Vertrauensleuten für würdig gehaltenen Autoren zum Zuge kämen.
Eine Förderung aller Künstler nach dem Gießkannensystem wiederum würde fast jede Spitzenleistung zertrümmern. Wenn die Wiener Philharmoniker nur noch so viel verdienen wie das Eisenbahnerorchester, dann werden sie bald auch nur noch genauso gut musizieren. Ebenso wird das Schreiben von Büchern oder Zeitungen zum brotlosen Hobby werden. Wenn jeder Autor gleich viel aus der staatlichen Gießkanne bekommt, wird keiner davon leben können.
Noch mehr Macht für den Staat
Jetzt mögen nun mache meinen, dass Konsumenten-, also Markt-Entscheidungen bei der Entschädigung von kreativen kulturellen Leistungen problematisch seien. Selbst wenn das wahr wäre, gibt es aber eben nur die beiden anderen Möglichkeiten: gar keine Entschädigungen für Kreativität oder solche durch den Staat. Beides ist noch viel ungerechter, problematischer und leistungsfeindlicher als die Entscheidung durch die Kulturkonsumenten.
Ob irgendeiner der Anti-Acta-Abgeordneten all diese Folgen bedacht hat? Ob diese wenigstens rot werden, wenn sie morgen wieder – je nach politischer Färbung – vom Wert der Kultur, von der Bedeutung des Rechtsstaats, von leistungsgerechter Entlohnung und dem Wert der Kreativwirtschaft im internationalen Wettbewerb reden?
Vorleistung für Koalitionen mit den Piraten
Mitschuld an der Katastrophe sind freilich auch alle jene Autoren, Filmemacher, Musiker, Journalisten, die nun Opfer dieser Entscheidung werden: Sie haben in den letzten Jahren und Monaten fast alle opportunistisch zu dem Thema geschwiegen und gehofft, dass die Politik für sie die Kastanien aus dem Feuer holt. Und irgendwie haben sie ja perverserweise auch Sympathien für die chaotischen Piraten. Man glaubt irgendwie, eigentlich aus dem gleichen Stall zu kommen.
Ähnlich denken rote und grüne Parteien: Man könnte die Piraten ja eines Tages als Koalitionspartner brauchen. Für diese Option verraten die Sozialdemokraten auch hier die Interessen der einst von ihnen vertretenen Werktätigen, so wie sie diese schon bei ihrem Er-Grünen in den 70er Jahren verraten haben. Hat doch auch die - von anderen Parteien oft geteilte - grüne Politik viele Arbeitsplätze gekostet.
PS: Die Kritik an der von den Piraten ausgelöste Diebstahlsbegeisterung ändert übrigens nichts am Respekt für den zweiten erkennbaren Schwerpunkt dieser neuen Gruppierung. Das ist ihr Engagement für mehr direkte Demokratie und für den Einsatz des Internets bei Bürgerentscheidungen.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
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Widerspruch!
Ich habe nichts gegen Verfahrens- und Produktpatente, auch ein Namens- und Markenschutz hat Sinn. Beides funktioniert mehr schlecht als recht. Schon bei diesen ‚alten’ Formen des Urheberschutzes sind die Grossbetriebe maßlos besser gestellt. Davon, dass der Schöpfer seinen ‚gerechten’ Lohn bekommt, kann meist nicht die Rede sein.
Anders bei IT, Kunst und Kultur. Wehret den Anfängen. Wo machen wir halt? Softwarepatente auf bestimme Algorithmen? Urheberrechte auf bestimme Handlungskonstellationen in Kriminalromanen? Tantiemen für bestimme Notenfolgen in Musikstücken?
Damit man den Wahnsinn erkennt: Herr AU verfasst einen Artikel, ich möchte daraus an anderer Stelle, einige Zeilen, zitieren. Da müsste ich ja um eine Erlaubnis fragen, ein Bezahlmodell aushandeln – ODER? Was wäre wenn Herr AU mir das Zitieren verbietet (z.B. weil er mich nicht mag). Wenn ich schon nur etwas Ähnliches schreibe bin ich fällig, was wäre wenn ich etwas wiedergeben möchte, aber nicht mehr weiß wo es herkommt? Das ist das Endresultat. Die Juristen werden fett verdienen und wir streiten nur mehr untereinander, anstatt die geistige Leistung des einen als Basis für die geistige Leistung des nächsten zu nehmen.
