Alle anderen Universitäten, Rektoren, Dekane, Uni-Räte bekommen schon beim bloßen Gedanken daran das Zähneklappern. In Klagenfurt hingegen tut man es sogar. Und ignoriert (bisher) den auf Knopfdruck bestellten internationalen Proteststurm.
Klagenfurt will nämlich das Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft schließen. Und das war „noch nie“ da, wie die Protestierenden schäumend verkünden. Die – zumindest vorerst – mutige Uni-Leitung hatte hingegen mit zehn gegen eine Stimme ein Strategiepapier beschlossen, das die Schließung von Medien- und auch Musikwissenschaft empfiehlt. Da das vom Staat zur Verfügung gestellte Budget nicht wachse, müsse sich die Universität Schwerpunkte suchen und schlanker werden.
Gewiss ist es noch keineswegs sicher, ob nicht der Universitätsrat oder sonst jemand umfällt oder ob sich gar die Wissenschaftsministerin unter Druck setzen lässt. Sollte es aber bei dem Beschluss bleiben, dann ist den Klagenfurtern nur zu ihrem Mut zu gratulieren.
Erstens einmal müssen Universitäten künftig Schwerpunkte zeigen und können nicht alles und jedes anbieten. Zweitens werden ähnliche Dinge wie an der Klagenfurter Publizistik nicht nur in Klagenfurt, sondern auch in Wien, Salzburg und Graz sowie an zahllosen Fachhochschulen angeboten. In Wien gleich mehrmals, aber auch in St. Pölten, Krems oder Eisenstadt, um nur die mir ohne Nachzuschlagen bekannten Publizistik-Baumschulen anzuführen. Und die Gemeinde Wien gründet gerade eine weitere (seit dort Rot und Grün gemeinsam regieren, spielt ja in Wien Geld überhaupt keine Rolle mehr). Die nun mit Sicherheit einlangenden Hinweise, dass all diese Publizistenschulen ganz einmalige Schwerpunkte haben, dürfen als reine Semantik und Rosstäuscherei ignoriert werden.
Die Publizistik-Ausbildungen nennen sich zwar fast überall anders, auch ist das akademische Profil unterschiedlich. Auch sind manche nur schlecht (wie etwa seit Jahrzehnten jene an der Wiener Uni), manche weniger. Gut und von internationalem Rang ist jedoch keine einzige.
Eine bezeichnende Anekdote am Rande: Am Wiener Gürtel wurde vor einigen Jahren eine Wirtschaftskammer-nahe Publizistik-FH geschaffen, vor deren Gründung ich zu einer ausführlichen Stellungnahme eingeladen worden war. Monate später bekam ich dann noch einen Dankesbrief, dass nicht zuletzt auf Grund meiner Empfehlungen nun die Fachhochschule endgültig gegründet werde. Muss ich extra betonen, dass ich in Wahrheit vehement vor einer weiteren solchen Journalisten-Ausbildung als Geldverschwendung gewarnt hatte?
Aber das Spiel ist immer dasselbe (und läuft in anderen Studienrichtungen, von der Politologie über die Geschichte und Germanistik bis zur Pädagogik genauso): Da viel zu viele Publizisten ausgebildet werden, gibt es viele Absolventen, die sich zumindest in neuen akademischen Arbeitsplätzen einen Job als Professor erhoffen. Worauf sie so lange lobbyieren, bis ein ahnungsloser Politiker eine solche Ausbildungsstätte genehmigt. Dort werden dann wieder noch mehr Publizisten ausgebildet. Und um ja mit großen Zahlen protzen zu können, wird das Studium extrem leicht gestaltet. So leicht, dass dort nicht einmal ein Herr von und zu Guttenberg seine Dissertation fremdarbeiten lassen müsste. Eine prominente Absolventin der Wiener Publizistik hat mir einmal gestanden, dass sie nie länger als zwei Tage für irgendeine Prüfung gelernt hat.
