Spencers Law als Erklärung für den Klimahype

Es gibt bereits einige gute Erklärungsmodelle, die verdeutlichen, wie und warum um sich greifende Hysterien wie die derzeit grassierende Angst vor CO2 entstehen. Genannt wird dabei etwa die tief im Menschen verankerte Lust an der Apokalypse. Zu jeder Zeit in der Menschheitsgeschichte gab es teils größere, teils kleinere Menschengruppen, die davon überzeugt waren, das Ende der Welt stünde unmittelbar bevor und nur sie seien die Auserwählten, die das vielleicht noch verhindern könnten. Auch die Sehnsucht der Jugend nach Auflehnung und pubertärer Rebellion bei gleichzeitiger Integration in eine größere Gruppe, die dem "Guten" dient, spielt eine Rolle (siehe: hier oder hier).

Die Drahtzieher von "Fridays for Future" und dergleichen machen aber auch einfach einen handwerklich guten Job, sind politisch wie medial bestens vernetzt und haben das Ganze schon lange ausführlich geplant (siehe: hier).

Eine Erklärung von der man eher selten liest, die aber nützlich sein kann, um das Phänomen besser zu verstehen, ist Spencers Gesetz (im Original: "Spencers Law"). Der Namensgeber Herbert Spencer war ein britischer Philosoph des 19. Jahrhunderts. Als Universalgelehrter lieferte er Beiträge zur Evolutionstheorie, war ein Vorkämpfer für Kinder- und Frauenrechte, Empirist und neben John Stuart Mill einer der bekanntesten Liberalen Englands.

Sein Gesetz vermittelt vereinfacht gesagt die Stammtischweisheit "uns geht’s zu gut!". Je kleiner ein Problem tatsächlich ist, desto mehr Platz nimmt es in der öffentlichen Wahrnehmung ein (im Original: "The degree of public concern and anxiety about a social problem or phenomenon varies inversely as to its real or actual incidence" – "Das Ausmaß der öffentlichen Aufmerksamkeit und Besorgnis hinsichtlich eines gesellschaftlichen Problems verhält sich invers zu seiner tatsächlichen oder aktuellen Dringlichkeit").

Spencer hat seine Beobachtung mit vielen Beispielen aus seiner Zeit untermauert. Forderungen nach der Alkohol-Prohibition wurden erst laut, als der allgemeine Alkoholkonsum deutlich zurückging; je mehr die Armut im Vereinigten Königreich abnahm, desto lauter wurden die Rufe nach einem Ausbau des Sozialstaates; das Aufkommen von Feminismus begann erst, als sich die Lage von Frauen deutlich gebessert hatte.

Auch heute sehen wir Spencers Gesetz überall. Mehr denn je wird von weltweiter Armut berichtet und gesprochen. Die Armut ist global seit Jahrzehnten rückläufig, dennoch wird die Tonalität immer schriller, siehe etwa Protagonisten wie Jean Ziegler, ihre Rhetorik und ihren Zulauf. Wenn man die mediale Berichterstattung, Diskussionsrunden und Stammtischrunden verfolgt, könnte man glauben, der Welt gehe es immer schlechter, dabei ist bei quasi allen Faktoren das Gegenteil der Fall. Die Welt wie sie heute ist, ist viel lebenswerter, grüner, gesünder, reicher, kurz: "besser" als noch vor 100 Jahren. Dennoch entsteht der Eindruck, dass alles den Bach hinunter geht.

Bei der Klima- und Umwelthysterie verhält es sich ähnlich, sie ist geradezu ein Paradebeispiel für Spencers Gesetz. In den westlichen Staaten geht es der Umwelt immer besser. Der Waldbestand wächst, der Ausstoß von Schadstoffen nimmt rapide ab, die Müllverarbeitung wird immer effektiver, Autos werden immer sauberer und effizienter usw. Dennoch ist Umwelt- und Klimaschutz immer mehr und schriller im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung, obwohl doch alle Parameter stark positive Trends aufweisen. In Entwicklungsländern dagegen, wo Umweltverschmutzung tatsächlich ein großes Problem darstellt, interessiert sich niemand dafür.

