Das Rattengedicht – was wirklich widerlich ist

Ein Rattengedicht bewegt die Nation, gibt der Nazi-Hysterie neue Nahrung und den Linken wieder einmal Grund zum Hyperventilieren. Der FPÖ-Vizebürgermeister von Braunau hat ein Gedicht aus Sicht einer Ratte verfasst und sich dabei auch mit der illegalen Masseneinwanderung befasst. Er selbst nimmt dabei die Rolle der Ratte ein, offenbar analog zu alten Fabeln. Ob man das Gedicht jetzt für geschmackvoll und gelungen hält, oder eher doch nicht, ist die eine Sache. Die vereinigte Linke hat daraus jedenfalls gleich wieder einen neuen Mega-Skandal gebastelt. Und dabei so manches wie üblich verdreht, überzeichnet oder weggelassen.

Offenbar wurden vom Verfasser schon öfter derartige "Rattengedichte" als Kolumnen verfasst – getan wird aber so, als ob er extra Einwanderer mit Ratten gleichgesetzt habe. Da fühlten sich alle Guten und Besseren schon wieder an dunkelste Nazi-Zeiten erinnert, in denen Juden und Systemgegner mit Tieren bzw. Ungeziefer gleichgesetzt worden waren. Dass sich das Ganze in Braunau, der Geburtsstadt eines gewissen Adolf H. abgespielt hat, dürfte eventuell auch eine gewisse beflügelnde Rolle in den Köpfen diverser Moralapostel gespielt haben.

Jedenfalls ist die gesamte linksdrehende Medienwelt im Lande (und auch außerhalb) wieder in totale Panik verfallen und kreischt wie wild "Nazi, Nazi". Natürlich musste der blaue Vizebürgermeister von Braunau sofort zurücktreten – im Stich gelassen von der eigenen Partei, die sich in letzter Zeit vor jedem Nazi-Vorwurf der moralisch chronisch Überlegenen offensichtlich zu Tode fürchtet und jeden vermeintlichen Bösewicht aus den eigenen Reihen sofort an den Scharfrichter ausliefert, sobald dessen Kopf gerade gefordert wird.

Als angenehmer Nebeneffekt verschwinden die Oster-Massaker von Sri Lanka, ausgeführt von sprenggläubigen Allah-Fanatikern gegen Christen und westliche Touristen, bereits wieder aus den Schlagzeilen. Was sind schon mehr als 300 Tote gegen ein Gedicht? Eben! Da muss man schon Prioritäten setzen. Und Kanzler und Vizekanzler helfen fleißig mit. Während Kurz und sein Hofstaat den Vorfall wieder einmal hochgradig widerlich finden, ist Strache natürlich in bewährter Manier sofort auf die Knie gefallen und hat winselnd um Gnade und Vergebung gebettelt. Selbstverständlich hat er den Übeltäter umgehend aus der Partei geworfen – brav war er wieder, der Witzekanzler, wie er von den Linken gerne verspottet wird.

Atemberaubend dabei ist, wie sehr die Regierungsparteien auf linke Panikmache und manchmal durchaus auch Hetze, verbreitet vor allem über die dahinkränkelnden rot-grünen Mainstreammedien, einsteigen. Man könnte auch hereinfallen sagen. In der FPÖ ist ohnehin jeder, auf den der linksmediale Bannstrahl fällt, auf sich selbst gestellt. Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand. Als blauer Funktionär offenbar auch. Man denke nur an Udo Landbauer. Doch auch Wunderkanzler Kurz und seine Partei sind im Hinauswerfen aufmüpfiger Kollegen recht flott unterwegs. Man erinnere sich an Efgani Dönmez. Oder schon davor an Marcus Franz. Auch die einwanderungskritische EU-Abgeordnete Claudia Schmidt wird elegant "entsorgt", indem man sie einfach nicht mehr aufgestellt hat.

Bei den Linken selbst ist das hingegen alles nicht so tragisch. So hat etwa die Niederösterreich-Grüne Helga Krismer Ende 2018 Vizekanzler Strache – lustige Ironie des Schicksals – ausgerechnet mit einer Ratte verglichen. Und was ist passiert? Richtig, gar nichts. Frau Krismer ist heute noch immer im Amt. Die mediale Aufregung blieb auch überschaubar. Aber wenn die Guten die Bösen als Ratten bezeichnen (und zwar nicht in Gedichtform mit Fabelcharakter, sondern ganz offen), dann ist das ja kein Problem. Nur wenn ein Blauer zu laut ausatmet, dann haben wir einen Skandal!

