Christenverfolgung und doppelte Standards

Mein nigerianischer Nachbar ist wegen der anhaltenden Massenmorde an nigerianischen Christen durch Muslime bestürzt. Die Bestürzung wird durch das Verschweigen dieser Greuel in den hiesigen Medien noch erhöht. Die krasse Disproportionalität der Berichterstattung zwischen einem einzigen Anschlag gegen Moslems in Neuseeland und unzähligen Anschlägen durch Moslems anderswo kann er nicht verstehen. Ich versuchte ihm klarzumachen, dass der Islam hierzulande eine Privilegierung in der veröffentlichten Meinung genießt.

Vor einer tiefergehenden Analyse zunächst einige Fakten:

Nigeria: Genozid an Christen

Zwischen 9. Februar und 14. März dieses Jahres wurden nach Angaben von "Christian Solidarity Worldwide" alleine im Gebiet Adara im nigerianischen Bundesstaat Kaduna 120 Menschen, unter ihnen Frauen und Kinder, von islamischen Fulani-Milizen ermordet. Kenner der Lage sprechen von Genozid. Denn die Mordserie hält schon länger an.

Die evangelikale Seite Break Point berichtete bereits im vergangenen Jahr:

"Eine der notorischsten islamistischen Terrorgruppen der Welt, Boko Haram, ist verantwortlich für den Mord an Tausenden Christen und für die Vertreibung unzähliger weiterer im Norden Nigerias. Aber Boko Haram ist nicht die einzige Gruppe, die Christen angreift.

In einer Stellungnahme von Ende Juni [2018] sagten christliche Führungspersönlichkeiten, dass ‚über 6000 Personen – meist Kinder, Frauen und betagte Menschen – von bewaffneten Fulani-Viehhirten in nächtlichen Überfällen verstümmelt und ermordet worden sind.

Die Fulani sind eine ethnische Gruppe, die überwiegend islamisch ist und ihre Überfälle finden nicht immer in der Nacht statt. Im April [2018] griffen Fulani-Hirten eine Gruppe von Christen während der Sonntagsmesse an und ermordeten zwei Priester und 17 Gläubige. Diese selben Angreifer zerstörten dann 50 Häuser, die Christen gehörten. Schon früher im Jahr, nämlich am Neujahrstag, starben 72 Menschen bei einem Angriff der Fulani."

Der Bericht fährt dann fort, über die Verschleppung und Zwangsislamisierung christlicher Mädchen zu berichten.

Schweigen im Westen – Doppelstandards

Das sind alles abscheuliche Verbrechen. Aber in der Weltöffentlichkeit scheinen sie niemanden ernsthaft zu beschäftigen. Das ist umso schlimmer, als im islamischen Machtbereich die Christenverfolgung massiv zunimmt. Das betrifft eben auch Afrika.

Wie man hören kann, ist die nigerianische Führungsschicht von Fulanis dominiert, Staatspräsident Muhammadu Buhari ist väterlicherseits Fulani. Offenbar verhält er sich gegenüber den maßgeblichen westlichen Kräften wohl (was für ein erdölreiches Land sehr wichtig ist) und wird deshalb wegen ein paar Einzelfall-Christenmorden nicht weiter behelligt.

Ganz anders übrigens die burmesische Regierung, die gegen die islamische und auch terroristisch aktive Volksgruppe der Rohingya vorgeht und deswegen international am Pranger steht. Hier ist kein Platz für eine detailreiche Erörterung der Situation, klar ist aber eines:

Offenbar gibt es doppelte Standards, je nachdem, wie diejenigen, die die öffentliche Meinung prägen können, sie brauchen.

Und was ganz klar ist: Es gibt eine Hierarchie der Opfer. Christen sind derzeit die am meisten verfolgte Religionsgruppe. Da und dort konnte man auch in den Hauptstrommedien auch etwas lesen, aber dieses Faktum ist nicht Teil des offiziellen Diskurses.

Christchurch jedoch ist Teil des offiziellen Diskurses. Genauer gesagt: Christchurch ist Teil eines offiziellen Kultes geworden. Das hat eine besonders skurrile Konsequenz für Österreich.

Groteske Disproportionalitäten

Wer, wie die Identitäre Bewegung in der Person ihres Sprechers Martin Sellner, eine Spende des nachmaligen Attentäters von Christchurch bekommt, wird mit demütigenden Hausdurchsuchungen,  Beschlagnahmungen und durchgestochenen Veröffentlichungen aus Polizeiberichten fertiggemacht. Nicht, dass die österreichische Polizei keine effiziente Aufklärungsarbeit leisten und sich einen Überblick über die nicht existierende Terrorgefahr durch die Identitäre Bewegung verschaffen könnte, sicher nicht. Die Polizei ist mindestens seit Metternichs Zeiten stark in der Aufklärung. Aber es besteht der staatsanwaltlich-politische Wille, Patrioten und Islamkritiker unwirksam zu machen und – Schließung des KAICIID hin oder her – den wachsenden islamischen Einfluß nicht nur nicht einzudämmen, sondern zu befördern.

