Der Feminismus frisst seine Kinder

Obwohl die Frauenbewegung in den letzten hundert Jahren in der westlichen Welt ihre Forderungen nach Gleichberechtigung und Chancengleichheit durchgesetzt hat (Wahlrecht, Zugang zur Bildung, Recht auf Besitz und Erwerbstätigkeit, auf Selbstbestimmung, auf Scheidung, Schwangerschaftsunterbrechung, Familienentscheidungen etc.), gilt die Frau als grundsätzlich benachteiligt und der Mann – ebenso pauschal wie kollektivierend – als grundsätzlich privilegiert. Die heutige Frauenpolitik definiert sich nicht über ihre Erfolge, sondern besteht auf dem Opferstatus der Frauen, und diesen setzt sie seit einigen Jahren wieder verstärkt als Argument für ihre Forderungen ein.
(Anmerkung: Dieser Text ist eine etwas längere, aber tiefschürfende und alle relevanten Aspekte ansprechende Analyse der gegenwärtigen Gender-Diskussion).

Sowohl von (gender)wissenschaftlicher als auch von medialer Seite werden gesellschaftliche Prozesse nahezu ausschließlich durch den Filter der Diskriminierung interpretiert. Darauf reagiert die Politik mit noch mehr gesetzlichen Regelungen, um eine quantitative Gleichheit (50:50) der Beteiligung der Geschlechter an allen Lebensbereichen zu erzielen. Diese Gleichstellungspolitik repräsentiert die heutige Vorstellung von Geschlechtergerechtigkeit (nicht „jedem das Seine“, sondern „allen das Gleiche“).

Diese Einstellung sowie die daraus folgenden Verhaltensweisen und Gesetze werden von (vermutlich) der Mehrzahl der Frauen und Männer als dogmatisch und realitätsfern wahrgenommen. Sie führen zu starken Irritationen und Behinderungen bei der Verwirklichung ihrer Lebensentwürfe.

Frauen sind in der westlichen Welt in allen Belangen rechtlich gleichberechtigt und haben die gleichen Chancen wie Männer. Dass seit einigen Jahren der Eindruck entsteht, sie wären noch immer systematisch benachteiligt, liegt nicht an den Fakten, sondern an einer unvermuteten Änderung der Ideologie: Mit der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung der Europäischen Union (EU) um die Jahrtausendwende erfuhr auch die Geschlechterfrage eine neue Ausrichtung. Es fand ein Bedeutungswandel von Gleichberechtigung in Richtung quantitativer Gleichheit (Gleichstellung) statt. Damit wurde der Begriff Gerechtigkeit neu konnotiert.

Die darauf folgenden politisch-rechtlichen Regelungen, die durch die Vorgaben Gender Mainstreaming und Gender Budgeting legitimiert wurden, führten jedoch nicht – wie ursprünglich von der Europäischen Union intendiert – zu einer ausgewogenen Beurteilung und Förderung der Lebenslagen von Frauen und Männern, sondern zu einer Vereinnahmung durch die Frauenpolitik.

Die Konsequenzen waren laufend neue Forderungen zur Behebung von Benachteiligungen des weiblichen Geschlechts, wie die Schließung der Geschlechter-Lohnlücke, Quotenregelungen und Förderprogramme. Auch die Kollektivschuld „der Männer“ an der Unterdrückung „der Frauen“ erlebte eine Renaissance. Sie wurde mit den Herrschaftsformen des Patriarchats argumentiert, welche die Männer zu Nutznießern der „patriarchalen Dividende“ werden ließe und daher für Frauen eine „positive Diskriminierung“ im Sinne ausgleichender Gerechtigkeit legitimiere.

Die allgemeine Akzeptanz des Konstruktivismus als Begründung der Geschlechteridentitäten (Gender = Sozialisation statt Sexus = Biologie) sowie der quantitativen Gleichstellung ermöglichte neue gesellschaftliche Normen zur Rollenerweiterung bzw. –umkehr:

  • Frauen in die Vollzeiterwerbstätigkeit inklusive Karrierestreben;
  • Männer in Väterkarenz mit Verzicht auf Überstunden und Bereitschaft zur Teilzeitarbeit;
  • möglichst frühe Fremdbetreuung der Kinder
  • und Versorgung von alten Menschen in Pflegeeinrichtungen,

hinzu kamen Verschärfungen der Political Correctness mit detaillierten Vorgaben, wie Männer mit Frauen umzugehen hätten (Stichworte: sexuelle Belästigung, rape culture) bis hin zu Regelungen für eine geschlechtergerechte Sprache (Binnen-I etc.).

