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Lehrersein – ein sehr kritischer Blick

Der schmale Grat des Lehrerseins wird permanent schmäler und herausfordernder angesichts der ständigen Unruhe und Fremdeinmischung im Bildungsbereich. Und es werden subjektiv betrachtet immer mehr, die diesen schmalen Grat nur noch mit Mühe bewältigen können bzw. wollen, so manch einer stürzt ab. Und doch gibt es auch viele, die noch nach Jahren gerne und energiegeladen dieses Lehrersein ausfüllen und durchhalten. Warum oder warum eben nicht? Es wäre Anmaßung, über die eine oder andere Gruppe ein finales Urteil abgeben zu wollen, aber der persönliche Blick auf dieses Lehrersein sei gestattet.

Zumindest in den großen städtischen Ballungsräumen und weit weg von sogenannten Vorzeigemodellen oder elitären Bildungseinrichtungen hat Lehrersein im alltäglichen Bildungsalltag oftmals nur mehr recht wenig von dem "was früher einmal war".

Sehr viele, fast schon zu viele Faktoren, beeinflussen das Lehrerleben:

Äußere Erwartungshaltungen und permanente Forderungen

Sie sind nicht selten eine der primären Hauptursachen, warum dieser "schmale Grat" so schwer zu beschreiten ist. Da wäre zunächst die Politik, die gesellschaftspolitische Versäumnisse, die oft aus Feigheit nicht wirklich angegangen werden, an die Schule delegiert: Konfliktprävention und Cyber-Mobbing, aktuell hinzukommend Gewaltprävention gegenüber Frauen, sozial-kognitive Integration von Schülern nicht-deutscher Muttersprache, Traumaarbeit für Schüler aus Kriegsgebieten, reflexartig geforderte Inklusion von Schülern mit besonderen Bedürfnissen am besten bis zur Hochschule, Vorbereitung auf die Berufswelt, Kompensation des Desinteresses und der Destruktivität von Eltern aus bildungsfernen Schichten und, und, und…..

Dieser Problemkreis wird erweitert von Erziehungsberechtigten, die in Ballungsräumen im besten Falle der Schule passiv gegenüberstehen, die nicht selten aber als sogenannte "Helikoptereltern" zwar alle ihre Rechte und die ihrer Kinder kennen, aber nicht mehr die Pflichten!

Getoppt wird das noch von der Tatsache, dass etwa in Wien mit so manchen Erziehungsberechtigten entweder die Kommunikation aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse schwer oder nur mangelhaft möglich ist oder aus kulturellen Gründen sowieso abgelehnt wird. Danach erdreisten sich Teile der Gesellschaft dann – manipuliert von"Yellow-Press-Printmedien" –, einer ganzen Berufsgruppe einen gut bezahlten Halbtagsjob mit wenig Leistung und viel Freizeit vorzuhalten.

Und dann wäre da auch noch eine große Bandbreite an Schülern, die spätestens ab der Sekundarstufe entweder erkennen, dass der Grundstein zu Erfolg tatsächlich ausschließlich über Bildung erreicht werden kann und die dies auch einfordern (Stichwort: Hochbegabte) oder eben – angespornt von Zurufen von außen – Schule oft als "notwendiges quälendes Übel" ansehen und mit geringstmöglichen Einsatz eine völlig tolerante, selektionsfreie, chancengerechte "Fun-Area" vorfinden möchten.

Sollte es darüber hinaus passieren, dass Schule auch noch die radikale, flächendeckende Inklusion durchführen muss, wird das Lehrersein an einem Durchschnittsstandort bereits am Limit angekommen sein!

Eigene Erwartungshaltungen und Ansprüche an einen selbst

Psychologisch betrachtet sind diese entweder Segensbringer oder Verstärker im negativen Sinne. Aber wir alle haben sie, offen zugegeben oder gut versteckt, realistisch oder illusorisch, immer wieder überprüft oder weggeschoben.

  • Bin ich noch auf dem richtigen Weg?
  • Ist diese Schule, diese Bildung noch mein Weg?
  • Wie nah oder weit bin ich an meinen Vorsätzen, Idealen, Visionen von damals noch dran?
  • Wer will ich sein – Freund, Lernbegleiter und Anbieter, Kumpel oder doch Vorbild und Führungspersönlichkeit?
  • Was kann, will und darf ich noch erreichen?
  • Zerbreche ich am System oder schaffe ich mit Resilienz, das "Nicht-Veränderbare-System" im Ganzen auszuhalten?
  • Schöpfe ich alle mir zur Verfügung stehenden emotionalen, kognitiven und fachlichen Mitteln aus, um in jenen Bereichen, wo ich verändern kann – und das ist nur im unmittelbaren Kontakt zum Kind –, dies mühsam und langsam auch teilweise zu tun?

Reflektieren ist keine Schande, nur wer dies nicht mehr tut, sollte aufhorchen.

Seien wir ehrlich – das Rollenbild des Lehrers hat sich verändert

Abgesehen vom tertiären Bildungsbereich, der Erwachsenenbildung oder Eliteeinrichtungen hat das durchschnittliche Lehrersein nichts mehr mit der ursprünglichen Intention der reinen Wissensvermittlung gemeinsam. Dazu haben sich Politik, Gesellschaft und Schule zu sehr verändert. Wer noch immer nicht erkannt hat, dass Lehrersein heute oft Elternersatz, Reibebaum für (pubertäre) Entwicklungsphasen, Vorbildsein, Psychologe, Therapeut, Vermittler, Konfliktschlichter und irgendwann auch Wissensvermittler bedeutet, mag in Schwierigkeiten kommen.

