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Was heißt hier freiwillig?

Die Börsen haben gejubelt wie selten, viele Wirtschaftsprofessoren sind hingegen skeptisch: Ein seltsamer Widerspruch prägte die Reaktionen auf den EU-Gipfel. Geben damit nicht die Börsen dem Eigenlob der Regierungschefs recht, die (wieder) die Rettung des Euro verkündet haben?

Dieser Widerspruch klärt sich leicht. Erstens agieren Börsen kurzfristig und schwanken immer heftig zwischen himmelhochjauchzend und zutodebetrübt, während seriöse Ökonomen langfristig denken. Zweitens aber zeigen die Börsen die Entwicklung der Aktienkurse. Und es ist logisch, Aktien zu kaufen, wenn man Staatsanleihen als wacklig ansieht. Irgendwo muss man ja das Geld anlegen, das derzeit – der Schuldenpolitik sei „Dank“ – noch im Übermaß herumschwappt. Langfristig werden freilich auch Aktiengesellschaften schwer leiden. Niemand kann sich ja erwarten, dass es keine unangenehmen Folgen für alle hätte, wenn nun die Rechnung für die lustigen Jahre zu zahlen ist, in denen man die Wähler durch immer üppigere Wohlfahrtssysteme auf Pump bei Laune halten konnte.

Bevor das alles den Kurzfrist-Euphorikern so richtig ins Bewusstsein kommt, könnten wir alle über etwas anderes nachdenken: Was heißt eigentlich „freiwillig“? Der „freiwillige“ Verzicht der Banken auf die Hälfte ihrer Forderungen an Griechenland ist vielmehr eine zwingende Folge der griechischen Zahlungsunfähigkeit. Jeder Banker, der etwas verschenkt, gehörte ja vor Gericht.

Warum aber müssen die Banken verzichten, die Staaten jedoch nicht? Dass Privateigentum heftig bluten muss, jedoch die Politik mit ihren vielen sinnlosen Ausgaben und ihren unproduktiven Apparaten privilegiert wird, ist brutale Gewalt. Banken und Privatanleger werden logischerweise darauf reagieren: Seit sie erlebt haben, wie mit ihnen umgegangen wird, werden sie ihr Geld nur noch sehr ungern einem Staat borgen. Auch wenn Politiker und populistische Medien sie dafür wieder als Spekulanten beschimpfen.

Daher wird auch die vielgetadelte Hebelung des EFSF noch sehr fragwürdig. Diese von den europäischen Steuerzahlern finanzierte „Fazilität“ will ja Griechenland, Italien & Co nicht direkt Geld borgen, sondern sie will damit nur Kredite bei Dritten absichern. Das jedoch nur zu einem kleinen Teil, etwa 20 Prozent; dadurch könnte das Kreditvolumen verfünffacht werden. Für den Rest haftet wieder nur der Schuldnerstaat selber. Das aber lässt heftig zweifeln, ob der Hebel greift, ob dieser EFSF irgendwo zwischen Europa und China noch genug Geldgeber findet. Wären die dann doch wirkliche Spekulanten.

Die europäischen Steuerzahler jedenfalls sind jetzt schon betrogen. Denn diese Hebelung, die man lange geheim gehalten hat, macht es viel unwahrscheinlicher, dass sie jemals ihr Geld zurückbekommen, dass ihre Haftungen nur Theorie bleiben. Das hat uns nur die Politik einzureden versucht.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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