Michael Spindelegger verlangte zum Jahresbeginn einen totalen Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst. Das ist total super. Wenn es ernst zu nehmen wäre. Denn längst hat man in diesem „Dienst“ (Dienst?) riesige – bekannte und geheime – Hintertüren aufgetan, sodass viele Beamte über einen (neuerlichen) Aufnahmestopp nur lachen.
Dass ein solcher an sich eine sinnvolle Maßnahme wäre, braucht man wohl nicht lange zu beweisen. Der Aufnahmestopp müsste freilich jedenfalls nicht nur den Bund, sondern auch die Länder erfassen, wo es vor allem in den östlichen Bundesländern viel zu viele Landesdiener gibt. Und wo viel zu viele völlig überflüssige Regelungen zu vollziehen sind.
Und selbst wenn einmal eine bestimmte Tätigkeit dieses öffentlichen Dienstes wirklich wichtig und daher die Besetzung eines leerstehenden Postens dringend notwendig wäre, gäbe es eine Lösung. Dabei wäre auch in diesen Fällen auf Jahre hinaus niemand neu aufzunehmen: Denn beim Bundesheer, bei der Post oder der Telekom sitzen noch ganze Heerscharen unkündbarer Staatsdiener. Was spricht eigentlich dagegen, raschest ein neues Verfassungsgesetz zu erlassen, damit diese Damen und Herren wieder etwas Sinnvolles tun können beziehungsweise müssen? Und falls sie dazu unfähig oder unwillig sein sollten, sollte es dieses Verfassungsgesetz gleich auch ermöglichen, sie unter Mitnahme einer Abfertigung ans Arbeitsmarkt-Service weiterzuleiten. Das wäre eine der allersinnvollsten Sparmaßnahmen – wenn auch alle Hintertüren geschlossen würden.
Der öffentliche Dienst hat nämlich schon längst andere Strategien gefunden, einen solchen – ja in den letzten Jahren schon mehrfach verkündeten – Aufnahmestopp zu umgehen. Bekannt ist der Trick mit den Ausgliederungen: Indem bisher beamtete Tätigkeiten von einer formal privatwirtschaftlichen Gesellschaft erledigt werden (die aber ganz zufällig dem Staat gehört), hat der öffentliche Dienst zwar in der Tat viele Mitarbeiter verloren. Diese waren dann aber allesamt wieder über die Budgets staatseigener GmbH zu bezahlen. Von den insgesamt „abgebauten“ 33.000 Beamtenstellen sind mehr als 23.000 in den letzten elf Jahren einfach in solche Gesellschaften transferiert worden.
Immerhin scheint Spindelegger diese Taktik durchschaut zu haben. Deshalb will er den Aufnahmestopp nun auch auf alle ausgegliederten Gesellschaften angewendet wissen.
Ausgliederungen und heimliche Eingliederungen
Diese Taschenspielerillusion der Ausgliederungen ist aber noch harmlos im Vergleich zu einer zweiten Gegenstrategie gegen einen Dienstpostenabbau. Diese Strategie ist aber von der Öffentlichkeit bisher noch überhaupt nicht durchschaut worden. Nicht einmal der Rechnungshof tut dies. Ihr Kern: In etlichen Ministerien werden eingesparte Dienstposten seit einiger Zeit einfach durch externe Leiharbeitskräfte ersetzt. Diese mietet man von Zeitarbeitsfirmen an und stellt sie bei Nichtbedarf dorthin wieder zurück. Das Entgelt geht dann nicht über das Konto öffentlicher Dienst, sondern über den Sachaufwand.
Ein ziemlich übler Trick. Denn solcherart wird nicht nur die Öffentlichkeit getäuscht. Es wird auch nichts eingespart. Zugleich wird auch der komplette rechtliche Rahmen des öffentlichen Dienstes gesprengt.
Dieser Rahmen ist zwar zweifellos viel zu umfangreich, aber in einigen Kernbereichen durchaus sinnvoll. So haben die Zeitarbeiter mancherorts Zugang zu allen Akten – sie sind aber in keiner Weise an das Amtsgeheimnis gebunden. Zugleich könnte sich bei ihnen etliches Frustpotenzial ansammeln. Werden sie doch vielfach diskriminiert. Das Fehlen eines Dienstausweises etwa klingt harmlos, macht aber oft Probleme. Langfristig besonders demotivierend ist der Umstand, dass diese Zeitarbeiter keine Aufstiegschance haben.
