Die regelmäßigen Berichte des österreichischen Rechnungshofs liefern der Öffentlichkeit viele kritische Fakten über Politik wie Verwaltung. Dementsprechend fürchten auch alle Parteien den Rechnungshof. In der EU findet man hingegen keine solchen Berichte, obwohl es auch dort einen solchen Rechnungshof gibt. Die Begründungen, die man in der EU ganz offen für diese seltsame Untätigkeit zu hören bekommt, sind mehr als bestürzend.
Der EU-Rechnungshof fühlt sich mehr als PR-Organ der Union denn als kritischer Vertreter der Steuerzahler. Obwohl er mit rund 1000 Mann nicht gerade dünn besetzt ist. Und obwohl in der EU mit Sicherheit nicht weniger Geld verschwendet wird als in Österreich. Im Gegenteil. Ganz offen hört man in europäischen Rechnungshofkreisen jedoch die Argumentation: „Wenn wir zu kritisch berichten, würden Vorurteile in der Öffentlichkeit entstehen und die hilfsbedürftigen Länder würden keine Hilfe mehr bekommen.“
Der Europäische Rechnungshof hat damit so ziemlich die gegenteilige Grundmotivation zu jener des österreichischen. Dieser fühlt sich primär als unabhängiger Advokat der Steuerzahler, ganz ohne Rücksicht auf die Opfer seiner (meistens zutreffenden, bisweilen naturgemäß auch übers Ziel schießenden oder erbsenzählerischen) Berichte. In Österreich wird man freilich für einen kritischen Bericht über Österreich auch nicht gleich zum „Österreich-Feind“ erklärt – während EU-Beamte, -Politiker und auch -Journalisten immer sehr rasch mit der dummen Bezeichnung „Europafeind“ für Kritiker bei der Hand sind.
Der Europäische Rechnungshof denkt und handelt ganz auf dieser Linie. Er will durch Berichte über den Missbrauch europäischer Gelder keine Wellen schlagen. Er will vor allem nicht Anlass für eine europäische Finanzdiskussion werden.
Damit erreicht er freilich genau das Gegenteil. Der Missbrauch von europäischen Steuergeldern nimmt auf dem Weg zur Gerüchtebörse regelmäßig besonders dramatische Dimensionen an. Ohne penible Kontrolle wird das Image der EU als gewaltige Maschine zur Geldverschwendung noch viel größer, als diese wahrscheinlich – hoffentlich? – in Wirklichkeit ist. Das gilt zumindest für das Bild der EU in jenen fünf der 27 EU-Länder, die echte Nettozahler der Union sind. Bei den anderen scheint es hingegen eine verbreitete kollektive Überzeugung zu geben, dass man Gaunereien im nationalen Interesse eher decken als aufdecken sollte.
Die Dinge, die dadurch unionsintern viel zu wenig kritisch hinterfragt werden, reichen dann von völlig sinnlosen Autobahnen, über die pro Minute nur zwei Autos fahren, bis zu einer Unzahl nicht vorhandener, aber heftig geförderter Olivenbäume. Das Grundproblem aller EU-Finanzströme: Das Geld fließt aus Brüssel, die konkrete Abwicklung und Kontrolle liegt hingegen bei den Nationalstaaten, die sich instinktiv mehr über jeden zusätzlichen EU-Scheck für einen Landsmann freuen, als sich über betrügerische Mitbürger zu ärgern. Insbesondere in der Landwirtschaft und bei der Verwendung der Kohäsions- und Strukturhilfen gäbe es daher ein großes Feld an Einsparungsmöglichkeiten zu beackern.
Zumindest der neue Österreicher im (27-köpfigen) Präsidium des EU-Rechnungshofs, Harald Wögerbauer, zeigt sich nun wild entschlossen, diesen Missstand zu bekämpfen. Er will dem Rechnungshof wenigstens ein paar Zähne einsetzen.
So hat er jetzt einen Antrag ans EU-Parlament durchgesetzt, dass der Rechnungshof künftig die Verwendung der europäischen Milliardenhilfen für die Schuldnerländer kontrollieren können soll. Für den geplanten „Europäischen Stabilitätsmechanismus“ (ESM) ist nämlich bisher keinerlei Kontrolle durch den Rechnungshof vorgesehen. So wie auch schon die erste Etappe der kollektiven Griechenland-Hilfe als formal rein bilaterales Instrument keiner EU-Rechnungshof-Kontrolle unterlegen ist. Die nationalen Rechnungshöfe der Spenderländer können aber im Alleingang kaum effektiv kontrollieren, was mit den Geldern ihrer Steuerzahler in Griechenland wirklich geschieht.
