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Was die Schüllers vergessen

Die sogenannten progressiven Linkspriester vergessen in ihrem Schlagzeilentaumel eines völlig: Die Gläubigen. Die wollen nämlich in ihrer Kirche Verlässlichkeit, Stabilität und Orientierung anstelle wilder Streitigkeiten und Richtungswechsel.

Jetzt ist in London wieder eine halbe anglikanische Pfarrgemeinde samt ihrem Pfarrer zur katholischen Kirche gewechselt. Die Begründung  des Pfarrers: „In der Kirche von England weiß man von einer Synode zur anderen nicht mehr, was zu glauben ist. Was vor 30 Jahren klar war, ist es nicht mehr." Der Priester ist offenbar auch zu persönlichen Opfern für seine Überzeugung bereit: Er verliert durch den Wechsel zum Katholizismus jährliche Pensionsansprüche von umgerechnet rund 14.000 Euro, die ab 2013 fällig geworden wären.

Und diese Gemeinde ist kein Einzelfall: Schon im Vorjahr waren an die Tausend Anglikaner samt 60 Klerikern zur römischen Kirche gewechselt.

Was zu einigen Fragen führt: Hätten die "Ungehorsams"-Priester rund um den niederösterreichischen Pfarrer Schüller wirklich bei ihrem Kampf gegen Papst und Bischöfe so große Unterstützung der Gläubigen, wie die mit ihnen (und sicher nicht mit der Kirche) sympathisierenden Medien suggerieren: Warum gibt es dann keine Massenübertritte zu jenen protestantischen Kirchen, wo all das in den letzten Jahrzehnten eingeführt worden ist, was Herr Schüller so vehement fordert? Warum haben die so Schüllerschen Protestanten einen noch viel rascheren Verlust an Gläubigen als die Katholiken? Ist man wirklich progressiv, wenn man ganz auf die Wünsche der Gläubigen vergisst?

So nachvollziehbar einige Forderungen der "Ungehorsams"-Priester auch sind, so wahrscheinlich es auch ist, dass es noch in diesem Jahrhundert beispielsweise eine Lockerung des Zölibats geben wird, so klar ist doch, dass die Art ihres Auftretens der Kirche mehr schadet als nutzt. Viele Menschen schätzen ganz offensichtlich auch die ruhige Bedächtigkeit, durch die sich die Kirche von der ständig wechselnden politischen und medialen Aufgeregtheit unterscheidet.

Und jenseits aller theologischen Überlegungen und historischen Interpretationen sei auch noch die kühne Frage erlaubt: Wieweit ist man selber noch katholisch, wenn man so vehement Regeln bekämpft, die diese Kirche so lange geprägt haben, die also nicht unbedingt des Teufels sein dürften? Nützt Schüller da nicht einfach die Führungsschwäche seines Bischofs hemmungslos aus, um mediale Eitelkeiten zu befriedigen? Geht es vielleicht nur darum, dass man halt mehr Schlagzeilen bekommt, wenn man innerhalb der Kirche opponiert als außerhalb, wie es etwa ein Hans Küng erleben musste?

 

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