Der öffentliche Dienst verschafft sich damit aber durch die Hintertür einen Pool an Mitarbeitern, der zum Unterschied von Beamten und Vertragsbediensteten ohne Probleme gekündigt werden kann. Statt dass man den Kündigungsschutz im öffentlichen Dienst reduziert (oder zumindest den Versetzungsschutz), wechselt man gleich in die allerhärtesten Arbeitsverhältnisse der Privatwirtschaft.
Der öffentliche Arbeitgeber hat in den letzten Jahren in einem anderen Bereich sogar Praktiken entwickelt, die alle „kapitalistischen Ausbeutungen“ weit übertreffen. Jeder privatwirtschaftliche Arbeitgeber würde vor dem Arbeitsgericht untergehen, wenn er diese Praktiken anwendet. Ihr Kern: Immer öfter werden Lehrer mehrmals hintereinander mit befristeten einjährigen Verträgen engagiert. Das ist normalerweise als ein sogenannter Kettenvertrag streng verboten, dieses Verbot gilt aber offenbar nur bei normal sterblichen Arbeitgebern. Quod licet Iovi, non licet bovi.
Das schafft eine wilde Zweiklassengesellschaft: Die einen sind auch bei großer Unfähigkeit de facto lebenslang zu bezahlen, die anderen verlieren alljährlich ihren Job und müssen um eine Verlängerung bangen. Dabei sind sie alle „Kollegen“. Sie arbeiten Seite an Seite, unterrichten die gleichen Klassen und sitzen in den Lehrerzimmern Seite an Seite.
Die alte Regel hat sich wieder bestätigt: Wenn sich deine Gruppe zu viele – angeblich soziale – Rechte erkämpft, wirkt sich das für eine andere Gruppe sehr unsozial aus.
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Da hat Herr Dr. Unterberger wohl einen jener Blickwinkel unter denen man den öffentlichen Dienst sehen kann, sehr treffend beschrieben!
Bisher dachte ich manchmal, der öffentliche Dienst wäre auch im Tagebuch ein geschützter Bereich.
Wenn ich mich richtig erinnere wurden unter Kreisky die Politikerbezüge erheblich erhöht, und in ihrer Entwicklung gewissermaßen gesetzlich an die Beamtenbezüge gekoppelt. Hinzu kam daß damals Beamte bei vollem Dienstbezug für politische Ämter freigestellt wurden, wobei sie die Hälfte des Politikerbezuges als sogenannte "Parteisteuer an die entsendende Partei abzuführen hatten.
Ich kannte persönlich mehrere Fälle in denen eine Person drei Gehälter aus öffentlichen Mitteln bezogen. Die Folge war, daß die Parteien um sich zu finanzieren, bevorzugt Beamte und Mitarbeiter von Kammern, Gewerkschaft und Sozialversicherungen, welche ebenfalls bei vollem Bezug für politische Ämter freistellten, in die Parlamente entsandten.
In Niederösterreich waren in den 70er Jahren weit über 80% aller politischen Mandatare aus diesem geschützten Bereich! Die Folge ist, daß wir - teilweise im Verfassungsrang - viele Gesetze haben, welche diesem Bereich und seinen Pensionisten ungebührliche Vorteile einräumen.
Daß es nur höchstqualifizierte Beamte möglich machen, etwa eine völlig unqualifizierte Frau Bures mit dem Infrastrukturministerium zu betrauen, ist die andere Seite der Medaille!
Wann und weshalb wurde eigentlich die für den Arbeitnehmer sehr erfreuliche, für den Arbeitgeber aber häufig ruinöse ABFERTIGUNG erfunden und eingeführt?
Der Arbeitnehmer hatte eine bezahlte Arbeit, wofür eigentlich dann das zusätzliche Geldgeschenk?
Ich kenne diesen Begriff seit der Mitte der 50er-Jahre; es ging damals um den großen Lehrerüberschuß, durch den es nahezu unmöglich gemacht wurde, Junglehrern eine Anstellung zu sichern. Manche mußten sich z.T. jahrelang gedulden, bis sie dann irgendwo in Hintertupfing unterkamen. Viele gaben auf.