Auch die in den letzten Monaten abgeschickten Hilfspakete für Irland und Portugal sind nur zu einem kleinen Teil durch den Rechnungshof kontrollierbar, zum größeren lediglich durch private Wirtschaftsprüfer, die nach Wögerbauers Sicht durchaus gemischte Interessen haben könnten.
Man darf vermuten, dass dieser Kontrollmangel durchaus in der Intention der europäischen Regierungschefs liegt. Diese können ja im Grund gar keine Intention haben, dass ihre kollektiven Husch-Pfusch-Geldverschwendungs-Konstruktionen noch durch weitere Institutionen kontrolliert und mit kritischen Berichten begleitet werden. Außer durch die unvermeidlichen, aber zum Glück der Politik großteils ohnedies EU-begeisterten Medien.
Aber auch dort, wo der EU-Rechnungshof kontrolliert, also beim immerhin 142 Milliarden Euro umfassenden Budget der Union selber, ist er eine mehr als harmlose Schoßkatze und kein gestrenger Wachhund. Denn der Großteil der Rechnungshof-Prüfer – so noch einmal Wögerbauer – prüft „nur die Zuverlässigkeit, aber nicht die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Aber nur mit Prüfung dieser Punkte kann man etwas verbessern.“
Die Zuverlässigkeitsprüfung ähnelt mehr der Tätigkeit eines Notars oder Oberbuchhalters. Da wird nur die ordnungsgemäße Verbuchung und Rechtmäßigkeit (also die Rechtsgrundlage) einer Zahlung überprüft. Und wenn es dabei Fehler gibt, wird skurrilerweise dem Parlament lediglich mitgeteilt, ob der Fehler unter oder über zwei beziehungsweise fünf Prozent gelegen ist. Und als Verursacher wird nur ganz grob der Bereich genannt, etwa „Entwicklungshilfe“ oder „Landwirtschaft“. Solcher Tadel tut nun wirklich niemandem weh. Geschweige denn, dass dadurch etwas verbessert werden könnte.
PS: Wögerbauer hat in Luxemburg, wo der Rechnungshof seit 1977 sitzt, noch einen weiteren Kampf an einer Nebenfront aufgenommen: Er hat durchgesetzt, dass erstmals seit 2004 beim Rechnungshof Deutsch statt Französisch als zweite Sprache neben Englisch verwendet wird. Womit er sich einige Feinde gemacht hat.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das neue unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.
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Diese Information ist mir bisher völlig entgangen, dass der EU – Rechnungshof die EU-Gelderverwendung mit sehr fragwürdigen Motiven immunisiert und damit derartig konträr zu den Intentionen des österreichischen Rechnungshofs fungiert. Also herzlichen Dank für diese überraschende und bestürzende Information, die in mir eine „kopernikanische Wende“ des Denkens einleitet: So reiht sich also auch diese begrifflich positiv assoziierte Organisation auf EU-Ebene in die Reihe von in vorauseilendem Gehorsam agierenden, im Sinne ihrer Auftraggeber bzw. Förderer selektiv wertenden oder berichtenden Expertisen bzw. Medien ein.
Ex-Präsident Dr. Fiedler wurde für mich der Inbegriff des unbestechlichen Beamten und der raren Spezies eines seriösen Vertreters der österreichischen Steuerzahler; der es wagt, die sinnvolle Verwendung von Steuermittel mutig, unabhängig und nachvollziehbar zu hinterfragen. Mit Dr. Moser setzte ich mich viel zu wenig auseinander, um ein Urteil abgeben zu können, doch spricht nichts dagegen, dass er ähnlich vertrauenswürdig agiert.
Ich wunderte mich eher regelmäßig, dass die oft brisanten bis spektakulären Ermittlungsergebnisse des offenbar penibel recherchierenden österreichischen Rechnungshofs - die zudem kaum je in Frage gesellt wurden – wohl enormes Kopfschütteln breiter Kreise hervorriefen, um zugleich – gelinde ausgesprochen – kaum wahrnehmbaren konkreten Handlungsbedarf nach sich zu ziehen. Die Erkenntnisse wurden akademisch, als Selbstzweck betrachtet; ein paar Zeitungsmeldungen für Interessierte – die bald vergessen wurden; Handlungsfolgen blieben aus; man argwöhnte Schubladisierung und Archivierung.
