Es ist kaum mehr als ein Jahrzehnt her. Und doch erscheint alles, was vor 1996 war, wie die Steinzeit. Telephonie war ein staatliches Monopol. Mobiltelephonie war nur in katastrophaler Qualität und nur zu mörderischen Preisen möglich. Wer einen neuen Anschluss wollte, tat gut daran, prominent zu sein oder Beziehungen zu haben. Sonst dauerte es Monate, bis ein nicht gerade serviceorientierter Beamtentrupp erschienen ist. Und man bekam einst oft nur ein Viertel-Telephon, das jeweils nach zehn Minuten abschnappte.
(Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“. Diesmal ist sie dem Thema "Telekom und Privatisierung“ gewidmet.)
Es war wie der Wechsel von der Pferdekutsche zu Eisenbahn und Auto. Heute wird man von Telekom-Gesellschaften umworben; den Kunden wird fast jeder Wunsch prompt erfüllt, obwohl die Zahl der Mitarbeiter um Tausende gesunken ist; in Österreich telephoniert man so billig wie nur in wenigen anderen Ländern; und die Telekom-Gesellschaften machen dennoch ordentliche Gewinne.
Wie war diese Zeitenwende möglich? Durch drei Zauberworte: Privatisierung, Wettbewerb und technischer Fortschritt. Wobei Letzterer primär der Privatisierung zu verdanken ist. Denn nur die Aussicht auf die – für manche Menschen urbösen – Profite hat die Firmen zu gewaltigen Investitionen veranlasst.
Das Telephon ist damit zum Vorzeigeprojekt der neoliberalen Privatisierung geworden. Diese fand in fast allen Ländern statt und ist in Österreich besonders gut geglückt. Was man nicht nur an den Preisen ablesen kann, sondern auch daran, dass die Telekom, also das einstige träge staatliche Monopol-Amt, (vor allem über ihre Mobil-Tochter) zu einem europäischen Player geworden ist.
Vor diesem Hintergrund nehmen sich die einstigen ideologischen Schlachtrufe – „Die Grundversorgung ist gefährdet“, „Kein Verkauf von Tafelsilber“ – nur noch grotesk aus. Zumindest wenn man die Interessen von Konsumenten, Steuerzahlern, aber auch Investoren primär setzt.
Anders sieht es für die dort beschäftigten Beamten aus. Denn viele von ihnen bekommen tagtäglich demonstriert, dass sie eigentlich überflüssig sind. Was natürlich eine frustrierende Lebensperspektive ist. Die mutigeren und motivierteren unter den „Post-Beamten“ haben sich daher auch neue Berufe gesucht, oder wechseln in andere Beamten-Karrieren. Aber noch immer hat die Telekom Tausende Beamte zuviel. Die sich dagegen wehren, den vergoldeten, aber deprimierenden Käfig einer Beamtenlaufbahn zu verlassen. Die aber nicht mit den neuen Mitarbeitern Schritt halten können oder wollen.
Was wieder einmal bestätigt: Das Modell „Beamter“ ist ein längst überholtes. Es bringt wenig Leistung und kostet viel.
Wie viel besser wären etwa unsere Schulen, wenn die Lehrer nach Leistung bezahlt würden (also danach, was ihre Schüler am Ende mehr können als am Anfang), und wenn man sich von unfähigen trennen könnte. Letztlich wissen wir alle: Ein bisschen Angst um den eigenen Arbeitsplatz ist unglaublich gut für den Einsatzwillen, die Kundenorientierung und Kreativität.
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Ein Beitrag, über dessen Überlänge ich vorweg um Verständnis ersuche, doch das Thema ist mir ein Herzensanliegen.
Auch bei Schulen wäre Privatisierung letzlich die einzig richtige Maßnahme, um die Effizienz zu erhöhen. Zu erwägen wäre etwa die Ausgabe eines Bildungsschecks an Eltern , die die Wahl hätten, unter verschiedenen miteinander in Konkurrenz stehende Schulen diejenige zu wählen, die das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Diejenigen mit den effizientesten Lehrkörpern würden sich behaupten. Sie würden ihre besten Lehrer „halten“ und die anderen kaum weiterbeschäftigen.
