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Die Erfahrungen mit dem Team Stronach

Nach dem ersten Jahr im Parlament sind meine Erwartungen im Großen und Ganzen erfüllt worden. Ich bin im Gegensatz zu den meisten Politikern nicht „ins Parlament gegangen, um dort etwas zu bewegen“. Das wäre eine Überschätzung der eigenen Möglichkeiten gewesen.

Im Parlament wird sehr wenig bewegt, auf deutsch: wenige politische Entscheidungen werden im Parlament getroffen. Die Entscheidungen treffen die Regierungsparteien, das Parlament stimmt über die Gesetzesvorschläge ab. Zu ändern ist da kaum etwas.

Ich habe in diesen ersten neun Monaten vor allem eines getan: Demokratie von innen gelernt. Ich habe gelernt, wie der Parlamentarismus funktioniert, also beispielsweise welche Rolle die Ausschüsse spielen, was die Vertagung von Anträgen bedeutet, welch wichtige Rollen Zeitpunkt und Reihenfolge im Nationalrat spielen.

Erstaunt bin ich über den leichtfertigen Umgang mit der Verfassung. Einerseits riskiert die Regierung mit Gesetzesvorschlägen wie der Nichtabschreibbarkeit von Managergehältern über EUR 500.000,--, dem Gesetz über die Begrenzung von „Luxuspensionen“ sowie dem Hypo-Alpe-Adria-Sondergesetz sehenden Auges aufgelegte Anfechtungen vor dem Verfassungsgerichtshof und/oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Andererseits sehen auch viele Nationalratsabgeordnete in der Verfassung eher ein technisches Hindernis, das es zu überwinden gilt, als eine zu akzeptierende rechtstaatliche Begrenzung. Wer auf die Einhaltung des Verfassungsrechts besteht, scheint den Eindruck zu vermitteln, dass ihm jenseits von hehren Gerechtigkeitszielen das Recht wichtiger sei als „die Menschen“ („da draußen“, eh klar).

Schließlich habe ich mein Versprechen erfüllt, eine Rede gegen den Sozialismus nach der anderen zu halten. Auch habe ich die Erfahrung gemacht, dass eine Rede im Parlament eigenen Rahmenbedingungen unterliegt. Wesentlich ist die zeitliche Beschränkung. Es macht keinen Sinn, eine Rede sorgfältig vorzubereiten, wenn man die Zeit überschreitet und die Pointe nicht mehr anbringen kann. Auch muss man aufpassen, dass ein allfälliger Zwischenapplaus nicht auf Kosten des Inhalts geht. Manche meiner Reden sind auf Youtube abrufbar, wobei übrigens selbst die Bezugnahme auf das rote Lämpchen vorbereitet war.

Das Team Stronach selbst leidet an zweierlei: An der historischen Dominanz des Parteigründers und an politischer Inkonsequenz.

Frank Stronach ist nach wie vor Parteichef und meldet sich sporadisch zu Wort. So kann man auf Dauer nicht reüssieren. Entweder schafft die Partei in nächster Zeit den Übergang von Frank Stronach zum Team Stronach – oder nicht. Kathrin Nachbaur hat diesen Übergang unmittelbar nach der Nationalratswahl mit der Gründung des Bundesdirektoriums begonnen und befindet sich auf einem langen Weg. Der Demokratisierung steht der Gründer noch selbst im Wege. Diese Aufgabe mag schwierig sein, ich halte sie im Übrigen für leichter bewältigbar als das zweite Leiden.

Die politische Inkonsequenz wurde bislang kaum wahrgenommen, da sich die Öffentlichkeit im Zusammenhang mit dem Team Stronach fast ausschließlich mit Frank Stronach beschäftigte. Das Parteiprogramm des Team Stronach ist im Wesentlichen wirtschaftsliberal geprägt, sein Verhalten im Parlament zeugt aber eher von einer klassischen Mitte-Links-Fraktion. So hat das Team Stronach (ohne mich) für das sozialdemokratische Wahlversprechen des Kostenersatzes für Zahnspangen (Klasse 4 und 5) gestimmt, (gegen meine Stimme) die Begrenzung der sogenannten Luxuspensionen im Verfassungsrang unterstützt und (gegen meinen Widerstand) gegen das in Verhandlung befindliche amerikanisch-europäische Freihandelsabkommen TTIP Stellung bezogen. Konzern scheint im Team Stronach ein negativ besetzter Begriff zu sein.

Dass sich eine solche Partei auch einer fortschrittlichen Energiepolitik verschließt (z.B. Ablehnung des Fracking), überrascht nicht mehr. Aus Angst, als Milliardärspartei abgestempelt zu werden, läuft der innerparteiliche Mainstream Richtung Boulevard. Theoretisch ist man wirtschaftsliberal, in der Praxis populistisch. Das kann kein Mensch verstehen.

