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SN-Kontroverse: Ladenschluss an Sonntagen

Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.

Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:

Sonntagsöffnung: Soll sie dem Lebensmittelhandel gestattet werden?

In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.

Dem Götzen Konsum geschuldet

Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).

Die Sonntagsöffnung für den Lebensmittelhandel gibt es doch längst. Wer in Tourismuszentren wohnt, wie z. B. die Bürgerinnen und Bürger der UNESCO-Weltkulturerbestadt Salzburg, der Wachau, in Tirol, Wien, dem Arlberg oder wo immer sich die Touristen gern und in Massen aufhalten, weiß das. Und er oder sie weiß ein Lied davon zu singen, welche Folgen die Rund-um-die-Uhr-Servicebereitschaft für die Menschen der Region bedeutet.

Die seinerzeit in der Alpen- und Donaurepublik so umstrittene ORF-Serie "Die Piefke-Saga" dokumentiert dies präzise und noch dazu wunderbar humorvoll. Die Realität ist viel schlimmer und härter. Die Genehmigung der Sonntagsöffnung an Großbahnhöfen ist irgendwie ein Zeichen des Konsumwahns. Es ist doch anzunehmen, dass Politiker, die solches genehmigen, genau um die Nöte von Menschen Bescheid wissen, die im Schichtdienst zur Verfügung stehen müssen.

Wobei es wirklich nicht "kleine Nöte" sind, die die Handelsangestellten (hauptsächlich Frauen) im Alltag dann plagen. Wohin mit den Kinder, oder werden gar die Kindergartenöffnungszeiten in den Konsumtempeln Österreichs jetzt auch an Sonn- und Feiertagen großzügig von 8 bis 23 Uhr mit einer Superqualitätsbetreuung und mit einem Betreuer je Kind aufsperren? Etwa in Rauris oder in Zell am See? Oder im Speckgürtel von Wien?

Und wer beteiligt sich an den Kosten von Burn-out-geplagten Lebensmittelverkäufern? Der "freie Markt" ist eine Fiktion. Er bedarf der strengen Reglementierung.

Beim Sprit wird eine solche Vorgangsweise, die Familienminister Reinhold Mitterlehner nach mühsamen Verhandlungen durchgesetzt hat, heiß bejubelt.

Wenn es um Menschen geht, offenkundig nicht.


 Kampf um ein Stück Freiheit

Andreas Unterberger

Selbstverständlich hatten meine Großeltern ihr Lebensmittelgeschäft und meine Schwiegereltern ihre Fleischhauerei an Sonntagen geöffnet. Ebenfalls noch lang in die Nachkriegszeit gab es Raiffeisenkassen, die überhaupt nur sonntags geöffnet hatten. Es ist daher Unsinn, eine Sonntagsöffnung als neumodische Entartung gottloser Liberaler darzustellen, die aus Geldgier jahrhundertealte familienfreundliche Usancen abschaffen wollen.

Die Möglichkeit, an Sonntagen im Handel zu arbeiten, wäre oft sogar familienfreundlicher als der Ist-Zustand: Dann könnten in vielen Familien Väter wie Mütter zumindest Teilzeit arbeiten, ohne ihre Kinder in Fremdbetreuung geben zu müssen, was der Großteil der Eltern ja keineswegs als ideal ansieht. Diese Möglichkeit wäre auch nicht kirchenfeindlich. Findet etwa die Ladenöffnung am Nachmittag statt, würde ein Messbesuch sogar harmonischer in Sonntagsplanungen passen als heute.

An Sonntagen einkaufen zu gehen (auch über Lebensmittel hinaus) ist mindestens so legitim wie der Besuch eines Sportereignisses, eines Kinos, eines Theaters oder der Bezug einer an Sonntagen produzierten Montagszeitung. Nichts davon ist überlebenswichtig. Und alles ist für viele Mitmenschen mit gut honorierter Sonntagsarbeit verbunden. Niemand kritisiert solche Sonntagsarbeit, die anderen Vergnügen und Freizeitgestaltung ermöglicht. Nichts anderes stellt aber für viele Menschen eben auch ein Einkaufsbummel dar. Eine Sonntagsöffnung würde das unwürdige und oft mehr als eine Stunde kostende Gedränge Tausender in den wenigen geöffneten Bahnhofsläden beenden. Sie würde viele Umsatzmillionen in Österreichs Steuerkassen spielen, die derzeit im grenznahen Ausland ausgegeben werden. Und sie wäre endlich wieder ein kleines Stück Freiheit, weg von der unerträglichen Bevormundung durch den Moloch Staat.

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