Dem Staat käme das System mit Sicherheit viel billiger als die derzeitige Steuermittelvertilgungsmaschinerie mit ihren unendlichen Leerläufen, selbstzweckhaften Bürokratiehypertrophien, der flächendeckenden Verpolitisierung und den permanent verunsichernden Ideologiediskussionen.
Doch als unbedingte Voraussetzung müsste die wichtigste aller Schulreformen durchgeführt werden, unvergleichlich wichtiger als „Diffenziertes Schulwesen / Gesamtschule oder Bund/Länder-Zuständigkeits-Entscheidung: Die strikte, auch personelle Trennung von lehrender und prüfender (= Berechtigung zuteilender) Instanz: In der gegenwärtigen Struktur der Personalunion dieser im Grunde unvereinbaren Funktionen auf Basis des weit verbreiteten Berechtigungsdenken in der Öffentlichkeit (guter Lehrer/gute Schule heißt: Möglichst ohne Gegenleistung Berechtigungen zu verschleudern) mit ihrer unsäglichen Selbstdeklaration von „Unterrichtserfolgen“ wäre ein solches Modell noch schlechter als das Gegenwärtige! Allzu oft werden diese aus begründeter Angst vor „Schwierigkeiten“, auf De-Facto-Weisungen hin oder aus „vorauseilendem Gehorsam“ geschönt. Jede Schule giert nach „Werteinheiten“, die an der Schülerzahl hängen, und ist daher erpressbar.
Die „prüfende Instanz“ müsste frei von Ideologie und Parteipolitik (welch penetranter Gegensatz zu heute) und - strikt dem Gesetz verpflichtet – nicht relativierbare Leistung für entsprechende Berechtigungen fordern. Nur so sind Bildungsabschlüsse vergleichbar, nur so werden Lehrer zum Partner des Schülers, nur so können objektivierbar Erwartungen der Nachfolgeinstanzen (Arbeitgeber, Universität) an die Absolventen und Vertrauen dieser in ausgestellten Atteste sichergestellt werden, nur so werden Anforderungen nicht – wie derzeit – unendlich relativiert, nur so lassen sich effiziente von nicht effizienten Lehrern scheiden; aber keineswegs, indem es Parteifunktionären (Direktoren, Landesschulinspektoren; allfällig auch Elternvereinsfunktionären, „Kollegen“ mit Kindern an der Schule etc.), mancherorts unterstützt von manipulierten Lokalenmedien, in der gegenwärtigen Struktur leichter gemacht wird, Unerwünschte loszuwerden. Zu den Exponierten gehören derzeit tendenziell diejenigen, die (gleichmachenden) Ideologien nicht entsprechen, nicht parteigebunden ist, lokalen pressure Groups nicht nachgeben, V.I.Ps Berechtigungen bei Nicht erbrachten Leistungen verwehren (müssen), seríös-unspektakuläre Schülerleistung der schaumschlagenden Show vorziehen.
Ein Blick auf Fahrschulen lohnt: Dort ist unbestritten, dass die Fahrschule nicht selbst Prüfer samt relativierenden Anforderungen stellen kann. Eine externe Kommission muss es sein, die unbestechlich Anforderungen sichert. In anderem Fall würden sich Fahrschulen durch Manipulation der Prüfungsergebnisse und Beliebigkeit der Anforderungen als „erfolgreich“ erklären könne, um wirtschaftlich zu reüssieren. (Fiktiver Werbespruch: „machen Sie bei uns den Führerschein, bei uns bekommt ihn JEDER“).
Bezeichnend die Situation an en in Österreich noch spärlich vorhandenen „echten“ Privatschulen (das sind solche ohne Öffentlichkeitsrecht, die ihre Schüler zu externe Prüfungskommissionen schicken): Gerade „fordernde“ Lehrer, welche im öffentlichen System notorisch Schwierigkeiten bekommen, werden dort infolge Hocheffizienz mit Gold aufgewogen ... ! Und diese benötigen Pragmatisierung als Berufsschutz nicht.
