Irre Energiepolitik

Ja, jetzt haben wir den heißesten Sommer erlebt. Einige haben ihn aber doch als angenehm vermerkt. Nun kommt der Winter, die Gaspreise sind in Österreich höher als anderswo. Grund dafür war der überhastete Einkauf zu einer Zeit der höchsten Gaspreise. Andere Staaten haben den Vorteil, günstiges LNG-Gas zu beziehen. In Österreich hätten wir zwar die Möglichkeit einer weitgehenden Selbstversorgung durch beachtliche Reserven an Erdgas, dürfen diese aber nicht erschließen, denn da sind die grünen Klima- und Umweltschützer dagegen. Diese glauben, damit den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen. Ja, die liebe Politik. 

CO2 darf auch nicht in den Boden verpresst werden, Wasserstoff schon. Der ist grün, während das für den grünen Planeten so wichtige CO2 als Treibhausgas – wenn auch mit recht minimaler Wirkung, wie viele Physiker nachgewiesen haben, – ja wieder entkommen könnte.

Die Sonne können wir auch nicht managen, geschweige denn Zyklen der Erdumlaufbahn oder das Pendeln der Erdachse, und alles zusammen bringt uns in eine viel beschriebene Misere.

Dass auch die explosive Vermehrung unserer Spezies zum Klimawandel etwas beiträgt, wird in den Medien nicht behandelt. Um aus der Misere herauszukommen, wird vorgeschlagen, den Verbrauch von fossilen Energieträgern einzuschränken und PV-Anlagen sowie Windmühlen zu bauen.

Mittlerweile tut sich da aber ein anderes Problem auf: Der Bau von Windmühlen ist in der Industrie auch nicht mehr so gefragt. Die Förderungen durch den Steuerzahler reichen nicht aus, solche in den Himmel ragenden Spargel einigermaßen wirtschaftlich zu betreiben. Also werden sie nicht gebaut. Wir haben auch Nachbarn, von denen wir zertifizierten, grünen Strom kaufen können. Der scheint preiswerter zu sein als der von den heimischen Windmühlen erzeugte.

In Österreich soll die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 den gesamten Verbrauch decken, bis 2040 wird die Klimaneutralität Österreichs und damit der endgültige Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft angestrebt. Der Ausbau erneuerbarer Energiesysteme wird vom Steuerzahler gefördert. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Österreichs ist für den Ausbau erneuerbarer Energien.

Nie erhoben wurde bei den Befragungen – seit Zwentendorf – die Meinung zu Atomenergie. Das wäre besonders von Interesse im Hinblick auf die Pläne der Anrainerstaaten Österreichs. Plant doch Slowenien neben der Betriebsverlängerung von 40 auf 60 Jahren den Zubau eines doppelt so großen Blocks wie den bestehenden, mit einer Leistung um die 1400 MW. Das löste augenblicklich den Protest der Spitzen aller Parteien in Kärnten und der Steiermark aus. Moniert wurde die Lage in einer Erdbebenzone. In Japan, das nahezu täglich von Erdbeben erschüttert wird, ist die Bevölkerung sehr positiv zu Kernkraft eingestellt. Übrigens verlängerte Japan den Betrieb bestehender Anlagen auf unbegrenzte Zeit.

Während sich PV-Anlagen in Österreich großer Beliebtheit erfreuen und Strom produzieren, der nicht verwertet werden kann, da die nötigen Netze fehlen, diesen zu transportieren, hapert es – glücklicherweise – beim Ausbau von Windkraft. In jüngster Zeit scheint sich der Enthusiasmus für Windkraftanlagen etwas gelegt zu haben.

Zusehends ist Widerstand in der Bevölkerung zu beobachten. Gegen die Verspargelung ihrer Heimat hat die steirische Marktgemeinde Gaal den Bau eines Windparks verhindert.

Auch die Windkraftindustrie scheint erkannt zu haben, dass sich unter gegenwärtigen Marktbedingungen der Einsatz beträchtlichen Kapitals nicht rechnet. Dies zeigt klar das Ergebnis der jüngsten Ausschreibung für die Windkraft. Kein einziger Antrag wurde eingereicht. Die Windkraftindustrie ist der Meinung, dass die Fördersätze zu gering sind, um die Investition und Kapitalkosten einer Windkraftanlage zu decken.

Man muss sich einmal der Tatsache bewusst werden, dass der Steuerzahler weitgehend den Bau der Windkraftanlagen finanziert und dann noch diesen teuer produzierten Strom kaufen muss. Irre!

Michael Strebl, Vorsitzender der Wien-Energie-Geschäftsführung, ist der Meinung: "Es braucht ein Marktdesign, um die benötigten Kraftwerke, die sich derzeit nicht selbst finanzieren, trotzdem zu errichten." Also, das ist schon eine merkwürdige Ansicht. Herr Strebl sollte darüber nachdenken, warum die um Österreich angesiedelten und auch ferner abliegenden Staaten alle Kernkraftwerke errichten.

