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Die Rentenenten und die jungen Alten

Viele Menschen, die normalerweise wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen, fürchten eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters. Ihr Argument: Die Älteren finden keine Jobs mehr, sie werden oft aus dem Job gedrängt.

Daher lehnen sie Änderungen ab – obwohl das durchschnittliche Pensionsantrittsalter in Österreich volle vier Jahre unter dem EU-Schnitt oder dem schwedischen Niveau liegt. Was eigentlich den dringenden Handlungsbedarf klar machen müsste – leben doch die Österreicher überdies länger als die meisten anderen Europäer (und studieren auch viel länger). Das Pensionssystem ist am Kollabieren, weil nur noch drei Viertel der Pensionszahlungen durch hereinkommende Beiträge gedeckt sind.

Da in den nächsten Jahren die Babyboomer in Massen in Pension gehen, wird das Missverhältnis noch viel krasser werden. Gleichzeitig haben das Budgetdefizit und die Staatsverschuldung schon lebensgefährliche Ausmaße angenommen (trotz aller Vorwahl-Propaganda). Der Spruch von den sicheren Renten erweist sich als eine der größten Politikerenten.

Allerdings zeigen die Statistiken überdurchschnittlich viele Ältere ohne Arbeitsplatz. Das scheint ja zu beweisen, dass die Reform-Skeptiker in dieser Hinsicht doch recht haben.

Dieses Phänomen hat aber zwei ganz andere Ursachen: Die erste ist die Tatsache, dass ein früher Pensionsantritt  ja durchaus den Wünschen vieler Menschen entspricht. Erstaunlich viele über 50-Jährige wollen möglichst rasch zum alten Eisen zählen. Sie sind sich daher oft aus vollem Herzen mit den Arbeitgebern über eine baldige Pensionierung einig.

Zweitens setzen die von der Gewerkschaft erkämpften Kollektivverträge und Besoldungssysteme völlig falsche Anreize: Sie machen in vielen Branchen einen 60-Jährigen doppelt so teuer wie einen 30-Jährigen. Der eine hat zwar die Erfahrung, der andere aber die Dynamik und Bereitschaft zu Innovation – was für Arbeitgeber mindestens gleich wertvoll ist. Überdies wird der 30-Jährige, der sich eine Familie aufbaut, viel eher zu den oft notwendigen Überstunden bereit sein als der Ältere.

Zusätzlich ist es rechtlich viel schwieriger, ältere Mitarbeiter zu kündigen als jüngere.

All das veranlasst logischerweise jeden Arbeitgeber, primär jüngere Mitarbeiter zu suchen und älteren ein finanziell attraktives (psychologisch aber demotivierendes) Angebot zu machen zu gehen.

Diese Malaise würde sich automatisch und radikal ändern, wenn man nicht schon mit 52 (siehe ÖBB und einige andere öffentliche Bereiche) oder 58 Jahren in Pension gehen kann, sondern wirklich erst mit 65. Oder mit 67 oder 70, wie es anderswo zum Teil schon beschlossen ist.

Wenn man aber darauf wartet, dass sich die Verhältnisse ändern, bevor man die Rahmenbedingungen ändert, dann werden wir auch noch 2050 ein ungelöstes Pensionsproblem haben. Obwohl die Republik inzwischen schon zweimal bankrott war.

 

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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