Geschieht aber im Schulwesen diese Trennung nicht, erscheint selbst das derzeitige unbefriedigende System noch als geringeres Übel. In den gegebenen Strukturen benötigen Lehrer, solange sie selber Berechtigungen vergeben bzw. (gesetzeskonform bei Nicht-Erbringung von Leistung) verwehren, sehr wohl einen Berufschutz, um nicht jederzeit „abgeschossen“ zu werden; Pragmatisierung ist so keineswegs Faulbett, sondern in bestimmten Bereichen condicio sine qua non des Rechtsstaates. Es ist ein fataler Irrtum, zu glauben, die gesetzeskonform fordernden, sorgfältig auf Konkurrenzfähigkeit ihrer Schüler bedacht nehmenden Lehrer seien unangreifbar. Das Gegenteil ist der Fall: System und Bevölkerungsmentalität begünstigt eindeutig Show-Künstler, die bereit sind, Prüfungen regieartig zu inszenieren und gute Noten ohne leistungsmäßige Bedeckung zu geben, und Schulen mit Dumping-„Anforderungen“ und exponiert die „Fordernden“. Das ist die Wahrheit. Unfähige, faule, notorisch schlecht vorbereitete, unpünktliche Lehrer sollten tatsächlich raus aus dem System; diese aber werden gegenwärtig eher gehalten: So lange sie keine negativen Noten geben, haben sie Angriffe nicht zu erwarten.
Also: Hire and Fire zu fordern, ohne vorweg das Gesamtsystem grundsätzlich umzustellen, wäre fatal.
Ich appelliere an alle, die – gut gemeinte Neuerungsvorschläge zum Schulwesen machen, diesen Aspekt zu berücksichtigen.
Werter Herr Unterberger!
Alle Vernünftigen, die in dieser Republik nach Reformen rufen, sind Rufer in der Wüste. In dieser Republik wird sich nichts zum Guten, nichts zum vernunftmäßig Richtigen ändern.
Es wird keine gute Schulreform kommen!
Es wird keine leistbare Krankenkassenreform kommen!
Es wird keine Pensionssicherungsreform kommen!
Und es wird keine Verwaltungsreform kommen.
In Österreich wird alles beim Alten bleiben.
Herr und Frau Österreicher sind der Meinung: Reformen ja, aber nicht bei mir.
Die Privilegienritter dieser Republik haben alles fest in ihrer Hand und lassen sich ihre vermeintlich wohlerworbenen "Rechte" nicht nehmen und verteidigen diese mit aller Macht.
Die politischen Parteien, die Bünde, die Gewerkschaften, die Kammer, die Vereinigungen klammern sich mit aller Macht an Ihre Privilegien.
Der Pessimist
Ich bin kein Verfassungsrechtler, ich bin kein Völkerrechtskundiger und weiß daher nicht, ob dies möglich ist:
Diese zweite Republik sollte sich so schnell wie möglich, noch bevor sie in den Abgrund stürzt selbst auflösen. Die Menschen, die in diesem Land leben, sollten gemeinsam die dritte Republik gründen und sich eine neue, bessere, demokratische Verfassung geben, ähnlich der Schweiz.
Der Optimist
Das Problem der Beamten in der Telekom (oder auch in der Post) ist vor allem ein übles und verantwortungsloses Spiel der Politik, denn der Beamte wird durch einen einseitigen staatlichen Hoheitsakt vom Staat (auf Lebenszeit) ernannt.
Der Staat hat im Zuge der Privatisierung den neuen Gesellschaften (Telekom, mobilkom, Post) die Beamten gleich mit in den Rucksack gepackt, in der Hoffnung, dass sich das Problem durch Zeitablauf oder durch stete Gewinne dieser Unternehmen irgendwie von selbst lösen würde.
Tut es aber nicht und eigentlich wäre der Staat in der Pflicht, Lösungen für die von ihm (!) ernannten Beamten zu finden.
Es gibt zwar ein paar halbherzige Versuche (Beamte von Post wechseln zur Polizei), nur gibt es keine "großen" und umfassenden Lösungen, weil in unserem Staat wieder einmal die üblichen Verhinderer und Besitzstandswahrer zu stark sind.
Und trotz aller hier angeführten, überzeugenden Argumente gibt es immer noch sozialistische Fundis, die doch bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit nach diversen Verstaatlichungen rufen und so gerne wieder politische Spielwiesen für ihre skurrilen Ideologien schaffen würden.
Man kann ihnen nicht oft genug entgegentreten und die Erfolgsbeispiele, welche Herr Unterberger hier aufzählt, vor Augen führen.
