Manche Leser fragen mich ernstlich, warum ich bisher nichts zu Günter Grass gesagt habe. Nun, aus vielen Gründen. Erstens weil ich nicht weiß, warum ausgerechnet politische Aussagen eines ehemaligen (freiwilligen!) Waffen-SS-Angehörigen in irgendeiner Weise relevant sein sollen.
Zweitens gehen mir die regelmäßigen Aufregungen der Feuilleton-Schreiber ziemlich auf die Nerven, die viele Zeitungsseiten mit den Enunziationen eines Menschen füllen, nur weil der vor vielen Jahrzehnten einen populären Roman geschrieben hat. Dabei haben wir tausendmal brennendere Problem ungelöst vor uns liegen als die Gedanken des Günter Grass.
Drittens: Ich halte einen Menschen für doppelt irrelevant, der sich seit Jahrzehnten als Parteipropagandist hergibt. Wobei ich den starken Verdacht hege, dass er damit primär das fallende Interesse der Leser an all seinen auf den einen großen Erfolg folgenden Werken kompensieren wollte.
Viertens weil Grass als „Friedenspropagandist“ einst an der Seite jener gestanden war, die in den 80er Jahren fast noch einen Sieg der kommunistischen Diktaturen über den Westen herbeidemonstriert hätten. Was weder für seine Intelligenz noch seinen Charakter spricht.
Und fünftens, weil er auch zum konkreten Thema seines jüngsten Gedichts die bei ihm übliche Ahnungslosigkeit demonstriert: Es gibt zwar konkrete Überlegungen Israels, mit konventionellen Waffen die iranischen Atomanlagen zu zerstören, aber es gibt nicht den geringsten Beweis für die Behauptung des greisen Dichterfürsten, dass die Israelis das mit atomaren Waffen tun wollten. Was einen dramatischen Unterschied bedeutet. Außerdem: Ich kenne keinerlei Andeutungen eines israelischen Politikers, den Iran auslöschen zu wollen, aber sehr wohl solche Teherans, den Judenstaat vernichten zu wollen.
Warum um Himmels willen, soll man da ausgerechnet angesichts des ahnungslosen Gestammels eines offenbar von der Senilität befallenen SPD-Propagandisten die unglaublich heikle Frage der richtigen Antwort auf das iranische Kriegsgehetze zu analysieren versuchen? Das wertet den Mann doch nur grenzenlos auf.
Auf die konkrete Frage nach dem richtigen Umgang mit Iran wagt ja kaum jemand einzugehen. Denn der einen Seite birgt ein israelischer Angriff das Risiko einer kaum noch bewältigbaren Eskalation in sich. Aber auf der anderen Seite ist das Risiko schon gar nicht zu unterschätzen, dass ohne rechtzeitiges Eingreifen der kollektive Wahnsinn der diversen greisen Ayatollahs sowie der eines knapp vor seinem Ende stehenden Präsidenten in absehbarer Zeit dazu führen würde, dass Iran seine künftigen Atomwaffen auch tatsächlich einsetzt. Selbst wenn die ständigen Rekurse auf die Nazis unendlich langweilen, ist doch ein historischer Vergleich unbestreitbar: Hätten die Westmächte schon im März 1938 bei Hitlers Überfalls auf Österreich eingegriffen, wäre der Spuk sehr rasch zu Ende gewesen. Denn die deutsche Wehrmacht war damals noch recht schwach gerüstet gewesen. Aber damals hatten die üblichen Bedenkenträger und die klammheimlichen Sympathisanten Hitlers noch die klare Oberhand. Mit den bekannten Folgen. Ein Gedanke, der einem Grass aber noch nie gekommen ist.
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Also ich mag ja den Herrn Grass eigentlich überhaupt nicht; seine Bücher haben mich "nicht vom Sessel gehaut", seine politisch-agitatorische Linkshändigkeit ist meinem Weltbild gründlich zuwider!
Dass man ihm allerdings seine kurze Weltkriegsvergangenheit neuerdings auf den Kopf haut, finde ich lächerlich. Millionen deutscher und österreichischer Männer mussten im letzten Krieg Dienst leisten, ob sie es nun wollten oder nicht! Dafür musste schon unser recht harmloser Waldheim büssen; jetzt hat's halt wieder einmal einen Roten erwischt!
Schadenfreude? Nein, wirklich nicht! (Herr Grass ist mir - siehe oben - ziemlich "wurscht"!).
Nur ein Befund, wie sehr wir Deutschen und Österreicher uns noch siebzig Jahre nach dieser unglückseligen Zeit in internationaler Geiselhaft befinden!
