Wer fürchtet sich vorm starken Mann?

Der Anteil der Personen, die der Politik "sehr" beziehungsweise "eher" vertrauen, hat sich von 2017 auf 2018 von nur zwölf auf bemerkenswerte 45 Prozent vervielfacht – soweit der heurige "Demokratiebefund", den das OGM-Institut seit Jahren für die überparteiliche "Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform" (IMWD) erstellt. Und auf die Frage, ob die Regierung eine größere Problemlösungskapazität habe als im Jahr davor, ist die Zustimmung von fünf auf 27 Prozent gestiegen.Diese deutlichen Verbesserungen zeigen, "dass die im Dezember 2017 neugebildete Regierung und die neuformierte Opposition im Gegensatz zu der oft als lähmend empfundenen SPÖ/ÖVP-Koalition neue Dynamik in die Politik bringt", so das IMWD.

Nach der "Europäischen Wertestudie (EVS)", die ebenfalls im Oktober publiziert wurde, sind 71 Prozent der Österreicher mit ihrem Leben zufrieden, so viel wie nie zuvor. 96 Prozent präferieren ein demokratisches politisches System. Noch 2017 hielt jeder Vierte einen sogenannten "starken Mann", einer "der auf den Tisch haut", für eine gute Sache, heuer sind es immerhin "nur" noch 16 Prozent.

Ähnliche Trends zeigt der "Österreichische Demokratie-Monitor" des Sora-Instituts, nach dem sich noch vor einem Jahr 43 Prozent für einen "starken Mann" ausgesprochen hatten, sind das heute "nur" mehr 18 Prozent. Für knapp 90 Prozent ist die Demokratie – bei allen Schwächen – die beste Staatsform.

Drei aktuelle, seröse Befunde zeigen also im 100. Jahr unserer Republik eine durchaus gefestigte Demokratie, die sich nach der Katastrophe der Nazi-Diktatur und des 2. Weltkrieges stetig entwickelt hat. Diese erfreulichen Ergebnisse widersprechen auch der Panikmache, die vor allem von linker Seite (insbesondere auch vom ORF) gern betrieben wird, wo man uns seit der letzten Regierungsbildung krampfhaft einreden will, dass nunmehr, wenn schon nicht der Faschismus, dann zumindest autoritäre Tendenzen vor der Türe stehen und die Regierung " in Richtung Demokratieabbau" gehe, so etwa der neue SPÖ-"Mastermind" Thomas Drozda.

Wenn man so einen Unsinn hört, dann versteht man besser, warum die SPÖ in Meinungsumfragen kontinuierlich unter ihrem letzten Wahlergebnis liegt – egal, wer gerade Parteivorsitzende(r) ist. Die Wähler sehen das jedenfalls anders und merken, dass nach Jahren des Stillstands bisherige Tabuthemen angegangen werden. Wo die Demokratie tatsächlich abgeschafft ist, also etwa in Nordkorea, China, Kuba oder Venezuela, tragen diese Diktaturen eine eindeutig linke Handschrift - mit sehr, sehr starken Männern an der Spitze.

Lassen wir uns also von der schrillen Empörungsindustrie nicht verdummen. Auch Heinrich Neisser, der Sprecher der "Initiative Mehrheitswahlrecht und Demokratiereform", sieht hierzulande keinen Anlass, in "hysterischer Art und Weise" eine Demokratiediskussion zu beginnen.

Was nicht heißt, dass unsere Demokratie nicht weiterzuentwickeln wäre, vor allem in Richtung Wahlrecht und direkte Demokratie. Unabhängig von den drei Volksbegehren, die heuer zu verzeichnen waren, stünde es der Regierung gut an, den Vorschlag vorzuziehen, der eine Volksabstimmung bei 900.000 Volksbegehrens-Unterschriften zwingend vorsieht. Es wäre ein weiteres, wichtiges Element, die Partizipation der Bürger in unserem Land zu verstärken.

Das setzt allerdings ständige Verbesserungen bei unserer Medienkultur voraus, denn nur gut informierte Bürger können auch vernünftige Voten abgeben. Und hier liegt einiges im Argen: einerseits die bekannt asymmetrische Medienlandschaft mit einem dominierenden rot-grünen Staatsfunk und finanziell abhängigen Printmedien sowie andererseits Bürger, deren "mediale Alphabetisierungsrate" (©Thomas Hofer) zu wünschen lässt. Die Regierung wäre gut beraten, hier wirksame Strategien zu entwickeln, denn nur mündige, gut informierte Bürger sind ein wirksames Bollwerk gegen Populismus, Hetze und Desinformation.

Dr. Herbert Kaspar war langjähriger Herausgeber bzw. Chefredakteur der ACADEMIA, der Zeitschrift des Österreichischen Cartellverbandes. Der Beitrag ist sein adaptierter Gastkommentar in der Dezember-Ausgabe dieser Publikation.

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