Da kommt mir sogleich noch ein verwegener Gedanke: vielleicht könnte man auch unser Gesundheitssystem sanieren, wenn man den Leistungswillen der niedergelassenen Ärzte insoferne anspornte, daß diese nur bezahlt werden, wenn der Patient gesund bleibt und nicht wenn er krank wird.
Allerdings hätte dann womöglich die Pharmaindustrie das Nachsehen! :-(
Technik und Schulbildung sind in Ö umgekehrt proportional. Die Technik ist in der Neuzeit angekommen, die Schulbildung wird auf Steinzeitniveau zurückgeschrumpft.
Und da soll mir einmal erklären, das mache für die Politiker keinen Sinn. Mithilfe der Technik und mangelnder Bildung ist es ein leichtes Unterfangen für unsere "Softdiktatoren" das Volk am Gängelband zu halten.
Der Beamte mit dem Tintenfaß und dem Ärmelschoner kommt schon noch vor, in der Gemeinde Wien zum Beispiel oder manchmal noch in Ministerien. Da gibt es Beamte, die pro Jahr nicht mehr als 30 Akten bearbeiten, weil nicht mehr anfällt und das nicht nur in einem Ressort.
Dazu ein kleiner Witz: Trifft ein Rathausbeamter einen anderen am Gang: 'Was Du auch hier draußen, kannst Du auch nicht schlafen ?'
Solange es die Pragmatisierung gibt, wird es dieses Beamtenszenario geben.
Ein Bundesministerium, das auf 'schlanke' Verwaltung was hält, zahlt doppelt, einmal den Beamten und einmal die Firma, die dessen Arbeit ausführt. Es zahlt doppelt, wie die Telekom, einmal für die pragmatisierten unfähigen, lernunwilligen und arbeitsunwilligen Beamten und einmal für die, die die Arbeit machen.
Diese Sorte der Nichtstuer oder der nicht Ausgelasteten hat enorm viele Krankenstände, Kuraufenthalte und sonstige Absenzen. Eines hat sie aber nicht, den Drang zum Lernen, zum Arbeiten, zur Erfüllung ihrer Pflichten, zum Beitrag an der Gemeinschaft.
Es soll auch unausgelastete Beamte geben, die nur ihr pragmatisiertes Beamtengehalt ohne Gegenleistung beziehen und nebenbei noch mehrere andere bezahlte Berufe ausüben.
Soviel zum negativen Überbleibsel aus der Monarchie.
Daß selbstverständlich auch in der Verwaltung viele verschiedene Berufe und Qualifikationen gebraucht werden, steht außer Zweifel und auch der Fakt, daß eine schlanke, effiziente und durchdachte Verwaltung dem Staat billiger kommt, als die derzeitige Verwaltungsblase mit den Privilegienrittern und Arbeitsverweigerern, mit den Doppelgeleisigkeiten und umständlichen Verfahren.
Es ist in der Verwaltung noch stärker der Parteieneinfluß und die Parteibuchwirtschaft das wesentliche Problem, als dies in so manchen zu Grunde gerichteten Firmen, wie Konsum, Semperit, AUA, Ankerbrot, etc. war.
Solange in Österreich kein Umdenken einsetzt und die Parteimeinung was Privates ist, solange wird dieses Postenschacher- und Postenschiebersystem mit all den negativen Auswüchsen wuchern und Schaden anrichten, Milliarden pro Jahr, von den Überzahlungen an vielen Stellen abgesehen.
Wir müssen die Bewältigung von Aufgaben als Arbeit betrachten und nicht den Empfang eines Gehaltes oder den Besitz eines Parteibuches. Zuerst die Leistung, dann das Gehalt !
@Robert Bond
Unsinn mal ZWEI! Niemand halbwegs intelligente Mensch (und das hat nichts mit seiner ideologischen Ausrichtung zu tun, sondern eher eine sehr subjektive Interpretation Ihrerseits) wird behaupten, daß "Krankheit überwiegend selbstverschuldet ist"! Denn sonst könnten ja nicht unschuldige Kinder zur Welt kommen, die sehr wohl schon an Krankheiten leiden.
Weiter möchte ich mich mit diesem Unsinn gar nicht beschäftigen! :-(