Mag sein, dass ich mich darin irre - lasse mich gerne eines Besseren belehren. Dass ich in diesem Punkt naiv und bestenfalls halbinformiert bin – siehe Europäischer Rechnungshof, dem ich vor diesem A.U. - Kommentar in einem Analogie-Habitus ein dem österreichischen Rechnungshof vergleichbares Vorschussvertrauen entgegengebracht hätte - wie einem Arzt, auf dessen weißen Mantel und akademischen Titel ich bisher blind vertraute, bis selbst Hochschullehrer medizinischer Fakultäten dringend rieten, über Ärzte zuvor Erkundigungen einzuholen, bevor man ihnen das Vertrauen schenkt. ... Soviel auch zur Validität ausgestellter vollakademischer Atteste ...
......und unser Othmar Karas fordert in seinem letzten "Newsletter OK" eine Anhebung des EU Budgets um mindestens 5 %, um den Handlungsspielraum des EU Parlaments zu erhöhen. Nach dem heutigen Bericht bestätigt sich mein Verdacht, daß man durch Wahrnehmung von vorhandenen Kontrollmechanismen, daß Budget eher deutlich senken sollte!
Dieser Artikel bestätigt wieder einmal mein (Vor-) Urteil,daß die meisten EU-Institutionen ein korrupter Sauhaufen sind, welcher dem fleißigen Steuerzahler Geld aus der Tasche stiehlt und ihm ihm dazu noch zunehmend seine Freiheiten alla Orwells "1984" beschränkt!
"Ohne penible Kontrolle wird das Image der EU als gewaltige Maschine zur Geldverschwendung noch viel größer, als diese wahrscheinlich – hoffentlich? – in Wirklichkeit ist."
Irrtum, das ist nicht nur ein "Image", sondern die EU entwickelt sich immer mehr zur reinsten Geldvernichtungsmaschine in einem unkontrollierbaren, aufgeblähten Selbstbedienungsladen.
Der Kampf des lauteren Herrn Wögerbauer entwickelt sich vermutlich zu einem gegen Windmühlen und ich frage mich, warum ihm nicht längst der selbsternannte "Saubermann" Hans Peter Martin zur Seite springt, oder ist dieser zu sehr mit dem eigenen Schäfchen beschäftigt, daß er immer wieder versucht ins Trockene zu bringen?
Die EU-Vertuschungsbemühungen beweisen einmal mehr, daß in Brüssel eine abgehobene Politikerkaste absolut gegen die Bevölkerung regiert und wenn es ginge, am besten ganz ohne!
Liest man dann noch, daß von 27 EU-Ländern lediglich 5 "echte Nettozahler" sind, müßten man ja schier verzweifeln.
Und was das Füllhorn der unsinnigen Förderungen betrifft, fällt mir nur die Geschichte ein, daß vor Jahren ein sehr gutes Geschäft künstliche, aus Plastik erzeugte Olivenbaumstecklinge in den Mittelmeerländern waren.
Denn man setzte diese in den Boden und sie wurden zwar wegen der finanziellen Zuteilungen von der EU per Flugzeug kontrolliert und gezählt, jedoch aus dieser Perspektive nicht als Fälschungen erkannt - die Subventionen, ohne viel Aufhebens kassiert ohne die mühevolle Aufzucht weiter zu verfolgen.
Wie bzw. wie lange kann eine solche Union überleben?
Bei den derzeit auftauchenden Abgesängen
(siehe Spiegel: http://www.spiegel.de/spiegel/ )
ist das Ablaufdatum wohl vorauszusehen.
Der kalifornische Rechnungshof zeigt hingegen Zähne. Im Budgetentwurf klaffen 10 Mrd. $, daher bekommen die Abgeordneten bis zur Berichtigung kein Gehalt - eine gute Maßnahme.
http://www.krone.at/Welt/Kalifornien_Gehalts-Stopp_fuer_miese_Abgeordnete-Budget_zu_schlampig-Story-269118
OT: Scheint ein "must read" zu sein!
http://derhonigmannsagt.wordpress.com/2011/06/22/nicht-die-islamisierung-%e2%80%93-die-judaisierung-ist-das-problem/
Der Handel in Gold und anderen Edelmetallen wird ab 15. Juli 2011 an der Wallstreet eingestellt werden. Näheres unter
http://www.bankmagazin.de/Aktuell/Nachrichten/202/16964/Bankmagazin-Kein-US-Handel-von-Gold-und-Edelmetallen-mehr.html
Daraufhin ist der Goldpreis gleich einmal von 1.542 USD/oz auf 1,557 USD innerhalb einer Stunde gestiegen.
http://www.kitco.com/charts/livegold.html
Sind das die ersten Vorzeichen für das Verbot von privatem Goldbesitz?
Alles schon dagewesen!