Unter dem Titel “Kontroverse” gibt es in jeder Freitag-Ausgabe der Salzburger Nachrichten eine Doppelkolumne, in der Katharina Krawagna-Pfeifer und ich jeweils zum gleichen, von der SN-Redaktion vorgegebenen Thema schreiben. Und zwar ohne dass man gegenseitig die Texte vorher kennt.
Diese Woche steht die “Kontroverse” unter dem Titel:
Soll der Staat Leistungen privatisieren?
In der Folge finden Sie die beiden – unverändert wiedergegebenen – Kolumnen. Dadurch soll dieser kreativen und spannenden Idee auch hier ein Forum gegeben werden.
Gier zulasten aller
Katharina Krawagna-Pfeifer war Innenpolitikerin der SN, Innenpolitikchefin sowie Leiterin des EU-Büros des “Standard” und SPÖ-Kommunikationschefin. Sie arbeitet jetzt als Publizistin und Kommunikationsstrategin (kkp.co.at).
Der Markt regelt nicht alles, sondern neigt zu Extremen und bedarf der Regulierung. Manche Bereiche in einer zivilisierten Gesellschaft werden daher nicht den auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Privaten überlassen, sondern vom Staat beziehungsweise den Kommunen erledigt. Sie sind für jede Bürgerin und jeden Bürger von eminenter Bedeutung. Funktionieren sie nicht zuverlässig, führt dies zu täglichem Chaos. Man denke an die Abfallbeseitigung, die Versorgung mit Gas und Wasser, die Errichtung und der Betrieb von Schulen, Kindergärten, Krankhäusern und viele andere Aufgaben der Daseinsvorsorge.
Dass diese am besten von der öffentlichen Hand, namentlich den Gemeinden erfüllt werden, diese Erkenntnis ist nicht neu. Sie wird aber regelmäßig von den Propheten des Killerkapitalismus in Frage gestellt. Sie predigen die Privatisierung kommunaler Dienstleistungen und begründen dies gerne mit dem Argument der Effizienzsteigerung sowie dem Versprechen, dass alles billiger und besser werde.
Das Gegenteil ist der Fall, wie das Paradeland der Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen zeigt. In Großbritannien wurden sogar der öffentlichen Verkehr und die Wasserversorgung privatisiert. Mit dem Ergebnis, dass alles teurer und die Qualität der Leistungen viel schlechter wurde. Europaweit hat die Liberalisierung des Strommarkts nicht zu Zerschlagung der Monopolisten geführt, sondern es haben sich Oligopole gebildet, die erst recht nicht kontrolliert werden können. Ganz zu Schweigen von den Auswirkungen der Deregulierung der Finanzmärkte, die zur globalen Wirtschaftskrise geführt hat
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Wer jetzt noch immer nach der Privatisierung der so wichtigen öffentlichen Leistungen der Daseinsvorsorge ruft, handelt grob fahrlässig. Man kann dies auch Raffgier auf Kosten der Allgemeinheit nennen.
Die Beweise sind überwältigend
Andreas Unterberger
Jede Wette: Die Finanznot der österreichischen Gemeinden wird diese sehr bald bei vielen ihrer Ausgabeposten zu radikalen Maßnahmen zwingen. Wo Privatisierungen noch zu den eher harmlosen zählen werden.
Auch der damals sehr mächtige Wiener Finanzstadtrat Rieder hat einst in einer Diskussion zugegeben: Kommunale Dienstleistungen wären um zehn bis zwanzig Prozent billiger, würden sie privatisiert. In Wahrheit ist die Differenz noch viel größer, wie Hunderte Beispiele zeigen.
Man schaue sich nur die Aufwärtsentwicklung der AUA an, seit die Politik dort nichts mehr mitzureden hat, seit dort die Betriebsräte über Nacht notgedrungen kooperativ geworden sind. Man schaue sich die Entwicklung fast aller einst verstaatlichten Industrien an. Man schaue sich die Donauschifffahrt an. Man schaue sich an, wie viel effizienter und billiger private Spitäler sind. Man schaue sich als gegenteiliges Beispiel die ÖBB an, die bei schlechter Dienstleistung alljährlich Milliarden an Steuergeld verschlingt.