Auch aus Deutschland, Polen, Großbritannien und den USA kommen fast gleichlautende Meldungen.

In Deutschland sind dieses Jahr gerade einmal 1,56 GW an Windkraftanlagen errichtet worden. Um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen, müssten 10 MW jährlich zugebaut werden. Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie der Mangel an verfügbaren Flächen werden als Hürden genannt. Dass sich der Anlagenbau bei den Vergütungen, die Deutschland bereit ist zu entrichten, nicht mehr lohnt, kommt nicht zur Sprache.

Polen hat vor, in der Ostsee 1140 MW in Windkraftwerken zu installieren. Das entspricht unter idealen Wind-Verhältnissen einem Atomkraftwerk von 600 MW Leistung. Das ist ein zarter Versuch, einen Teil des von der Kohle produzierten Stromes durch erneuerbare Energie zu ersetzen.

Die wesentliche Umstellung von Kohle auf erneuerbare Energie aber ist die Entscheidung Polens, auf Atomenergie zu schwenken. Polen (wie auch viele andere Staaten) hat erkannt, dass mit Wind- oder PV-Kraft der Schwenk zu erneuerbarer Energie nicht möglich ist. Nur wenige Staaten Europas sehen das anders.

Ab 2026 bis 2040 sollen sechs Atomkraftwerke errichtet werden. Die Kosten erscheinen auf den ersten Blick erheblich. Man rechnet mit 40 Milliarden Euro. Untersucht man allerdings die Kosten je kWh produzierten Stromes, so sind die Kosten, vor allem die Investitionskosten gegenüber Windkraftwerken und dem dazu nötigen Netzausbau, sowie die nötige Unterstützung durch Ersatzkraftwerke äußerst vorteilhaft. Wie Olga Semeniuk, Staatssekretärin im polnischen Ministerium für Entwicklung und Technologie, feststellt, sind die wichtigsten Faktoren Sicherheit und Zeit. Beachtlich ist, dass der Umstieg auf Atomenergie politisch quer durchs Parteienspektrum getragen wird.

Und wo steht der Ausbau in Großbritannien? Man sollte doch denken, mit unglaublichen Möglichkeiten entlang der Küsten Englands für den Einsatz von Windkraftwerken fantastische Verhältnisse vorzufinden. Windenergie soll doch die günstigste Energie sein.

Diese Prämisse wurde in der jüngsten Angebotsrunde der britischen Regierung zum Kauf von Strom aus Offshore-Windkraftanlagen im Rahmen von Festpreisverträgen als mythischer Unsinn entlarvt.

The Guardian sieht den Mangel an Interesse als "größte Katastrophe bei sauberer Energie seit Jahren": Britische Auktion sichert keine Offshore-Windparks.

The Telegraph ist der Meinung, Strom aus Wind ist nicht billig und wird es auch nie sein.

Die Windindustrie stellt fest, dass die heutigen hohen Strompreise nicht hoch genug sind, Windkraftanlagen zu bauen. Die Lage ist so schlimm, dass die Windindustrie sogar aktuell halbfertige Projekte aufgibt. Ähnliches hört man aus den USA.

Quo vadis, Österreich? PV-Anlagen sind beliebt, aber bei den Windkraftanlagen hapert es. Stefan Moidl von IG-Windkraft warnt vor Verzögerungen des Ausbaus neuer Windkraftwerke. Vielleicht ist es unserem Finanzminister bewusst geworden, dass es wirtschaftlicher ist, Atomstrom aus Tschechien oder anderen Atomkraft exportierenden Anrainerstaaten zu kaufen, als teure Windkraftwerke in Österreich zu bauen.  Jedoch wird sich dabei die Abhängigkeit Österreichs von ausländischen Stromlieferungen deutlich erhöhen, da die nötigen Flexibilitätsoptionen im Land technisch nicht ausreichen. (RWTH Aachen University)

Nur die Atomkraftwerke unserer Nachbarn Slowenien, Ungarn, Slowakei, Tschechin und Polen werden in der Lage sein, unseren Strombedarf, besonders in den Wintermonaten, zu decken. Unsicher dabei ist, ob Polen zu dieser Zeit bereits seine Atomkraftwerke gebaut haben wird. Unsicher sind aber auch die Mengen, die diese Länder exportieren könnten und ob unser Nachbar Deutschland nicht deren Kapazitäten schon alle für sich gesichert hat, bevor Österreich reagiert.

