Unser Parlament: Hauptsache beschäftigt!

Tatsächlich: unser Parlament ist beschäftigt! Es ist voll damit beschäftigt, das, was sich seinerzeit in Ibiza getan hat, wiederzukäuen. Obwohl man jetzt schon weiß, was dabei herauskommen wird. So viel wie bei allen Untersuchungsausschüssen, die man schon gehabt hat: praktisch nichts Greifbares, nichts, was man nicht vorher schon gewusst hat, und nichts, woraus wirklich Konsequenzen gezogen werden. Aber: das Parlament ist beschäftigt, die Medien haben Futter und wir dürfen uns unseres Parlamentarismus erfreuen.

Während da im Haus heftig gestritten wird, während die Beschuldigungen hin und her geschleudert werden und also Dinge abgehandelt werden, die sowieso nicht mehr zu ändern sind, geschehen leider nur draußen, in der weiten Welt und auch im kleinen Österreich, Entwicklungen, die die Menschen, die Bürger, alle, die hier wohnen und leben, bis ins Innerste entscheidend betreffen und mitnehmen: Die Wirtschaft liegt am Boden; Teile davon für immer; Arbeitsplätze gehen verloren; die Menschen verlieren Einkommen und Sicherheit, wissen nicht, wie sie das Morgen bewältigen sollen; vom Staat zugesagte Hilfe kommt und kommt nicht; und ihre persönliche Freiheit ist auch dahin. Sie dürfen sich nicht mehr frei bewegen, dürfen zunächst das Haus und dann das Land nicht mehr verlassen, sind zuhause mit ihren Kindern und der Homeoffice-Tätigkeit, sofern sie eine solche haben, auf sich allein gestellt, und sind von ihren Volksvertretern, den Parlamentariern in Stich gelassen. Denn das Sagen hat die Regierung, das heißt wenige Regierungsmitglieder, die über Wohl und Wehe der Nation entscheiden.

Ja, die Regierung handelt und entscheidet. Gebe Gott, dass sie weiß, was sie tut!

Aber am Parlament gehen diese Entwicklungen vorbei, es bleibt von solchen Entscheidungen verschont, es ist mit anderen Dingen beschäftigt: nämlich mit der wichtigen Frage, ob man die seinerzeitigen Vorgänge in Ibiza für gut oder für schlecht befinden soll. Wir, die Bürger warten schon ungeduldig darauf, was da das Ergebnis der diesbezüglichen Überlegungen sein wird. Glück auf zur Nabelschau!

Nein, doch nicht ganz so: Die Regierung, die handelnde, legt dem Parlament zur Beschlussfassung einen Budgetentwurf vor. Ein Phantasiebudget, wo die Ausgabenzahlen nicht stimmen und die Einnahmenzahlen nicht stimmen. Die Regierung weiß es zwar besser, aber was braucht das Parlament da Wahrheit und Klarheit bekommen. Hauptsache die Regierung hat alles fest in der Hand! Und Hauptsache, das Parlament ist beschäftigt und die Medien haben Futter!

Also: Hoch lebe unser Parlamentarismus und unsere parlamentarische Demokratie! Und unsere Bürgerrechte, unsere demokratischen Rechte und Freiheiten!

Dr. jur. Peter F. Lang ist Richter und Diplomat gewesen.

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