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Für den politisch interessierten Beobachter ergeben sich immer wieder Ereignisse, deren Absurdität ihn vor eine gewisse emotionale Ratlosigkeit stellt. Besonders wenn sich banale Vorurteile, zu denen man eigentlich intellektuelle Distanz zu pflegen versucht, in einer Vehemenz bestätigen, mit der man dann doch nicht gerechnet hätte. Genau so verhält es sich mit dem Vorurteil des opportunistischen, nur auf den eigenen Vorteil bedachten Politikers. Die Reaktionen können in solchen Situationen zwischen den Polen der moralischer Fassungslosigkeit und der abgeklärten Geste des "Eh klar" oszillieren.

An Fällen von Politikern, deren nach-politische Geschäftstätigkeiten zumindest teilweise im ethischen Widerspruch zu ihren vormals propagierten Werten stehen, mangelt es in der jüngeren Geschichte nicht. Doch, dass dieser Widerspruch derart stark ausfällt, dass jeder Außenstehende sich fragen muss, ob der betreffende Akteur je selbst geglaubt hat, was von ihm da über Jahre hinweg vertreten wurde, verlangt dann doch ein neues Level an Toleranz für kognitive Dissonanzen. Der enorme Kontrast zwischen der vormals an die Spitze getriebenen Hypermoral, und dem nunmehrigen opportunistischen Pragmatismus, gibt dem für die geschulten Beobachter klassischen Dilemma zwischen Naivität und Zynismus eine neue Qualität.

Nachträgliche Erklärungsversuche, die nett klingende Punkte wie beispielsweise die "Internationalität" des neuen Arbeitgebers als ausschlaggebenden Grund für das Engagement herausstreichen sollen, wirken da eher kontraproduktiv. Auch die Selbstbezeichnung mit noch viel netter klingenden Titeln wie "Verantwortungsmanagerin" verstärkt, ob der an Präpotenz grenzenden Naivität des Versuches dadurch Integrität zu bewahren, den fahlen Geschmack der moralischen Beliebigkeit nur noch zusätzlich. Man fragt sich, inwieweit auch in der vorangegangenen politischen Karriere "Nett-klingen" das Kernkriterium für den eigenen "Wertekompass" darstellte.

Selbstverständlich hat jeder Politiker das Recht, bei einem Ausstieg aus dem politischen Betrieb jeden weiteren Karriereweg einzuschlagen, der ihm zusagt. Und es müssen auch persönliche Entscheidungen der Lebensführung nicht für die breite Öffentlichkeit nachvollziehbar sein. Worauf jedoch schon geachtet werden sollte, ist die moralische Fallhöhe, die sich ergeben kann, wenn man aus dem geschützten staatlichen Bereich heraus hohe ethische Standards für andere aufstellt, die man schließlich später in der Realität des freien Arbeitsmarktes selber nicht einhalten kann.

An dieser Stelle wäre es sinnvoll, sich an die in Vergessenheit geratene Unterscheidung Max Webers von Gesinnungs- und Verantwortungsethik zu erinnern, auch wenn man aus der erwähnten zynischen Sicht Politik nur als Spiel um Macht, und Ideologien und wenn man Werthaltungen nur als Instrument in diesem Spiel betrachtet. Denn es wäre im Interesse des Ansehens des politischen Betriebes, und auch im Sinne der eigenen Selbstachtung vorteilhaft, dieses Spiel wenigstens mit einem gewissen Grad an Verantwortungsbewusstsein zu betreiben.

Fabio Witzeling: Soziologe mit den Forschungsschwerpunkten: Werte und Einstellungen, Ideologieforschung, politische Institutionen, Wettbewerb und Strategien

In Co-Autorenschaft mit Daniel Witzeling ist das Buch "Wenn der Wind sich dreht: Zeitfenster in eine neue politische Ära" im Verlag Frank&Frei erschienen.

 

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