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Marode Unternehmen: Rettung durch den Staat?

Frankreich leistet in verschiedenen Bereichen Hervorragendes. Einige der großen Rotweine aus Burgund, Bordeaux oder der südlichen Rhône sind unübertrefflich. Als Land der Modeschöpfer, Parfumeure und Schmuckproduzenten der Luxusklasse ist es unerreicht. Und im Stellen unbeteiligter Zuschauer bei einer Invasion setzt es bekanntlich Maßstäbe. Weniger toll läuft es indes mit Frankreichs Industrie, deren Anteil an seiner gesamten Wertschöpfung bei mittlerweile zehn Prozent angelangt ist – mit weiter fallender Tendenz.

Beim Erzrivalen Deutschland beträgt der gleiche Wert immerhin 23 Prozent. Besonders der Metallbranche und den Automobilherstellern geht es gar nicht gut. Die Weltnachfrage nach Autos französischer Provenienz ist ähnlich jener nach bulgarischen Ski, dänischem Wein oder jemenitischen Designermöbeln. Jeder, der einmal eine französische Karre gefahren hat, weiß auch warum.

Ein schwerer Nachfrageeinbruch im Segment der Kompaktfahrzeuge in Europa und stetig wachsende Konkurrenz aus Übersee tun das ihre, um den französischen Herstellern stärker zuzusetzen, als etwa den deutschen. Der PSA-Konzern (mit den Marken Peugeot und Citroen) schreibt seit Jahren tiefrote Zahlen. Der Hut brennt.

Es muss etwas geschehen! Die Politik ist gefordert! Ist sie das wirklich?

Die Wirtschaftsgeschichte zeigt: Unternehmen kommen und gehen. In einer arbeitsteiligen, innovativen, von Wettbewerb geprägten Volkswirtschaft ist das keine Katastrophe, sondern ganz normal. Unternehmen können, müssen aber nicht ein Menschenleben überdauern (das geschieht auch nur in den seltensten Fällen). Nur in Wirtschaftsfragen völlig unbedarfte Zeitgenossen halten Unternehmen, besonders die großen, für „unsinkbare Schiffe“.

Josef Schumpeter hat für das Phänomen der Verdrängung des unrentablen Alten durch das rentable Neue einst den Begriff „Schöpferische Zerstörung“ geprägt. Hunderttausende Landarbeiter, Leinenweber, Lastenträger und Schriftsetzer haben infolge des technischen Fortschritts ihre Arbeitsplätze verloren und an anderer Stelle Lohn und Brot gefunden. Der kleine Greißler ums Eck ist den Filialbetrieben der Handelsketten gewichen. Keine finsteren Mächte, sondern veränderte Konsumentenpräferenzen haben dafür gesorgt. Das mag mancher bedauern. Mit politischen Mitteln zu ändern ist es nicht.

Zweifellos ist es für unmittelbar Betroffene, Kapiteleigner wie Beschäftigte, dramatisch, seinen Betrieb untergehen zu sehen. Ihr Interesse an dessen Erhaltung ist daher verständlich. Allerdings stellt sich die Frage nach Kosten und Nutzen der Bewahrung eines Unternehmens, dessen Produkte nicht (mehr) gefragt sind. Kann es sinnvoll sein, die aus freien Stücken getroffenen Entscheidungen der Marktakteure konterkarieren zu wollen?

Zusätzliches Gewicht gewinnt diese Frage dann, wenn nicht ausschließlich Geld privater Investoren, sondern Steuermittel zu diesem Zweck aufgewendet werden sollen. Gegenwärtig wird von PSA ja nicht nur mit dem chinesischen Staatsbetrieb Dongfeng über eine Beteiligung verhandelt, sondern auch darüber spekuliert, ob die französische Regierung Steuermittel dazu einsetzen soll, um dem angeschlagenen Konzern unter die Arme zu greifen.

Vor nicht allzu langer Zeit erfolgten staatliche „Rettungsaktionen“ zum Beispiel für die angeschlagene Luftlinie Alitalia oder den Autohersteller General Motors. Wie sinnvoll sind derartige Engagements?

Empirisch lässt sich die volkswirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Erhaltung von an der Nachfrage vorbei produzierenden Produzenten nicht nachweisen. Die Belohnung eines nicht marktorientierten Verhaltens, wie die subventionierte Produktion von nicht nachgefragten Gütern und Dienstleistungen, verursacht allemal Kosten, liefert aber netto keinen Nutzen.

Staatsinterventionen in die Wirtschaft sollen Konkurse verhindern, etwa von Banken, die es geschafft haben, von einer Regierung als „too big to fail“ eingestuft zu werden. Sie laufen aber regelmäßig auf die Zementierung bestehender, unwirtschaftlicher Strukturen hinaus und behindern notwendige Korrekturen und wirtschaftliche Innovationen.

Dass derlei „Rettungsaktionen“ ausschließlich Großbetrieben zugute kommen, die mit Steuermitteln finanziert werden, die von ordentlich wirtschaftenden KMU und deren Mitarbeitern erbracht werden, fügt dem ökonomischen Irrsinn den blanken Hohn hinzu: Der Staat plündert die Kleinen aus, um jene Giganten zu päppeln, welche die Kleinen peu à peu aufkaufen oder aus dem Geschäft drängen. Am Ende sehen dann linke Etatisten das marxistische Märchen von der „Gesetzmäßigkeit des kapitalistischen Konzentrationsprozesses“ bestätigt…

Die Menschen wissen sehr genau, weshalb sie keine Peugeots kaufen wollen. Es gibt keinen plausiblen Grund anzunehmen, dass es die französische Regierung besser wissen könnte. Der Ökonom und Pamphletist Frédéric Bastiat brachte das Problem mit folgender Formel auf den Punkt: „Was man sieht und was man nicht sieht.“ Eine staatliche Rettungsaktion erhält den Beschäftigten (zumindest kurzfristig) Tausende Arbeitsplätze, den Aktionären ihr Kapital und der Regierung eine Menge Wählerstimmen.

Das ist es, was man sieht. Das nun andernorts fehlende Geld kann allerdings nun nicht mehr in ertragreichere und, vor allem, zukunftstaugliche Projekte investiert werden, wo es wesentlich mehr Nutzen hätte stiften können. Das ist es, was man nicht sieht.

Ökonomisch kluge Entscheidungen sind daher nicht nur auf die Verwirklichung unmittelbar sichtbarer Ziele gerichtet, sondern beziehen auch allfällige, möglicherweise erst später eintretende „Kollateralschäden“ mit ein. Der bei Peugeot Verluste produzierende Ingenieur oder Facharbeiter könnte mittel- und langfristig in wirtschaftlich gesunden Unternehmen weit bessere Dienste leisten. Und das bei Peugeot verbrannte Kapital würde, anderweitig eingesetzt, erheblich mehr Wertschöpfung generieren.

Angesichts des von der linksradikalen Regierung Frankreichs hinreichend erbrachten Nachweises ihrer atemberaubenden wirtschaftspolitischen Inkompetenz, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass sie die jahrelang betriebene Misswirtschaft bei Peugeot mit Steuermitteln belohnen wird. Immerhin steht ja auch das Prestige der gallischen Autobauer auf dem Spiel. Und ohne Gloire und Grandeur geht ja bei den Franzosen schließlich gar nichts – auch nicht bei den ordinärsten Sozialisten…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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