Die Frage stellt sich, wie es zu dieser grotesken Disproportionalität in der propagandistischen und häufig jurisdiktionellen Bevorzugung des Islam und dessen Anhänger kommen konnte. Dazu drei Erklärungsversuche.

Wirklichkeitsverlust in der theoretischen Analyse –

Von erheblicher Auswirkung auf das Bewusstsein des deutschsprachigen Bildungsbürgertums ist erstens die "Ringparabel" in Gotthold Ephraim Lessings "Nathan der Weise". Dieses läppische Machwerk hat es geschafft, ganzen Generationen von Schülern und somit späteren Erwachsenen, das heißt auch, Entscheidungsträgern in Politik, Gesellschaft und Kirche, den Blick auf die Wirklichkeit zu verstellen. Denn es ist ja ein Unsinn, daß die drei "Religionen" Christentum, Judentum und Islam wie drei gleich gemachte Ringe bis zur Verwechselbarkeit ähnlich wären.

Deren Doktrin ist in keiner Weise ähnlich. Im Gegenteil: Sie stehen kontradiktorisch zueinander, was schon Rolle und Bedeutung der Person Jesu Christi in den jeweiligen Theologien auf den ersten Blick deutlich machen. Auch die kulturellen und zivilisatorischen Auswirkungen, die "Früchte", sind einander nicht ähnlich. Unabhängig vom persönlichen Glauben ist das für jeden kritischen Analysten ohne weiteres zu erkennen.

Lessing und seinen Nachbetern ist es jedoch gelungen, gegen alle Fakten das Bewusstsein zu erwecken, dass die Adepten aller Religionen und zwar unter Umsetzung derer jeweiligen Grundsätze im Prinzip gut, human, kulturfördernd, "aufgeklärt", tolerant, blablabla, handeln könnten. Damit ist für unsere Zeit ein wirklichkeitsfremdes romantisierendes Bewußtsein vom Islam allgegenwärtig. Der Terror wird damit immer einer Fehlform oder einem "Missbrauch" des Islam zugeschrieben.

Zweitens tragen seit 1965 die Texte des II. Vaticanums zu einer falschen Sicht auf den Islam bei. Ohne hier ins Detail zu gehen, muss man erfahrungsgemäß sagen, daß das Konzil die wirklichkeitsgemäße Analyse des Islams und dessen kultureller und politischer Folgen weitgehend unterbunden hat. Damit werden im Westen seit gut 50 Jahren auch keine adäquaten Reaktionen getroffen. Da die Kirche selbst in den Konzilsdokumenten nahelegt, dass der Islam etwas mit Abraham zu tun haben sollte und darüber hinaus Jesus Christus irgendwie "respektiert", sind die Katholiken – und darüber hinaus viele andere Zeitgenossen – gleichsam geblendet worden. Klarerweise wirkt sich diese Verblendung auf Politiker und Medienschaffende, auf Parlamentarier, Staatsanwälte, Richter und Ermittler aus.

Jetzt haben wir den Salat.

Und drittens genießt der Islam eine Vorrangsstellung unter allfälligen Opfern wie in Christchurch, weil sich dessen Adepten mittels Terroraktivitäten eine disproportionale Medienpräsenz erzwingen können. Dieses Mittel erzwingt auch eine kontrafaktisch positive Medienberichterstattung und eine milde Judikatur, wenn es doch einmal etwas zu verurteilen gibt.

 – führt zu schlimmen Folgen in der Praxis

Dass also nigerianische Christen als Mordopfer keine Rolle in westlichen Medien spielen, ist hiermit erklärlich. Auch sonstige Christen im islamischen Machtbereich erreichen das kollektive Bewusstsein des Westens. Nicht einmal das Schicksal der bekannten pakistanischen Katholikin Asia Bibi, die im Gegensatz zu den nigerianischen Katholiken immerhin aus der Anonymität treten konnte, bewegte den Westen nennenswert.

Übrigens auch den Vatikan nicht: Allzu schlecht ist uns in Erinnerung, dass man den Ehemann und eine der Töchter von Asia Bibi am Petersplatz Papst Franziskus vorgestellt hat. Der Papst ging nach einem kurzen Gruß einfach weiter. Diesen Papst interessieren seine Schäfchen offensichtlich nicht.

Keine Frage: Die Verblendung hat auch die Spitze der Kirche erreicht. Damit ist es schwierig geworden, mit einer wirklichkeitsgemäßen Analyse und mit Gegenmaßnahmen aller Art durchzudringen.

Resümee

Somit ist klar, daß mein nigerianischer Nachbar noch lange warten kann, bis eine adäquate Stellungnahme der EU oder der UNO oder der Kirchenführung oder von sonst wem auf die Christenmorde in Nigeria abgegeben wird. Bis dahin wird es noch viele Tote geben, vermutlich nicht nur in Afrika.

Wolfram Schrems, Mag. theol., Mag. phil., Katechist, Lebensschützer, Gründungsmitglied der in Wien tätigen Plattform "Solidarität mit verfolgten Christen"

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