Weder Grimmelshausen noch Lessing, weder Mozart noch Bach haben Tantiemen bekommen!
OT - gehen die Argumente aus, wird die berühmte Nazikeule geschwungen!
Ein amerikan. Ökonom namens Eichengreen, behauptet der Brief der 170 deutschen Ökonomen sei "offen fremdenfeindlich". Eine absolute Frechheit, wie ich meine!!
http://diepresse.com/home/wirtschaft/international/1263669/Eichengreen_OekonomenBrief-bestaerkt-Irrglauben?offset=0&page=1#kommentar0
Mike I, aber auch andere Beiträge lassen vermuten, daß dank der gloriosen Kultur unserer Medien wirklich kaum jemand sagen kann, was ACTA eigentlich ist.
Ich geselle mich diesen " Ignoranten" gerne bei, denn niemand hat die Kapazität, all den legalistischen und sonstigen Schrott zu studieren, der da- wie eine Grippenwelle- auf uns einstürmt
Mir ist lediglich eine -scheinbar- seriöse Studie von vor ein paar Jahren in Erinnerung, die nachgewiesen hat, daß der Fortschritt in jenen Ländern des 19. Jahrhunderts, die keine Gesetzgebung zum Schutze des" geistigen Eigentums " hatten, wesentlich stärker entwickelt war als in den übrigen Ländern.
Zur Klarstellung: niemand ist gegen den erhlichen Lohn für den Künstler oder den Erfinder !
Was aber Apple gegem Samsung, Oracle gegen SAP und andere aufführen ist schlicht degoutant.
Ich habe auch keinerlei Verständtnis dafür, daß sich eine Horde von beschäftigungslosen Schmalspuradvokaten eine Geschäftsnische im sogenannten " Abmahnungsbussiness" machen kann, weil der Gesetzgeber nicht nachgedacht hat..
Die Gebildeten unter uns mögen sich einmal mit unseren " großen Philosophen" in der Richtung beschäftigen, wie viel von dem, was diese an sensationell Neuem hervorgebracht haben in dieser oder ähnlicher Form schon von anderen Menschen gedacht worden ist. Das gleiche gilt für Wissenschafter, die oft genug gleichzeitig und parallel Dinge erfinden oder auch die Literatur und Musik. Siehe auch die politisch gesteuerte Plagiatshystrie !
Schon Erasmus von Rotterdam hat sich berechtigterweise fürchterlich darüber aufgeregt, daß seine Werke schamlos nachgedruckt wurden, verhungert ist er aber deshalb nicht und seinem Ruhm für die Nachwelt hat die Nachdruckerei sicherlich nicht geschadet, sondern genützt.
Wenn - wie hier - die Ablehnung zu ACTA kritisiert wird ohne darauf einzugehen was in dem Abkommen eigentlich drinnen steht, dann wirkt das leider wenig seriös.
Klar, die Absicht war es Urheber zu schützen. So wie die Absicht des Bildungsvolksbegehrens darin besteht das Bildungssystem in Österreich zu verbessern. Aber die Absicht alleine reicht halt noch nicht.
Androsch und Co entgegnen auf Kritik auch regelmäßig wie wichtig Bildung ist und ignorieren völlig, dass die Kritiker nicht gegen Bildung sind, sondern nur bezweifeln, dass die konkret vorgeschlagenen Maßnahmen dem Bildungssystem wirklich gut tun.
Es ist ein gewaltiger Unterschied ob man das Urheberrecht ablehnt, oder das ACTA-Abkommen zumindest in seiner derzeitigen Form.
So wie ja auch AU das Urheberrechtsgesetz in seiner jetzigen Form in Österreich massiv kritisiert - die Zwangsstrafe der Leerkassettenvergütung und Repographieabgabe gibts ja schon - ohne damit für eine Abschaffung des Urheberrechts einzutreten.
Auch die meisten ACTA-Kritiker inklusive vieler Politpiraten erkennen die Notwendigkeit eines Urheberrechtes. Die haben ganz andere Probleme mit ACTA, nicht zuletzt die zu große Macht die der Staat damit bekommt und aller Wahrscheinlichkeit nach eben nicht nur zum Schutz von Urhebern einsetzt.