(mail to: gerhard@michler.at)
Günther Grass' Aussagen, die vermutlich öffentliche Aufmerksamkeit für sein nächstes Alterswerk erwecken sollen, da ansonsten die Auflagen unbefriedigend ausfallen würden, sind wahrlich nur ein kleiner Nebenschauplatz im Weltgeschehen.
Allerdings rücken erst die überzogenen Reaktionen Israels mit diesem Einreiseverbot die ganze Causa in den Mittellpunkt und machen sie zu dem Hauptschauplatz, der ihr in dieser Dimension gar nicht zusteht.
Da fällt mir wirklich schwer zu beurteilen, wer hier mehr die Propagandatrommel rührt - sie bleiben jedenfalls einander nichts schuldig.
Das Feuilleton hat wieder tage- bis wochenlang auflagenstarke Schlagzeilen und profitiert am meisten von diesem Scharmützel.
Auftrag erfüllt - Zweck erreicht, mehr ist dazu nicht zu sagen!
Einem Menschen deshalb zu ächten, weil er mit sechzehn Jahren freiwillig in die Waffen-SS eingetreten ist, ist wirklich tief, zumal die Waffen-SS nicht einmal vom Nürnberger Tribunal als verbrecherische Organisation gekennzeichnet werden konnte.
Let's keep the germans down! Wir Österreicher trampeln ja besonders gerne auf Deutschland herum, denn wir waren ja das erste Opfer.
Zur Vorgeschichte des zweiten Weltkrieges empfehle ich Schulze-Rhonhoff: Der Krieg der viele Väter hatte! Vorträge von ihm gibts auf youtube.
Günther Grass, ein "linker Intellektueller" mit kommunistischem Einschlag, war mir immer suspekt, denn die Voraussetzungen für diese Bezeichnung liegen mir überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. "Linker Intellektueller" zu sein ist keine sonderliche Leistung und erfordert auch keinen Funken Mut; den Applaus der Massen weiß er stets hinter sich. "Linke Intellektuelle" kommen ständig zu Wort; wir in Ö haben auch eine ganze Reihe solcher Typen.
Mit den Büchern von G.G. konnte ich nie etwas anfangen; seine Illustrationen, mit denen einige seiner Werke versehen sind, gefielen mir, so weit ich mich erinnere. Vielleicht hätte er beim Zeichnen bleiben sollen.
Als er mit seiner kurzen SS-Vergangenheit herausrückte, hat mich diese späte "Beichte" sehr amüsiert. Jahrzehntelang war er feige, sehr feige! Somit war sein ganzes linkes Engagement eine einzige Heuchelei. Dieses bewußte Verschweigen ist es, was ich schlimm finde, nicht die Tatsache, daß er sich mit 17 Jahren freiwillig gemeldet hatte. Damals ging eben der Wind von einer anderen Seite; die Propaganda war stark und natürlich völlig einseitig, das muß man einfach berücksichtigen. Möglicherweise hatte er als 17-Jähriger einfach keine Lust, einer Arbeit nachzugehen.
Daß er dieses "Gedicht" geschrieben hat, amüsiert mich ebenfalls. Weshalb hätte er es auf seine alten Tage nicht schreiben sollen, wenn er's ehrlich gemeint hat. Vielleicht war er ja zum ersten Mal in seinem Leben ehrlich, wer weiß. Daß er in ein riesiges Wespennest sticht, mußte ihm klar gewesen sein und war sicher einkalkuliert. Daß ihn Henryk M. Broder umgehend Wahnsinn attestiert hat, weil ihm das Gedicht nicht gepaßt hatte, war auch nicht die feine englische Art. Sei's drum, jetzt ist G.G. wieder in aller Munde; vielleicht war's das, was er bezwecken wollte.
Es ermüdet, aber es muß wohl sein. Nein, die Westmächte haben 1938 nicht eingegriffen und zwar nicht, weil sie so dumm waren, sondern weil auch sie verstanden haben, was über 90 % der Österreicher damals auch verstanden haben. Nämlich daß die gewaltsame Trennung des deutschen Teiles der Monarchie vom deutschen Gesamtstaat (ob jetzt vom 'Reich' oder der Republik ist dabei im Großen betrachtet, wenngleich damals für die Parteien wichtig, heute auch vollkommen egal), der einmal der österreichische Reichsteil oder Cisleithanien genannt wurde, in St Germain weder rechtens noch sinnvoll war. Und das selbst Mickeys Maus als deutscher Reichskanzler sich weder den Schuschniggschen Abstimmungsbetrug, über dessen Vorbereitung uns tausende von Zeitzeugen zu berichten wussten (nicht zuletzt Viktor Reimann, der selbst in KZ Haft gewesen ist) noch die tschechischen und jugoslawischen Gebietsforderungen die sich an die Ordnungsveränderung knüpften wie das Amen im Gebet toleriert hätte. Selbst Mächte, die das Selbstbestimmungsrecht nicht allein der auf ihrem Gebiet lebenden Deutschen seinerzeit mit mehr als nur den Füssen getreten hatten.
