Der IWF gegen das Bargeld – das ist Brutalität

Bargeld ist geprägte oder gedruckte Freiheit. Wer nur über virtuelles Geld in Form von Plastikkarten verfügt, sieht nicht nur im Falle technischer Probleme mit Lesegeräten oder elektronischen Kassen alt aus. Alle seine Einkäufe sind für denjenigen, der über die dafür notwendigen technischen Mittel und EDV-Kenntnisse verfügt, nachvollziehbar. Und dem allmächtigen Leviathan unliebsame Dissidenten blieben, wenn dieser das wollte, nicht einmal die Mittel, sich eine Wurstsemmel, geschweige denn ein paar Liter Treibstoff zu kaufen. Wer will in einer solchen Welt ohne jede private und anonyme Rückzugsmöglichkeit leben?

Wer also – mit welch fadenscheinigen Argumenten auch immer – gegen das Bargeld zu Felde zieht, führt nichts Gutes im Schilde. Latrinenparolen wie "…nur Drogen- Waffen- und Mädchenhändler oder andere Finsterlinge brauchen Bargeld" sind zu dumm, um darauf einzugehen. Bargeld ist einfach deshalb so nützlich, weil es den letzten Rest von Privatsphäre schützt, der uns dieser Tage noch geblieben ist. Es geht weder die Bank noch den Finanz- oder Polizeiminister etwas an, wofür wir unser sauer verdientes Geld ausgeben. Punktum.

Es ist kein Zufall, dass die schärfsten Kritiker der Verwendung von Bargeld, wie etwa der prominente US-Ökonom Kenneth Rogoff (Link zu Amazon), stets aus den Reihen der Finanzwirtschaft kommen. Leute wie er stehen zum einen auf den Lohnlisten der Geldalchemisten in einschlägigen Institutionen (wie den Notenbanken, dem IWF, etc.) und sind es zum anderen gewöhnt, ausschließlich in Aggregaten zu denken und aus Fleisch und Blut bestehende Menschen auszublenden.

Die Existenz des Bargelds limitiert die Möglichkeiten der Zentralbanken, den Zins zu manipulieren. Ihren Mitteln, den Zins, das ewige Feindbild aller Keynesianer, unter den Nullpunkt zu drücken, sind dadurch Grenzen gesetzt. Die Bürger hätten den Ausweg, ihre Konten zu plündern und Bargeld unter ihre Matratzen zu stopfen, anstatt das Buchgeld kampflos dem Fiskus zu überlassen. Daher steht eine bargeldlose Welt im Zentrum der feuchten Träume jedes Zentralbankers und/oder verschuldungsgeiler Politiker.

Da die vollständige Abschaffung des Bargeldes aber (noch) auf allzu massive Widerstände stoßen würde und die Nomenklatura auf die Stimmen älterer Bürger, die am stärksten an den vertrauten Noten und Münzen hängen, nicht verzichten können, ist guter Rat teuer. Was tun? Das fragte sich weiland übrigens auch schon Lenin – ohne auf einen grünen Zeig zu kommen.

Die Antwort wurde indes soeben von Experten des Internationalen Währungsfonds gegeben (siehe hier). Sie besteht de facto in der Verwirklichung der krausen Ideen Silvio Gesells, anno 1919 zum Finanzminister der kommunistischen Münchener Räteregierung berufener und sattsam bekannter Erfinder des Schwundgeldes. Dass Maynard Keynes große Stücke auf den Mann hält, über den er schreibt "Ich glaube, die Zukunft wird vom Geiste Gesells mehr lernen als von jenem von Marx", erübrigt jede weitere Erörterung (siehe hier).

Bargeld soll, nach den rezenten Vorstellungen der IWF-Ökonomen, im Gleichschritt mit der systematischen Plünderung elektronischer Konten entwertet werden, was seinen Besitz im Hinblick darauf, es vor dem Zugriff des ewig klammen Fiskus zu schützen, plangemäß sinnlos macht.

Die technische Umsetzung dürfte zwar nicht einfach sein, da alle Wirtschaftstreibenden auf eine "doppelte Buchführung" hinsichtlich der Entgegennahme barer oder elektronischer Zahlungsmittel umstellen müssten, um den Coup auch tatsächlich gelingen zu lassen. Gesells Modell war dagegen – zu seiner Zeit gab es allerdings noch kein Plastikgeld – einfacher: Banknoten mussten regelmäßig mit kostenpflichtigen Wertmarken beklebt werden, um ihre Gültigkeit nicht zu verlieren.

Die Frage der technischen Machbarkeit ist aber gar nicht entscheidend. Was wirklich zählt, ist die mit dieser Maßnahme verbundene, flächendeckende Einführung einer alle Geldhalter – auch die ärmsten unter ihnen – treffenden Vermögenssteuer und die schrittweise Abschaffung des Eigentums an rechtmäßig erworbenen Geldmitteln. Die möglichen Ausweichstrategien, wie etwa der Umstieg auf Edelmetalle, Fremdwährungen oder andere liquide Güter, würden, so darf erwartet werden, mit der gleichen Entschlossenheit bekämpft werden, wie das Bargeld. Eine klassische Interventionsspirale würde sich ausbilden, an deren Ende der "Rechtsstaat" seine Maske fallen lässt und seine totalitäre Fratze zeigt.

Was nie vergessen werden darf: Der Besitz von Geld setzt – wenn es mit wirtschaftlichen und nicht mit politischen Mitteln verdient wird, was zumindest auf alle Leistungsträger zutrifft – die Erbringung eines Dienstes für die Mitbürger voraus. Dass der Staat Leistung mit Einkommensteuern bestraft, während er Müßiggang mit Sozialtransfers belohnt, ist ja schon schlimm genug. Wenn darüber hinaus aber auch noch die verbliebenen Reste der Früchte von Arbeit ganz nach dem Gutdünken der Obertanen und ihrer Komplizen in der Geldwirtschaft beliebig entwertet werden sollen, dann schlägt´s endgültig dreizehn!

Privates Eigentum, das kann nicht oft genug betont werden, bildet die entscheidende Basis für ein friedliches Zusammenleben. Die klare Unterscheidung von Mein und Dein ist das stärkste Mittel, um Konflikte zu vermeiden. Wer diese Unterscheidung nicht respektiert, legt die Axt an die Wurzeln jeder zivilisierten Gesellschaft, in der nicht unentwegt der Krieg aller gegen alle tobt. Privates Eigentum sollte ohne Zustimmung seines Herrn absolut unantastbar sein.

Dieser Punkt wird in allen Debatten um die Einführung von "Minuszinsen", die der Natur des Menschen diametral entgegenstehen, vollkommen ausgeblendet. Das geschieht allerdings nicht von ungefähr, denn es handelt sich dabei um nicht mehr und nicht weniger als um einen vom angeblichen Rechtsstaat verübten Raub. Auf diese unbequeme Wahrheit aufmerksam zu machen liegt indes bestimmt nicht im Interesse der Nomenklatura und ihrer Systemlinge.

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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