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Die Familie: totgeredet, aber wichtig wie eh und je

Die „Statistik Österreich“ hat neue Ergebnisse aus dem Mikrozensus 2010 über Familien und Kinder veröffentlicht. Obwohl Presseaussendungen bedeutende Veränderungen suggerierten („Jede achte Mutter ist Alleinerzieherin“) blieb doch die Entwicklung der Familienstrukturen relativ konstant.

Auf Grund internationaler Vorgaben werden in der Statistik auch Paare ohne Kinder im Haushalt als „Familie“ gezählt, z.B. weil die Kinder schon ausgezogen sind. Das führt zu dem paradoxen Ergebnis, dass im vorigen Jahr 731.000 Ehepaare und 186.000 nichteheliche Lebensgemeinschaften ohne Kinder den rund 975.000 Ehepaaren und 147.000 Paaren mit Kindern gegenüberstehen, alle diese Formen aber als „Familie“ bezeichnet werden. In der medialen Umsetzung führt dies zur Meldung, dass die Zahl der Familien zurückgegangen sei, weil die Zahl der Paare mit Kindern gegenüber den Paaren ohne Kinder abgenommen hat. Tatsächlich ist aber insgesamt die Zahl der Familien gestiegen, nämlich von 2,052 Millionen im Jahre 1985 auf 2,334 Millionen im Jahre 2010.

Nicht mehr Alleinerzieherinnen

Aussagekräftig sind die Zahlen der Familien mit Kindern unter 15 Jahren im Haushalt. Hier ist die Zahl der Ehepaare in den letzten 25 Jahren von 700.000 auf 538.000 zurückgegangen, während die Lebensgemeinschaften von 21.000 auf 121.000 gestiegen sind. Obwohl die Alleinerziehenden ständig im Fokus von Medien und Politik stehen, ist deren Zahl aber nicht gestiegen. Waren im Jahr 1985 103.000 Mütter alleinerziehend, so sind es heute 105.000. Die Zahl der Kinder (aller Altersstufen) in solchen Familien ist sogar von 187.000 (Höchstwert 2005) auf 176.500 gesunken. Insgesamt gibt es 772.000 Familien mit Kindern unter 15 Jahren und 1,068 Millionen Familien mit im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindern unter 27 Jahren in Österreich.

Bei Patchworkfamilien wird gerne übertrieben

Durch die heute häufigeren Scheidungen ist allerdings die Zahl jener Familien gestiegen, in denen ein Partner Kinder von früher in eine neue Beziehung mitbringt. Ist das Paar verheiratet, dann nennt man diese Familie „Stieffamilie“, bei nichtehelichen Paaren spricht man von „Patchworkfamilien“. 2010 wurden 48.000 Stieffamilien und 37.000 „Patchwork“-Lebensgemeinschaften, jeweils mit Kindern aller Altersstufen, gezählt. Um die zahlenmäßige Bedeutung dieser Gruppe hochzuspielen, schreibt beispielsweise das Familienministerium von „360.000 Personen“, die in solchen Familien leben.

Betrachtet man allerdings nur die Familien, die Kinder unter 15 Jahren haben, so kommt man auf 36.600 Stieffamilien und 27.600 nichteheliche Patchwork-Familien, also insgesamt 64.200 Familien gegenüber insgesamt 660.000 Paaren mit Kindern. Rund ein Drittel dieser Familien lebt in Wien und anderen Großstädten. Anfang April hat das Ministerium für diese Gruppe sogar einen eigenen Ratgeber herausgebracht, denn, so Staatssekretärin Remler, „diese Familien verdienen unsere volle Aufmerksamkeit und Unterstützung“.

Im Vergleich der Lebensformen muss man allerdings feststellen, dass nur 6% aller Ehepaare mit Kindern einen Stiefvater bzw. eine Stiefmutter haben. Bei Lebensgemeinschaften ist der Anteil der Lebensabschnittspartner, die nicht Vater oder Mutter der Kinder sind, höher, dort sind es 28% aller nichtehelichen Paare.

Ehepaare haben mehr Kinder

Während die durchschnittliche Zahl der Kinder bei Ehepaaren 1,78 beträgt, haben Lebensgemeinschaften durchschnittlich 1,52 und Alleinerzieherinnen 1,41 Kinder. Vor 25 Jahren hatten Ehepaare allerdings im Durchschnitt noch 1,93 Kinder.

Noch deutlicher zeigt sich das bei der Zahl der Mehrkinderfamilien. Bei den Ehepaaren gibt es rund 70.000 Familien mit drei und mehr Kindern (13% aller Ehepaare), bei den nichtehelichen Verbindungen sind das nur 7.400 Familien oder 6% aller Lebensgemeinschaften. Betrachtet man die Kinder aller Alterstufen (bis 27 Jahre), so beträgt der Anteil der Mehrkinderfamilien bei den Ehepaaren sogar 16%.