Nein - der Iran ist nicht mit Hitler vergleichbar. Aber offenbar sind die Vergleiche mit Hitler eine irgendwie unvermeidliche Reflexhandlung jeder aussen- und sicherheitspolitischen Analyse, die sich mit Kriegshandlungen bzw in engerem Sinne mit Waffengebrauch zur Erreichung eines politischen Zieles beschäftigt. Es kommt dies offenbar dem im Mittelalter üblichen sich 'Bekreuzigen' gleich, wenn man über das Böse = Krieg, oder den Bösen, den Gottseibeiuns spricht.
Also muß halt der blöde und fade Hitler her, damit alle wissen, das man zu den Guten gehört. Hat man doch den Gottseibeiuns öffentlich verabscheut. Dann darf man weiterreden ohne im Verdacht zu stehen, Teil des Leibhaftigen zu sein.
Nein - so gut wie gar nichts am Iran vergleicht sich mit dem Jahr 1938.
Das Thema ist nicht der blöde Hitler, das Thema ist sehr einfach: soll Israel einen Präventivkrieg / - schlag gegen den Iran / die iranische Nuklearkapazität führen.
Punkt. Antwort darauf (sehr einfach): das kann nur Israel allein entscheiden.
Punkt.
Ich danke Gott dafür, diese Entscheidung nicht treffen zu müssen.
Dem Höchstverantwortlichen für die Sicherheit jedes Staates ist es allererste Pflicht, eine derartige Entscheidung zu treffen. Gleichgültig, welchen Namen er trägt, wie er seinen Gott anbetet und ober überhaupt zu einem Gott betet.
Nicht der freiwillige Eintritt zur Waffen SS gehört angeprangert, sondern dass Grass sich durch Jahrzehnte als Tugendrichter einer ganzen Nation aufspielte und
seine Mitgliedschaft zur Waffen SS leugnete. Wäre wohl auch für einen Wahlhelfer der SPD und engen Freund mehrerer SPD Parteivorsitzender nicht opportun gewesen.
Es zeigt sich abermals, dass dem Wort " Sozialismus " im Nationalsozialismus doch größere Bedeutung zukommt, als viele wollen.
Schade dass er nicht nachIsrael einreisen darf. Er hätte dort vor Ort Gelegenheit gehabt, sich über die drohende Gefahr zu informieren.
Eine zögerliche Friedenspolitik kann zur Katastrophe führen, nicht nur für Israel.
Jetzt muß ich doch was sagen.
Der Herr Grass ist mit 17 zur Waffen-SS gegangen und zwar freiwillig. Daß ihm das hochnotpeinlich war, ist ihm hoch anzurechnen. Allerdings für jemanden, der sich jahrzehntelang mit erhobenem Zeigefinger als die moralische Instanz Deutschlands gerierte, ist das doch etwas zu wenig. Bevor so einer über andere urteilt, hätte er schon zehnmal vor seiner eigenen Tür kehren sollen. Und doch mokiert er sich über Israel.
Auch ist jede Relativierung Grass' Mitgliedschaft bei der Waffen-SS völlig unangebracht. Im Gegenteil sind beim moralintropfenden Zeigefinger Günter Grass die allerhöchsten Maßstäbe anzusetzen.
Nun zu seinem "Gedicht". Wie man unter solchen Verrenkungen eine Täter-Opfer-Umkehr bewerkstelligt, das ist eine Gemeinheit. Wie schon A.U. schrieb, hat Israel niemandem mit Atomgewalt gedroht. Von Achmadinedschad hat man das schon oft genug gehört.
Grass will nur seine Bücher vermarkten. Dafür ist ihm jedes Mittel recht und jeder Skandal nicht zu niedrig. Pfui deibel.
Drittens: Die Reaktion Israels ist zwar verständlich aber taktisch unklug. Netamal ignorieren, wäre angemessen gewesen. Durch das Einreiseverbot wird diesem unwürdigen Schauspiel auch noch die große Weltbühne gegeben. Aus einem Rauschen im Blätterwald wurde so ein politischer Skandal. Das war wirklich gscheit.