Damals wandte man sich an verheiratete Lehrerinnen, weil man von der Tatsache ausging, diese hätten einen Ehemann, der die Familie erhalten könne.
Man versüßte ihnen die Entscheidung, zugunsten von Junglehrern ihren Beruf aufzugeben mit dem Versprechen einer sehr großzügigen ABFERTIGUNG. Der Plan ging auf: 1959 konnten erstmals alle frischgebackenen Lehrer (meist -innen!) fix mit einer Anstellung rechnen.
Böse Zungen behaupteten, daß in den 70er-Jahren im Großraum Linz ganz besonders viele neue BMW und Mercedes unterwegs waren. Die stolzen Besitzer dieser teuren Karossen waren VOESTler und CHEMIE-LINZ- Arbeiter, deren Abfertigung gerade mit dem Kaufpreis einer dieser Automarken ident war.
Was mich am Beamtenrecht stört ist etwas anderes:
Jeder private Dienstvertrag enthält auch die Bestimmung, daß der Dienstnehmer seine Arbeitskraft a u s s c h l i e ß l i c h dem Dienstegeber zu widmen hat und seltene Ausnahmen genehmigungspflichtig sind.
Beamte in Bund, Ländern und Gemeinden haben aber das Privileg, legal neben ihrer Tätigkeit im geschützten Bereich noch eine zweite Beschäftigung auszuüben. Das gilt nicht nur für die gutbezahlten Primar- und sonstigen Ärzte, die eigene Privatpraxen haben, für Ministerialbeamte, die eigene Firmen betreiben oder für beamtete Lehrer, die z.B. als Freiberufler tätig sind. Auch viele Polizisten drehen (oft mißmutig) ihr Dienstradl, weil sie anschließend ihren Zweitberuf ausüben. Oder nehmen sie die Briefträger, die vormittags ihre Zustellungen schnell herunterhudeln, weil sie nachmittags noch fit für andere Aufgabenstellungen sein wollen.
Preisfrage eines Steuerzahlers:
Für welchen der beiden Berufe wird sich ein Beamter wohl mehr engagieren?
Das mit den Leiharbeitern und Werkverträgen und so hat auch mit den staatlichen Budgetpraktiken zu tun: Zwar sind die Dienstposten im Dienstpostenplan gesetzlich festgeschrieben (und daher aus der Sicht der untergeordneten Verwaltungsstellen nicht vermehrbar), aber man hat ja noch ein Budget für Sachausgaben. Unter diesem Budgetansatz bringt man dann den Zukauf von externer Arbeitskraft unter - bei formaler Wahrung des Dienstpostenplans.
Auch die Praxis mit den ausgegliederten Gesellschaften hat Herr Unterberger trefflich beschrieben.
Wir haben seit Jahrzehnten eine Fehlentwicklung, wonach tüchtige Leute, die vielfach nachgefragte Handwerke (Tischler, Installateure, Mechaniker) erlernt haben, in den öffentlichen Dienst aufgenommen worden sind (bzw dort hinstreben), weil einerseits die Politik den guten Onkel spielen will und man sich anderseits sein Geld halt bequemer verdienen kann an einem Schreibtisch, als in der Werkstatt oder gar in der Künette. Beides ist ja für sich nachvollziehbar, nur leider fürs Gesamte schädlich. Wobei - was letzteren Punkt betrifft - leider die Anreizverhältnisse verfehlt sind: jeder geht lieber einer Schreibtischhacken im beheizten Büro nach, wenn er dort gleichviel oder auch nur geringfügig weniger verdient als in der schweißtreibenden Mechanikerwerkstätte, zumal wenn viele auch noch auf die Mechaniker mit verschmutzten Händen herabblicken.
Und auf diese Weise hat der öffentliche Dienst in den letzten Jahrzehnten dem Arbeitsmarkt viele tüchtige Handwerker und Arbeiter entzogen, die jetzt nichts Produktives mehr machen, sondern irgendwelche Statistikformulare ausfüllen oder in ähnlicher Weise die Zeit totschlagen, ohne den echten Volkswohlstand zu mehren.