Dabei ist es unerheblich, ob man mit dieser Entwicklung einverstanden ist oder nicht oder gar ob man darin ausgebildet ist. Denn dieser von uns gewählte Beruf wird wohl bis zum Ruhestand alle diese Herausforderungen von uns einfordern. Niemand wird fragen, ob man das nun auch tatsächlich möchte! Natürlich kann man sich verändern – wem diese Möglichkeit offensteht –, man kann aber auch resignieren und zum Mitläufer werden. Ob man damit glücklicher fährt, bleibt abzuwarten.

Und noch eines sollte man als Lehrer nicht automatisch erwarten – Dankbarkeit! Es gibt keine pauschale Dankbarkeit für unsere Leistungen, nicht seitens der Politik, der Gesellschaft, der Eltern oder der Schüler. Wer Dankbarkeit sucht und vielleicht darüber hinaus zur Eigentherapie benötigt, wird auf lange Sicht leiden. Die wirkliche Dankbarkeit kommt aus eigener Erfahrung leise, individuell und oftmals zeitversetzt. Und oft von jenen, wo man es nicht erwarten durfte!

Was das Lehrersein noch alles erschwert

Eine Gedankensammlung:

  • Gesellschaftspolitische Uneinigkeit darüber, was Schule denn sein soll: eine vermeintlich chancengerechte, druck- und selektionsfreie Fremdmotivationsebene, die sich dem ständig nach unten gehenden Niveau anpassen muss, oder doch eine Einrichtung, in der wieder Leistung, Anstrengung, Eigenmotivation, Üben, Trainieren und das Umgehen mit Misserfolg erlernt werden müssen?
  • Eine "Lehrerausbildung NEU", die nur auf den ersten Blick diesen Namen verdient, weil nicht nur die spartenspezifischen Ausbildungen abgeschafft wurden, sondern weil dort inhaltlich weit weg von der Schulrealität wissenschaftslastig unter ständiger Reduktion der Unterrichtspraxis (Induktionsphase) gearbeitet wird. Abgesehen vom Aberglauben, dass eine zeitlich längere, inklusive Ausbildung Lehrer für das Dogma "Inklusion ohne Wenn und Aber" vorbereiten würde.
  • Und damit wären wir schon bei der "Inklusion" selbst. Sie ist in Deutschland flächendeckend gescheitert mit massiven Forderungen für "Hilfsschulen". Sie findet in Skandinavien innerlich gesplittet statt. Und in den USA rebellieren die Hochbegabten. Nur in Österreich hält sich noch hartnäckig die Forderung der UN-Behindertenkonvention einer pauschalen und flächendeckenden Inklusion bis zur Hochschule, und zwar unter Auflösung aller Stigmata ohne Alternativen. (Ja, dem Autor sind die österreichweiten Vorzeigestandorte und Modellregionen durchaus bekannt.)
  • Hinzu kommen leider manchmal auch Eigenfehler und innere Probleme: "schwache, konfliktscheue Schulleiter"; Lehrkörper, die mehr an "Professional Jealousy" denn professionelle Arbeitsgemeinschaften erinnern; untereinander konkurrierende Schulen; und Mitarbeiter, die nur mehr mitgeschleppt werden. Und es gibt eine neue Lehrergeneration, die nicht mehr nur für die Schule lebt und auch keine Scheu mehr hat, sowohl den Dienstort als auch den Beruf nach einigen Jahren zu wechseln. (In Wien wurde das seitens der Behörde noch nicht ganz begriffen.)
  • Bleibt noch der eklatante Mangel an männlichen(!) Lehrpersonen zu erwähnen, die vielen Kindern sehr gut tun würden.

Persönliches Resümee

Lehrersein ist ein guter, schöner, erfüllender, sicher auch emotional aufreibender Beruf. Er ist auch einer der Wichtigsten auf der Welt. Würden die Schulen geschlossen mehr aufzeigen und öfters "Stopp" sagen, wäre dem Lehrersein schon sehr gedient. Auch den Weg der Resilienz, der Abgrenzung, des Abschaltens, des Ausgleichs muss jeder für sich selbst finden – denn er ist individuell anzulegen. Zu warten, bis der Dienstgeber seiner Fürsorgepflicht wertschätzend nachkommt ist "vergebene Liebesmühe."

Subjektiv sollte noch etwas bedacht werden: in Zeiten großer globaler Herausforderungen benötigen alle jungen Menschen altersadäquat Lehrer, die klare Orientierung, klare Vorbild- und Führungsposition zeigen, die Ordnung, Regeln, Verhalten und Konsequenzen einfordern sowie stabil, standfest, sich selbst gegenüber treu und klar einschätzbar sind.

Dies schließt jedoch Wertschätzung, Beziehungsaufbau und Authentizität nicht aus!

Der Bildungsexperte und Fachautor SObl. Wolfgang Weissgärber ist am Zentrum für die Fachbereiche Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik tätig. 

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