Die Publizistik-Ausbildung ist inhaltlich so schlecht, dass vor einigen Jahren bei einer Zusammenkunft mehrerer Chefredakteure alle einig waren, dass ihnen für den Redaktionsnachwuchs alles lieber ist als Publizistik-Absolventen. Aber öffentlich äußern die meisten ihre Kritik eher nicht, weil so manche durch Lehraufträge an irgendwelchen Publizistik-Instituten ihr kärgliches Salär aufbessern.
Woran auch die Tatsache nichts ändert, dass sich die Klagenfurter Publizisten nun bei ihren Kollegen im ganzen deutschen Sprachraum Atteste bestellt haben, wie toll, einzigartig und unersetzlich sie wären.
Aber zugegeben: Wem es nur darum geht, leicht und schnell zum Magister zu werden, der ist bei den Publizisten noch immer am richtigen Platz. Etwa wenn er über einige Parteizwischenstationen ÖBB-Generaldirektor werden will.
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Auf der Währinger Straße in Wien, zwischen Sensengasse und Josephinum, ist derzeit ein Neubau im Enstehen, der demnächst die Publizistik der Universität Wien beherbergen wird. Wenn ich mich richtig erinnerere, werden bei dieser Gelegenheit auch vier Professoren neu berufen. Munter werden hier - auf Steuerkosten - weiter akademisch "gebildete" Taxifahrer, "Volx-Köche", etc. herangezüchtet.
Gleichzeitig herrscht bei anderen (z.B. naturwissenschaftlichen) Studienrichtungen ein ständiges Raumproblem. Allerdings können Fakultäten, deren Absolventen sehr gute Berufschancen haben, eben nicht mit den "Studenten"-Zahlen pseudowissenschaftlicher Richtungen auftrumpfen, was wohl nicht zuletzt daran liegt, dass man bei einem echten Studium für Prüfungen erheblich länger als zwei Tage lernen muss, ja sogar - horribile dictu - durchfallen kann!
Wenn die Universität Wien wieder einmal über Geldmangel klagt, sollte man sie daran erinnern wofür sie sehr wohl genug Geld hat (und wofür nicht).
Um das Klagenfurter Publizistik-Institut wär's aber echt schade: Dort bekommen PlagiatorInnen, wenn sie auffliegen, wenigstens noch eine Ausgleichszahlung (siehe http://derstandard.at/2807390 ). - Ja, liebe Poster, sollen denn PlagiatorInnen in Zukunft mittellos auf der Straße stehen? Und jahrelang an neoliberaler Ausgrenzung und Ächtung leiden? Oder gleich in der sozialen Kälte verrecken? Erschreckend, was für eine Hetze sich in diesem Forum ausbreitet!
Da bleibt wohl keine andere Wahl:
Das ORF-Personal muss aufgestockt werden. Der Landeskulturbeitrag als Bestandteil der ORF-Zwangsgebühren muss um eine Solidarkomponente für notleidende Lebenskünstler-Journalisten und Journaillistik-Institute erweitert werden.
Erste Bürgerpflicht sei fortan nicht nur mindestens ein ORF-"Abo", sondern auch ein Zeitungsabo von der tiefschürfenden Art, sei es die "WZ", die reichhaltige Auswahl der Wiener Bezirksblätter oder überhaupt lachsrosa. Eine Journaillistik-Evaluierungskommission möge überdies die Chancen für hier nicht genannte Mitbewerber wahren ...
Nach wie vor schmökere ich gerne im Karriere-Index:Wirtschaft , der Berufsaussichten für Akademiker in der Wirtschaft in Österreich angibt (http://www.wegweiser.ac.at/studium/karriere/ ), konkret: „mit welcher Wahrscheinlichkeit eine Stelle innerhalb der Studienqualifikation und des Qualifikationsniveaus innerhalb eines Quartals auf Grund der spezifischen Gegebenheiten des studienfachbezogenen Arbeitsmarktes gefunden werden kann“.
Dieser Index wird erstellt auf der Basis des TopJob-Monitoring von unikat.at, das - zusätzlich zu Daten von Statistik Austria - ca 95% aller aktuellen Stellenausschreibungen für Akademiker in Jobbörsen, Tageszeitungen und Home-Pages in Österreich auswertet.