Der bewiesene Erfolg von Privatisierungen ist so überwältigend, dass jene zwei, drei Prozent, wo - wie überall - auch etwas schiefgeht, überhaupt keine Beweiskraft haben.
Es gibt es keinen Grund, warum die Vorteile der Privatisierung nicht auch bei Schwimmbädern, Müllentsorgung, Abwasseraufbereitung, Stromversorgung & Co funktionieren sollte. Würde das dümmliche Argument stimmen, dass dann die Grundversorgung gefährdet wäre, dann müsste man von Brot bis Milch alles verstaatlichen. Denn die sind noch wichtiger als der Müll.
Opfer einer Privatisierung sind nur Betriebsräte und Parteien, die viel an Macht verlieren, die sich nicht mehr bereichern können. Und die Politiker, die nicht mehr so tun können, als ob sie es wären, die den Bürgern ein Schwimmbad schenken. Und die dann gewaltige Schulden hinterlassen.
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@ Frau Krawagna-Pfeifer
Es wird die Unwahrheit wiedergegeben, um die Apparatschiks und Parteien, die zu Lasten aller enorm viel Kosten und bisher 220 000 000 000 EURO Schulden eingebracht haben, zu schützen.
@ Dr. Unterberger
Völlig richtig, das Einzige, was in der kommenden Not, die uns Parteien und Staat eingebrockt haben, wird der Private sein, der die Sippschaft am Leben erhält.
Ist der Private doch der einzige Zahler, der auf dem Plus der staatlichen Bilanz steht. Der Staat steht nur auf der Minusseite als Nehmer und mit ihm der ganze Dunstkreis der Apparatschiks und Funktionäre, der Klientel, der Privilegierten.
Der Begriff PRIVATIVIERUNG wird bei vormals zu 100% im Eigentum der öffentlichen Hand befindlichen Unternehmen bzw. von den Gebietskörperschaften geleisteten Dienstleistungen vielfach missbraucht. Obwohl z.B. die Post oder der Flughafen Wien einen Teil der Aktien an private Investoren verkauft hat, haben die Politiker und Gewerkschafter dort immer noch das alleinige sagen. Auch bei sog. Ausgliederungen, wo Kommunen eigene Gesellschaften gründen, wird nur getrickst.
Während KKP für die Befriedigung aller Grunddienstleistungen nur Staat, Land und Gemeinde als die idealen Verantwortlichen sieht, möchte AU dies alles völlig dem freien Markt nach dem Angebot-Nachfrage-Prinzip überlassen. Ich meine, die meisten (nicht alle!) Leistungen machen private Unternehmen besser und preiswerter. Der Staat soll und muss sich dabei auf die Vorgaben und Kontrollen beschränken. Dies bedeutet, dass zur Ausübung von solchen Leistungen bestimmte Vorgaben eingehalten werden müssen und diese auch von dafür vorgesehenen Stellen (wie z.B. bei einer Regulierungsbehörde) kontrolliert werden.
Die von KKP genannten Beispiele der britischen Eisenbahnen und der dortigen Wasserversorgung waren in der ersten Phase deshalb negativ, weil man die eben genannten "Spielregeln" nicht hatte. Inzwischen klappt es dort. Auch die Einrichtung von Postpartnern in Österreich funktioniert nun fast überall tadellos, meist wird den ehemaligen Postamtskunden sogar ein besseres Service geboten. Es stimmt aber der letzte AU-Absatz, dass dort nun Gewerkschaft und die Parteien viel an Macht verloren haben.
Beim Durchlesen der Zeilen von Frau KKP dachte ich zuerst an Gegenargumente, aber spontan fiel man dann eigentlich nur eine Frage ein.
Ist sie Kommunistin?
Ein Labsal dagegen der Kommentar von A.U. Natürlich geht bei Privatisierungen auch etwas schief und wenn es Verdachtsmomente gibt, ist das vor Gerichten zu klären.
Spannender sind noch die Themen der Korruption und Bestechung. Diese sind eigentlich nur gesellschaftlich und schrittweise durch eine Vielzahl von Maßnahmen zu vermeiden.
Insbesondere auch durch den Aufbruch des großkoalitionären und sozialpartnerschaftlichen Systems, das nur einer PC-korrekten Elite unter sich den Informationsvorsprung bei Privatisierungen ermöglicht.