Diese Befürchtungen mag man für übertrieben halten - einfach übergehen kann man sie aber kaum, wenn man die Kritiker kritisieren will.
Darf ich einen Hinweis auf einen Link von @KH (A.U.-Thema "Die nächste Katastrophe läßt sogar...") zu einem höchst lesenswerten Beitrag geben, der auf keinen Fall "untergehen" soll:
"Raus aus dem Euro! – Rein in den Knast"
http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/christian-wolf/raus-aus-dem-euro-rein-in-den-knast-.html
Es ist außerdem kein Fehler, sich genau zu Gemüte zu führen, wie solche Falotten wie Joschka Fischer denken!
@A.U. schreibt:
" ....Das würde mit Sicherheit zu ideologischer Staatskunst führen, zum Kauf von politischer Unterstützung durch nett-dumme Schauspieler, Maler, Autoren im Gegenzug für staatliche Förderung – und zwar noch viel, viel mehr, als wir es gerade in Österreich schon erleben. Das Ergebnis wird dann nur noch mit dem kommunistischen Osten und seinen Staatskünstlern vergleichbar sein."
Das kommt mir sehr bekannt vor! Bei diesem Metier scheinen wir hier in Österreich eine "Vorreiterrolle" gespielt zu haben---oder hab' ich da etwas falsch verstanden?
Da hat man also für Europa mit ESM, "Schuldenbremse", Fiskalunion und einigen Petitessen wie z.B. "ACTA" der EU in aller Eile den Super-Über-Drüber-Dampfer zu basteln und es stellt sich nun heraus, dass die bestellten Eigenschaften ("Allwetter-Tauglichkeit", Langstreckeneignung, Eisbergresistenz, Tragfähigkeit, etc.) nicht in einem Dampfer gleichzeitig herstellbar sind.
Nun kommt man also - in der Zone der Bedenkenträger darauf, die Höchstgerichte über über Dinge entscheiden zu lassen, die nur nautisch UND durch den Reeder entscheidbar sind. Solche Situationen sind natürlich hervorragend geeignet, die zu diesem Zeitpunkt meist ohnehin schon hinreichend freiliegenden Nerven der Beteiligten und derer, die meinen, zu solchen Entscheidungen berufen zu sein, bis zum Äußersten zu strapazieren und deren Konfliktbereitschaft zu steigern.
Aus dieser Situation hilft auch kein Bundespräsident von großer Popularität heraus, der seine Unterschrift von der Entscheidung anderer Amtsträger abhängig macht. Auch bin ich nicht sicher, ob eine solche Lage überhaupt noch ohne gröbere Verwerfungen "in normale Bahnen" zurückgeleitet werden kann oder ob hier der "point of no return" schon erreicht wurde und die Systemdynamik nun nicht mehr eingebremst werden kann.
Sei dem, wie dem wolle, da inzwischen die "europäische Demokratie" (bzw. das, was man für eine solche hielt) ohnehin zu Grabe getragen wurde und die Entscheidungsbefugnisse an mehr oder minder kompetente Gremien (auf gut Österreichisch: "Arbeitskreise") übertragen wurden, ohne dass eine Systematik erkennbar wäre, geschweige denn eine einigermaßen an demokratische Spielregeln erinnernde Kontrolle institutionalisiert worden wäre, gleicht die EU einem stattlichen Ozeandampfer, der schon zu wenig Treibstoff an Bord hat, um den nächsten Hafen, in dem er nachtanken könnte, noch zu erreichen. Selbst wenn dies der Fall wäre, bliebe unklar, ob das Schiff von der Brücke aus steuerbar ist, da das Kommando über das Steuerruder und über die beiden Schiffsschrauben an verschiedene Crewmitglieder übertragen wurde - eine Situation, welche in der "christlichen Seefahrt" noch selten zu optimalen Ergebnissen geführt hat.
Zu dem hat der havarierte Dampfer einige gut besetzte Rettungsboote im Schlepptau, deren Rudergänger alles andere als eine kooperative Strategie verfolgen und eher daran denken, den Dampfer zu entern, um die letzten verbliebenen Treibstoffreserven unter die eigene Zuständigkeit zu nehmen.
Was ein Glück, dass die Wetterberichte für die nächsten Tage keine schwere See erwarten lassen! Denn so haben wir noch genug Zeit, alles zum Guten wenden.