Und um das dadurch fahrlässig verursachte Arbeitskräftedefizit aufzufüllen, hat man mit dieser geistesgestörten Zuwanderungspolitik begonnen. Ich behaupte, wir könnten uns (bei gegebenem Stand der Technik) die gesamte Zuwanderung sparen, wenn man das autochthone Arbeitskräftepotential gehoben hätte, das man unproduktiv im öffentlichen Bereich untergebracht hat.
Wer ist schuld? Die Politclowns oder diejenigen, die sie wählen? Sicher auch die Wähler, aber für mich liegt die Hauptverantwortung bei den Clowns von SPÖVP! Schließlich erzählen uns die Komiker auch regelmäßig, dass mehr direkte Demokratie deswegen nicht geht, weil das Volk zu blöd ist, wichtige Entscheidungen zu treffen. Nur sie, die vermeintliche "Elite", könne zB über so wichtige Dinge wie den Euro entscheiden. Na dann sollen sie aber auch für das Ergebnis ihrer Politik der letzten Jahrzehnte geradestehen!
Mag sein, dass die FPÖ nicht besser als die SPÖVP ist. VIELLEICHT HÄTTE die FPÖ das Land schlecht regiert, darüber kann man spekulieren. Fakt ist, dass SPÖVP das Land TATSÄCHLICH verludert HAT. Jetzt kann ein so wohlhabendes Land wie Österreich mit solchen Reserven (in Jahrhunderten aufgebaute Infrastruktur, Kulturlandschaft, historisches architektonisches Erbe, Ausbildungs-, Motivationsstand der Bewohner etc) natürlich lange von den Reserven leben und die Früchte der Misswirtschaft fallen lange nicht auf (was die Urheber der Misswirtschaft dann als Argument für ihr vermeintliches Wirtschaftenkönnen ausgeben). Aber irgendwann ist Schluss. Ich fürchte, dass uns die zahllosen Fehlentwicklungen der letzten vier Jahrzehnte in den nächsten vier Jahrzehnten ziemlich auf den Kopf fallen werden.
Und wenn man diese bewährten Praktiken konsequent zu Ende denkt, landet man womöglich noch beim WANDERBEAMTEN in Anlehnung an den chinesischen Wanderarbeiter.
Realsozialismus schlägt allemal noch den immer wieder angeprangerten "Neoliberalismus"!
Wieder ein Stück österreichische Wahrheit.
Was soll das alles, Pragmatisierung, Versetzungsschutz, etc, etc, ? Sind doch alles nur Arbeitsverhinderungsmechanismen und Ungleichheitsmechanismen und gegen das österreichische Staatsgrundgesetz, dass vor dem Gesetz jeder gleich behandelt zu sein hätte.
Dieser Artikel zeigt wohl sehr deutlich, was sich österreichische Privilegienritter aus Politik und Beamtenschaft um Gesetz und sinnvoller Gleichbehandlung scheren und bei vielen Beamten noch getoppt durch mangelnden Fleiß ('mir kann ja ohnehin nichts passieren ...' oder nur wer arbeitet, kann Fehler machen ...', in etwa die zugehörigen Stehsätze).
Möge Herr Spindelegger da noch tiefergehend nachhaken und vielleicht rafft sich auch die Opposition auf, diese 'wohl ersessenen' Rechte endlich per Verfassungsgesetz zu kippen, denn so was wie die Pragmatisierung in Österreich gibt es wohl nirgends in der Welt. Bei der Bezahlung der Beamten, da liegen wir auch im europäischen Spitzenfeld, auch das wären noch Reserven.
Wie passen die alle hier geschilderten unterschiedlichen Arbeitsverträge zum aktuellen SPÖ-Plakat: "Zeit für Gerechtigkeit! Faire Verteilung. Soziale Ausgewogenheit. Gleiche Chancen"?
Das Grundübel ist, dass es für die einzelnen Ministerien enorme (fast unbegrenzte) Möglichkeiten gibt, neben dem laufenden Personal- und Sachaufwand scheinbar nach Belieben Aufträge für Berater, Eigenwerbung und auch "externes" Personal zu vergeben. Hier müsste man den Sparstift ansetzen.