Eine andere sehr spannende Thematik ist der Gegenstand von Privatisierungen. Der Strommarkt und teilweise auch die Telekommunikation zeigen einige Grenzen auf, da diese Infrastrukturen nur mit enormen finanziellen Mitteln über Jahrzehnte aufgebaut werden konnten.
Dennoch kann man in diesen Bereichen auch sehr erfolgreich privatisieren. Beispielsweise ganz Einheiten oder Dienstleistungen.
Schöner kann man sie nicht aufzählen,
"Sie sind für jede Bürgerin und jeden Bürger von eminenter Bedeutung. Funktionieren sie nicht zuverlässig, führt dies zu täglichem Chaos. Man denke an die Abfallbeseitigung, die Versorgung mit Gas und Wasser, die Errichtung und der Betrieb von Schulen, Kindergärten, Krankhäusern und viele andere Aufgaben der Daseinsvorsorge."
die Hitliste der Steuergeldvernichtungsmaschinerie mit garantierter Ineffizienz.
"Der Markt regelt nicht alles, sondern neigt zu Extremen und bedarf der Regulierung."
Muss man nach diesem ersten Satz eigentlich noch weiterlesen? Darin spiegelt sich doch bereits das Credo eines Etatisten und somit des überwältigenden Teils der Gesellschaft.
Wenn dieser Satz stimmen würde, wäre doch die Frage, warum in Ländern mit zumindest einem Restanteil von Kapitalismus noch niemals Hungernöte aktenkundig wurden. Wo verhungerten bzw. verhungern die Leute? Überall dort, wo Autokratien, Sozialisten und Kommunisten herrschten und herrschen.
Warum also überlässt man eine überlebenswichtige Entscheidung wie jene der Nahrungsmittelproduktion zumindest teilsweise den Märkten und reguliert und plant die Produktion nicht, wie es zB im Ostblock der Fall war? DIe Antwort ist natürlich simpel: Weil es nicht funktioniert und etwa das riesige, an fruchtbaren Böden reiche Russland während des Kommunismus Weizen von den bösen USA importieren musste, damit die Leute nicht verhungerten.
Bezeichnend auch der letzte Satz:
"Man kann dies auch Raffgier auf Kosten der Allgemeinheit nennen."
Putzigerweise meint die Autorin damit nicht den Staat, seine Freunde und Lobbyisten, sondern ausgerechnet den teilweise (noch) freien Markt, der Waren und Dienstleistungen zu leistbaren Preisen und in hervorragender Qualität anbietet, ja, anbieten muss, um bestehen zu können.
"Raffgier auf Kosten der Allgemeinheit" wuchert in durchs staatliche Gewaltenmonopol geschützen Bereichen, nicht auf Freien Märkten. Aber das sind unbequeme Wahrheiten, die mit Phrasendreschereien zugedeckt werden müssen.
Viele Städte und Gemeinden haben die früher unter eigener Hoheit betriebenen Dienstleistungen "ausgelagert", sprich: Gesellschaften gegründet. Damit hat man den Vorteil, weiterhin 100%igen Einfluss auszuüben, aber frühere Regelungen, wie Prüfung durch eigene Kontrollore, Pragmatisierung usw. zu vermeiden. In manchen Gemeinden ist da z.B. der Bürgermeister gleichzeitig auch Hauptgeschäftsführer dieser "Tochtergesellschaft" und kann sich so sein monatliches Einkommen vergrössern.
Die Stadt Wien hat neben "Fonds Soziales Wien" noch über die "Wiener Holding" Kontrolle über viele Dutzende von Gesellschaften, wobei auch dort alles exekutiert werden muss, was sich z.B. Michael Häupl oder Renate Brauner wünschen. Damit können auch Geldflüsse (z.B. Subventionen oder Wahlkampfhilfen) leicht verschleiert werden und die Stadt ist niemandem Rechenschaft schuldig.
Auch diese Beispiele zeigen die Kehrseiten der so genannten Privatisierungen.
Wozu noch darüber nachdenken! Wohin Verstaatlichung führt, konnten wir anhand des Experiments im ehemaligen Ostblock 1:1 sehen und ich verstehe nicht, daß es noch Menschen gibt, die aus dieser Erfahrung nicht klüger werden.
Ewiggestrige "Kumerln" sind offensichtlich lernresistent