In Österreich leben 1,234 Millionen Kinder unter 15 Jahren, 902.000 davon bei Ehepaaren (73%), 174.000 in Lebensgemeinschaften (14%). Berücksichtigt man den jeweiligen Anteil an Stiefeltern bzw. Patchwork-Familien, so leben auch heute rund 77% der Kinder bei ihren leiblichen Eltern!

Mütter in Karenz

Rund 232.000 Kinder sind jünger als 3 Jahre. Deren Mütter sind zu 37% außerhäuslich nicht erwerbstätig, zu 31% in Karenz und arbeiten zu 19% in Teilzeit. Etwa 6% sind arbeitslos gemeldet, 4% sind selbständig tätig und etwa 3% sind in Vollzeit erwerbstätig. Bis zum Schuleintritt sind 31% der Mütter nicht erwerbstätig und 40% arbeiten in Teilzeit. Viele Familien entscheiden sich also bewusst und unter großen finanziellen Opfern für eine Betreuung ihrer Kinder in den eigenen vier Wänden. Das zeigt auch die Statistik des Kinderbetreuungsgeldes, denn mehr als zwei Drittel nehmen das ursprüngliche 30 bis 36- monatige Kinderbetreuungsgeld in Anspruch, auch wenn in den letzten Jahren finanziell attraktivere kürzere Formen eingeführt wurden.

Von 1,6 Millionen Frauen zwischen 18 und 45 Jahren haben derzeit 45% kein oder noch kein Kind. Je nach Altergruppe beträgt dieser Wert fast 90% bei den 18 bis 24jährigen Frauen und bis zu 17,4% bei den 40 bis 45- jährigen Frauen. Das Durchschnittsalter bei der Erstgeburt beträgt 25,4 Jahre. Im so genannten Generation- und Gender-Survey 2008/2009 wurde auch untersucht, welcher Kinderwunsch bei Frauen und Männern besteht. Kein Kind wünschen sich rund 10% der Frauen und etwa ebenso viele Männer. Der Wunsch der Frauen nach einem Kind liegt bei 16%, nach zwei Kindern bei 59% und bei drei und mehr Kindern bei 15%. Männer wünschen sich etwas stärker zwei Kinder (63%).

Wie ist die Lage?

Auch wenn die Zahlen nicht die von Medien und Politik oft herbeigewünschte Dramatik bestätigen, so sind doch Trends absehbar, die einer Gegensteuerung bedürfen. Tatsache ist vor allem, dass in Österreich zu wenige Kinder auf die Welt kommen. Der neue Demographiebericht der Europäischen Union sieht die Gesamtfruchtbarkeitsrate in Österreich bei 1,39. Das bedeutet, dass 100 Mütter 139 Kinder bekommen. Zum Erhalt der Bevölkerungszahl- und struktur wären aber mindestens 2,1 Kinder je Frau notwendig. Erstes Ziel der Familienpolitik sollte daher sein, den vorhandenen Kinderwunsch realisierbar zu machen. Dazu wäre es notwendig, jene Maßnahmen umzusetzen, die die Familien wünschen, und nicht bloß die Arbeitskräftewünsche der Wirtschaft zu sehen.

Ignoriert wird offenbar auch die zunehmende Zahl der Scheidungen. Auch wenn bei vielen Scheidungen keine Kinder betroffen sind – von jährlich rund 19.000 Scheidungen haben rund 7.500 keine Kinder und der Rest rund 11.000 Kinder unter 14 Jahren – bedeutet diese Entwicklung doch individuelles Leid und gesellschaftliche Probleme. Es wäre hier höchst an der Zeit, den Wert der Ehe herauszustreichen und nicht, wie jüngst die Frauenministerin, die Ehe durch geplante ungerechtfertigte Privilegierungen von nichtehelichen Lebensformen weiter zu schwächen.

Und schließlich soll die „traditionelle“ Form der Familie nicht ständig totgeredet werden. Mehr als 77% der Kinder leben mit beiden leiblichen Eltern zusammen, die Zahl der Alleinerzieherinnen ist in den letzten 25 Jahren nicht gestiegen und die von den Medien gehätschelte „Patchwork“-Familie bleibt, was sie ist: ein Notprogramm, das viel Unterstützung und Beratung benötigt.

Dr. Peter Pitzinger ist fünffacher Familienvater, Jurist im öffentlichen Dienst, ehrenamtlich Vizepräsident des Österreichischen Familienbundes und Kuratoriums-Mitglied des Österreichischen Institutes für Familienforschung.

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