Auch der große Liberale Roland Baader repliziert in seinem Buch "Totgedacht" Spencers Law als strukturelles Wahrnehmungsproblem und führt weitere Beispiele an.

Es bleibt die Frage, worauf dieser Effekt zurückzuführen ist und wie man sich selbst davor schützt. Eine mögliche Erklärung sind klassische Größeneffekte und Interventionsspiralen im Staat.

Ziehen wir etwa das Beispiel der Kammern heran. Sowohl Wirtschaftskammer als auch Arbeiterkammer schwimmen regelrecht im Geld. Sie sind so mächtig wie nie zuvor, lähmen das Land, dienen als Versorgungsstelle für gescheiterte Polit-Funktionäre und wurden (wenig überraschend) auch von Schwarz-Blau nicht angetastet. Doch je größer ihr Einflussbereich wird, desto größer wird auch die Sorge um ihre Privilegien. Es wird also immer mehr getan, um die eigene Vormachtstellung auszubauen, wodurch die Sorge um diese immer größer werdenden Privilegien noch mehr um sich greift, was dazu führt, dass man noch mächtiger werden will, um diese abzusichern und so weiter. Obwohl die Kammern objektiv immer noch mehr Geld und Einfluss erhalten, wird die Kritiksensibilität, die Furcht vor Machtverlust und dergleichen immer größer. Eine interessante Parallele also zu Spencers Law, die einen weiteren Teil der Erklärung liefern kann.

Ein anderer Teil der Antwort liegt natürlich in der medialen Berichterstattung. "Bad news are good news!" Und wenn es der Welt zu gut geht, um schlechte Neuigkeiten zu finden, dann muss man halt angestrengter suchen oder womöglich etwas konstruieren. Beispielsweise nehmen Naturkatastrophen gar nicht zu, man könnte allerdings diesen Eindruck gewinnen, weil Medien über jeden Hangrutsch in Kiribati oder Starkregen in Togo berichten.

Konstruierte Stories, die einen dramatischen Zustand vermitteln sollen, findet man wie Sand am Meer. Man nehme einen Einzelfall und bausche diesen besonders auf oder verwende eine selektive Methodik und sofort ist ein Riesenproblem herbei geschrieben.

Zuletzt schließt sich der Kreis mit der bereits angesprochenen Lust an der Apokalypse. Gerade für Menschen im tristen Alltagstrott muss es geradezu befreiend sein, plötzlich Probleme zu sehen, die keiner vor ihnen bisher beobachtet hat. Das gibt ihrem Leben einen Sinn. Man fühlt sich endlich als etwas Besonderes. Der Untergang steht kurz bevor und nur man selbst und ein paar andere Erleuchtete vermögen dies zu verhindern. Ob dieser subjektiv empfundene Außenseiterstatus dabei gerechtfertigt ist oder nicht, spielt keine Rolle. Auch die Klimaaktivisten sind fest davon überzeugt, gegen das sogenannte Establishment zu sein, obgleich ihre Forderungen nach noch mehr staatlicher Macht bei Politikern aller Couleur auf helle Begeisterung stoßen.

Wie man sich selbst davor schützen kann, nicht auch ein Opfer dieser Wahrnehmungsstörung zu werden? Hauptsächlich durch Gelassenheit, eine gelungene Lebensführung und nüchterne Analyse der vorhandenen Faktenlage. Also die gleichen Rezepte, die generell vor den meisten Irrwegen schützen.

Spencers Law kann jedenfalls dabei helfen, die derzeitige Hysterie einzuordnen. Die geradezu wahnhafte Fokussierung auf ein Thema, das ohnehin bereits im Begriff ist, gelöst zu werden bzw. um das es vor einigen Jahrzehnten weitaus schlimmer bestellt war, ist kein exklusives Phänomen der Gegenwart. Mit dem Wissen, dass es Vergleichbares auch in der Vergangenheit immer wieder gegeben hat, kann man dem Treiben etwas gelassener gegenüberstehen und läuft auch nicht Gefahr, einer Gegenhysterie aufzusitzen.

Martin Holzmann ist überzeugter Liberaler und nach einem einjährigen Gastspiel als Landeskoordinator bei NEOS Salzburg Student der Forstwirtschaft.

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