Oft werde ich daher gefragt, ob ich mich in der richtigen Partei befinde und ob ich mich im Team Stronach wohl fühle.

Als Liberaler kann man sich in einer Partei kaum „wohl fühlen“. Politik betreibt man nicht, um sich dort wohl zu fühlen. Das Parlament oder eine Partei ist keine Wellness-Veranstaltung.

Richtige Partei? Welche Partei ist richtig? Ich sehe keine Partei, die nicht ähnlich Mitte-Links positioniert wäre wie das Team Stronach. In Wahrheit sind alle Parteien im österreichischen Parlament mehr oder weniger sozialdemokratisch ausgerichtet. Die NEOS etwas weniger, die ÖVP teilweise freiwillig, teilweise notgedrungen wegen der Koalition mit der SPÖ.

Keine Frage: Wenn das Team Stronach den sozialdemokratischen Boulevard-Kurs fortsetzt, ist es überflüssig.

So stehe ich vor der Alternative, das Handtuch zu werfen oder in den nächsten vier Jahren Überzeugungsarbeit zu leisten. Letzteres gefällt mir besser.

Frank Stronach ist ein guter Mensch, kein Berufspolitiker. Er hat sich aus Sorge um die Republik Österreich politisch engagiert und viel eigenes Geld in die Hand genommen. Während andere genörgelt haben, hat er gehandelt. Er hat sich „mit Schmutz bewerfen lassen“ und „am Käfig gerüttelt“.

Frank Stronach hat sich verkalkuliert. Er rechnete mit einem weit höheren Stimmenanteil. Am Wahlabend um 17.00 Uhr war er ein geknickter Mann. So schnell er kam, so schnell ging er wieder.

Frank Stronach ist kein Politiker. Er glaubt, eine politische Partei wie eine Firma führen zu können. Er fühlt nicht vor, sondern dekretiert seine Ideen. In vielen Dingen – Schuldenstopp, Verwaltungsreform, Steuersenkung – hat er Recht. Manches wie die Ablehnung der Gruppenbesteuerung oder des Freihandels klingt nach dem anderen Ufer, sein Demokratiemodell nach grundrechtsfreier Utopie. Eine Diskussion erscheint ebenso unmöglich wie sinnlos. Eine politische Linie muss die Partei ohne und nach Frank Stronach finden.

Frank Stronachs Partei schuldet der Person Frank Stronach zehn Millionen Euro („Darlehen“). Diese Schulden stehen nicht im Einklang mit dem Programm einer Partei, die dem Staat und seinen Organen jegliches Schuldenmachen verbieten will. Die interessierte Öffentlichkeit spürt, dass Frank Stronach über diese Konstruktion die Partei in der Hand haben möchte. Dies hat er auf einer Pressekonferenz, wie vorteilhaft, sogar einmal selbst bekannt. Würde das Darlehen aus den Mitteln der Parteiförderung zurückgezahlt werden, würde Frank Stronach wortbrüchig – hat er doch im Wahlkampf stets betont, dass die Finanzierung zur Gänze aus privaten Mitteln erfolgt. Hadert Frank Stronach mit seinem Wert der Wahrheit?

Frank Stronach hat die Tür aufgestoßen und seine Funktion erfüllt. Kathrin Nachbaur nun den Vatermord nahe zu legen, wie dies manche Außenstehende scheinbar wohlwollend raten, geht an der Realität vorbei. Will Frank Stronach der Partei eine Zukunft geben, muss er auf das Darlehen verzichten, ein Startkapital zur Verfügung stellen und sich selbst zurückziehen. Das entspräche seinem Wert der Fairness.

Kaum etwas fürchten SPÖ und ÖVP so sehr wie Neuwahlen. Sie ketten sich daher aneinander, um bis zum voraussichtlichen Ende der Legislaturperiode 2018 durchzuregieren.

Was wird im Jahr 2018 passieren? Das kann niemand vorhersagen. Im Jahr 2009 wusste niemand, dass im Jahr 2013 Team Stronach und NEOS in den Nationalrat einziehen werden. Genauso irreal ist es heute, eine Vorhersage für das Jahr 2018 zu treffen.

Im Sinne Hayeks wird sich eine spontane Ordnung einstellen. Bis dahin gilt es, weiter Demokratie von innen zu lernen.

(Dr. Georg Vetter ist selbständiger Rechtsanwalt in Wien. Er ist seit vergangenem Jahr Abgeordneter zum Nationalrat auf der Liste des Team Stronach)

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