Die letzten Daten (Quartal 3/10; 100 % = gleich viele Angebote wie Studienabgänger):
Für den Großteil der naturwissenschaftlich/technischen Fächern gibt es nicht ausreichend Abgänger um die Nachfrage zu befriedigen – Spitzenreiter sind hier:
Elektronik/ Automation (FH): 313,5 %
Maschinenbau: 241,5 %
Chemie: 172 %
Informatik /Software (FH): 172 %
Dagegen liegt die Wahrscheinlichkeit, daß ein fertiger Publizist innerhalb eines Quartals einen adäquaten Posten in der Wirtschaft findet, bei 6,3 %, für einen Soziologen bei 5 %, für einen Abgänger von „Audiovisuelle Techniken und Medienproduktion (FH)” bei 1,5 % und für einen Politikwissenschafter bei 1,2 %. (Für Politikwissenschaft wird daraus eine durchschnittliche Bewerbungsdauer von ca. 249,9 Monaten berechnet um eine Vollzeitstelle in der Wirtschaft innerhalb der Studienqualifikation für das Studienfach zu erhalten.)
Wie kann man unsere Jugend zu Studienrichtungen mit so geringen Erwerbsaussichten nur ermuntern und ihr Institutionen für eine immer größer werdende Zahl an Studierenden bauen! So viele Abgänger können auch nicht in den ausufernden Sümpfen von NGO’s und politischen Parteien aufgefangen werden.
So much is rotten in the state of Austria!
Auch aus absolvierten publizisten kann etwas werden, wenn schon nicht journalist, dann wenigstens ÖBB-Generaldirektor. Heutzutage kann man top-manager werden ohne auch nur einen hauch von betriebswirtschaft zu verstehen, hauptsache man schlägt schaum und gibt sich dynamisch. Von jedem gastwirt verlangt man einen befähigungsnachweis, nur an der spitze von unternehmen treiben sich viele leute herum, die nicht einmal ein kassabuch lesen können....die ergebnisse sieht man ja dann (zb flughafen wien).
Niemand käme auf die idee einen chirurgen zu engagieren, der keine anatomiekenntnisse hat......in der wirtschaft und in der politik geht das natürlich...und so treibt sich ein publizistikabsolvent und politgünstling an der spitze der ÖBB herum oder ein studierter musikpädagoge als finanzlandesrat von niederösterreich......und eine handelsschülerin und zahnarzthelferin als infrastrukturministerin (stolz wird auch berichtet, dass die doris eine gesamtschule absolviert hat...was immer das heißen mag)
Man sollte auch nicht die vielen, schönen "Management-"Studien vergessen; z.B. "Entrepreneurship", "Unternehmensführung", "Tourismus", "Event-" und -auch ein "PhD-Management" wird angeboten. Ganz zu schweigen von den unzähligen "Lehrgängen universitären Charakters" wie z.B. Event, Health Care, European Logistics and Transport, etc. M.a.W., es gäbe viel zu tun.
Jeder sein eigener Manager, ein Häuptling auf 2 Indianer oder: beim Kauf eines Hinkelsteins 2 Sklaven gratis.
Die Karrierepfade sind oft verschlungen, manch einer plagt sich mit einem Hungerleiderstudium und bringt nichts weiter.
Nicht so Christian Kern, der seinen Magister für Publizistik in der Tasche hat und heute ÖBB-Generaldirektor ist. Der Standard bescheinigt ihm darüber hinaus einen exzellenten Musikgeschmack - Mozart, Green Day, Radiohead und sogar Deutschrock haben einen Platz in seinem Leben gefunden. Diese Stilsicherheit qualifizierte ihn fürs Marketing, beim Verbund warteten sie schon lange auf so jemanden. Und so kam er zum Verbund, wo er alsbald bis an die Spitze vorstieß. Der Wechsel zur ÖBB als Generaldirektor war von da her nur mehr ein Klacks. Über Nachweise, die eine Befähigung für diesen Wechsel bezeugen könnten, äußert sich der Standard nicht. Wahrscheinlich ist es einfach das Gesamtpaket.
http://derstandard.at/1267743631579/Kopf-des-Tages-Christian-Kern