Hierzulande plant oder träumt man ja von grünem Wasserstoff, der die Lücke in der Stromproduktion schließen soll. Daraus ist aber auch ersichtlich, dass die Stromkosten enorm steigen werden und der billige grüne Strom nie realisiert werden kann. Anders stünde es, würde der Strom in Atomkraftwerken produziert. Schon der Netzausbau für grünen Strom ist bei weitem kostspieliger als für Strom aus Atomkraftwerken.

Ob auch der Zeitfaktor berücksichtigt wurde? Erinnert man sich, wie viel Zeit die Schlusskilometer in Salzburg für den Schluss der Ringleitung gebraucht haben, kann man nicht erwarten -- selbst mit einem Diktat aus dem grünen Umweltministerium – dass die notwendigen Netze planmäßig fertiggestellt werden.

Matthias Auer ("Die Presse") konstatiert, dass viele Unternehmen der grünen Branche unbeirrt am grünen Kurs festhalten. Ihre Botschaft: "Es kann schnell gehen – wenn man will." Da kann man nur vermuten, die Prämisse ist: "Koste es, was es wolle".

Der Wahnsinn bei dieser Einstellung ist, dass im vergangenen Sommer zu viel Solarstrom das Netz überlastete, sodass Donaukraftwerke das Wasser ungenutzt über die Wehr laufen lassen mussten, um das Netz zu stabilisieren.

Aber das Klimaministerium subventioniert weiterhin den Bau von PV- und Windkraft-Anlagen anstelle vorrangig die Netze auszubauen. Irre. Es ist aber nicht so, dass ein anderes Ministerium für den Ausbau der Netze zuständig ist. Vielmehr scheint der Netzausbau kein Glamourthema zu sein, mit dem man Stimmen fangen kann. In der Bevölkerung sind Hochspannungsleitungen ebenso wenig beliebt wie Windkraftspargel. Und es braucht viel Zeit, Betroffene zu einer Zustimmung zu bewegen. Oder denkt man daran, Besitzer benötigter Grundstücke zu enteignen, wie es in weiter östlich gelegenen Staaten mit Erfolg praktiziert wird? Verbund-Chef Michael Strugl meint, hier müsse die Politik auch einmal klar Stellung für den Infrastrukturausbau beziehen.

Da jedoch PV- und Windkraftanlagen nur intermittierend Strom erzeugen, benötigt man andere Kraftwerkssysteme. Das könnten Gaskraftwerke, Batterien oder Pumpspeicherkraftwerke sein. Gegen Speicheranlagen besteht auch Widerstand. Sowohl das auf der Koralm als auch das im Kaunertal geplante Pumpspeicherkraftwerk wird von der Bevölkerung und auch von Umweltverbänden kritisch gesehen. Aber auch diese Systeme können Österreich nur wenige Stunden bis Wochen mit Energie versorgen. Man bringt deshalb immer wieder grünen Wasserstoff ins Gespräch. Der soll aus Afrika kommen.

Ein Lichtblick in der ganzen Misere wäre, sich den Bau von Atomkraftwerken zu überlegen. Diese brauchen weit geringeren Netzausbau, kein grünes Gas aus Afrika oder tausende Windkraftwerke. Österreich wäre mit Atomkraft auch unabhängiger von autokratischen rohstoffkontrollierenden Mächten. Uran und Thorium gibt es weltweit in demokratisch regierten Staaten, die gerne bereit sind, diese Rohstoffe zu liefern.

Zu diktieren, dass ab einem vorgeschriebenen Datum fossile durch andere Energie ersetzt werden muss, ohne dafür gesorgt zu haben, dass die nötigen Rohstoffe und die Infrastruktur vorhanden sind, ist unverantwortlich.

Unverantwortlich und gefährlich ist es auch,

  • aus ideologischen Gründen auf erratisch stromproduzierende Energiesysteme zu setzen, die noch dazu unwirtschaftlich sind.
  • einen Windpark zu planen, ohne vorher die Bevölkerung zu konsultieren.
  • Stromerzeuger zu fördern, ohne die nötigen Stromnetze bereitzustellen.
  • Atomkraft auszuschließen, weil die von den Medien manipulierte Bevölkerung dagegen ist.
  • auf Wasserstoff als Energieträger zu setzen, ohne zu wissen, was das kostet oder woher der Wasserstoff kommt.
  • die Augen zu verschließen, um nicht zu sehen, was in anderen Staaten Europa vor sich geht.
  • unsere verantwortlichen Politiker ohne Beistand von Psychiatern walten zu lassen.

 

Dr. Gerhard Kirchner ist Bergingenieur und liebt die Umwelt.

Kommentieren (leider nur für Abonnenten)
Teilen:
  • email
  • Add to favorites
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • Twitter
  • Print



© 2024 by Andreas Unterberger (seit 2009)  Impressum  Datenschutzerklärung