Richtig heftig zur Sache ging es schon bei Schwarz-Blau I rund um das Jahr 2000. Damals wurden auf den Anti-Regierungsdemonstrationen Transparente mit der Aufschrift "Widerstand, Widerstand, Haider-Schüssel an die Wand" von linken Gruppierungen öffentlich präsentiert. Auch die Jung-Sozialisten sollen da eine Rolle gespielt haben. Im Theater gab es "Tötet Schüssel" als Schlingensief-Aktionskunst.  Das sind zwar nur flotte Mord-Aufrufe, aber das kann man schon als "Meinungsäußerung" gelten lassen. Der Unmut war schließlich verständlich, wenn keine Linken in der Regierung sitzen und somit auch kein Steuergeld verteilen können.

Die Aufregung blieb auch bei diesen Entgleisungen überschaubar – vor allem medial. Von Rücktritten in der SPÖ oder bei den GrünInnen wurde da nichts bekannt. Und weil das bei Linken mit den Nicht-Rücktritten so gut funktioniert, wird diese schöne Tradition auch beibehalten. So musste auch der Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer nicht gehen, obwohl seine Aussagen mindestens so "frauenfeindlich" waren, wie die von ÖVP-Mann Dönmez. Während es für den Türkisen keine Gnade gab (auch nicht von der eigenen Partei), ist Dornauer weiter fröhlich im Amt.

Oder die Pflasterstein-Aktion von einigen hochgeistigen roten Gewerkschaftlern. Die positionierten vor den Wohnungen von blauen und türkisen Abgeordneten Pflastersteine und Kerzen. Angeblich ein Protest gegen den furchtbaren 12-Stunden-Tag, unter dessen versklavenden Auswirkungen das ganze Land seit September 2018 zu leiden hat. Man könnte einen Pflasterstein und eine Kerze aber auch als unverhohlene Drohung interpretieren. Oder als Nazi-Aktion, wenn es Blaue getan hätten. So aber passierte im Grunde wieder gar nichts. Für einige enttarnte Gewerkschaftler gab es ein strenges "Du, Du, Du" mit erhobenem Zeigefinger und das war es dann auch schon wieder.

Ein echter Hit in punkto Entgleisungen ist aber die SPÖ-Ortsgruppe Langenzersdorf und ihre berühmt-berüchtigte Facebook-Seite. Dort wird mit Dreck auf die Regierung geworfen, dass jeder stolze Hahn sofort seinen Misthaufen mit einem Langenzersdorf tauschen möchte. Denn dort muss es die größten Gülleburgen geben, von denen aus man am besten krähen kann.

Die Langenzersdorfer Genossen unterstellten dem Bundeskanzler eine Rotlicht-Vergangenheit, dem Innenminister wollten sie den IS-Mindestsicherungsskandal in Wien andichten, obwohl der da noch gar nicht im Amt war und sie posteten auch folgende "Weisheit": "Mit der FPÖ hat sich das Haus Österreich das Klo ins Wohnzimmer gestellt … und viele haben sich an den Gestank mittlerweile gewöhnt." Weiters wurde im Raum Langenzersdorf Niki Lauda wegen seiner Spender-Organe diffamiert. Außerdem wurde die Regierung als "schwarzbraune Volksverräter" und als "Verbrecherregierung" denunziert. Ein Kärntner SPÖ-Funktionär bezeichnete Kurz dazu als "Nobelhure der Neonazis". Konsequenzen? Natürlich keine! Es sind bis heute nicht einmal ernsthafte rote Reaktionen aus der Löwelstraße bekannt, geschweige denn, dass irgendjemand seinen Hut nehmen musste.

Dieses Messen mit zweierlei Maß ist unerträglich und eine Bankrotterklärung für die gesamte Medienlandschaft. Während die einen nach jedem falschen Schnaufer zurücktreten müssen, dürfen andere hetzen und vernadern bis zum Abwinken, wenn sie nur links genug sind. Es ist aber auch eine Bankrotterklärung für beide Regierungsparteien, die immer wieder auf denselben linken Schmäh hereinfallen. Das ist wirklich widerlich!

Niklas G. Salm, früher Journalist, schreibt jetzt unter Pseudonym.

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