In den letzten Jahren verstärkt sich das Bestreben, das „heteronormative Paradigma“ der Geschlechter aufzulösen, also Mann und Frau nicht mehr als konstituierendes Prinzip des Menschseins anzuerkennen. Alle Formen der sexuellen Orientierung sollten in allen Belangen gleichgestellt und sichtbar gemacht werden (Ehe- und Adoptionsrecht für homosexuelle Paare etc).

Um diesen gesellschaftlichen Wandel in so kurzer Zeit zu erzielen, wurden immer mehr Fakten der Ideologie unterworfen: Die massiven Bestrebungen, Frauen und Männern nicht nur gleiche Rechte und Chancen zu einzuräumen, sondern sie vollkommen gleich zu stellen, bewirkten eine Marginalisierung von Schwangerschaft, Mutterschaft und Stillzeiten.

Der Begriff Dyade (die enge und ausschließliche Verbindung von Mutter und Neugeborenem) wird in der Psychologie nicht mehr erwähnt. Die wissenschaftliche These lautet heute: Die biologische Mutter sei nicht so wichtig, denn ein Kind könne von Anfang an von jedem Menschen gleichermaßen betreut werden. Menstruation und Menopause sind aus der Diskussion über biologische Unterschiede verschwunden – man erwartet, dass Frauen die damit verbundene Leistungsminderung in Eigenverantwortung mit Hilfe von Therapien, Medikamenten oder Operationen im Griff haben (Stichwort: social freezing).

Propagiert unter dem Aspekt der Freiheit und finanziellen Selbständigkeit für Frauen wurden beispielsweise die – von der Arbeiterbewegung hart erkämpften – Schutzzeiten für Frauen verkürzt, das Verbot der Nachtarbeit und schwerer körperlicher Arbeit wurde aufgehoben. Diese Regelungen werden heute als frauendiskriminierend betrachtet. Die Care-Arbeit in den Familien wurde abgewertet – rechtlich und ideologisch. Dies alles, um die Frauen dem Arbeitsmarkt möglichst dauerhaft (und günstig) zu Verfügung zu stellen.

In weiterer Folge entstand ein Paradoxon in der Frauen- und Familienpolitik: Einerseits haben die westlichen Länder unter dem Druck des demographischen Wandels (Alterung der Gesellschaft) ein vitales Interesse, die Geburtenrate zu steigern, andererseits werden Kinder zunehmend als Belastung und Karrierehindernis gesehen. Es wird in der wissenschaftlichen und medialen Kommunikation nur noch von Betreuungspflichten gesprochen, nicht jedoch von Betreuungswünschen. Dies führt zu einer auf niedrigem Niveau (1,3 Kinder pro Frau) stagnierenden Geburtenrate.

Der Wandel der Geschlechterrollen in Bezug zur Elternschaft setzt Frauen wie Männer unter Druck. Dies vor allem deshalb, weil der Trend zur Rollenumkehr (siehe oben) von vielen als gesellschaftlicher Zwang erlebt wird und daher eine Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen sowie die Umsetzung von persönlichen Lebensentwürfen erschwert bis verunmöglicht.

Mit Äußerungen, die nicht dem Mainstream entsprechen, läuft man Gefahr, als reaktionär abgestempelt zu werden. Ein sachlicher und offener Diskurs über die faktischen Grenzen der Gleichheit und damit der völligen Gleichstellung von Mann und Frau (nicht der Gleichberechtigung!) sowie über Alternativen jenseits der Vollzeiterwerbstätigkeit (zur Absicherung von Personen, die Familienarbeit leisten) zeichnet sich zurzeit nicht ab.

Im Bereich der Erwerbsarbeit suggerieren die wiederkehrenden Berichte über die mehr als 20-prozentige Geschlechter-Lohnlücke (Gender Pay Gap), dass Frauen für die gleiche Arbeit weniger gezahlt bekämen. Die Quoten-Diskussion für Aufsichtsräte erzeugt den Eindruck, dass Frauen nicht die gleichen Karriere-Chancen hätten wie Männer.

Diese beiden Aspekte sind seit Jahrzehnten die Hauptstoßrichtung der Politik und werden durch den Einsatz der Wissenschaft und der Medien auch von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung als Realität wahrgenommen und als ungerecht empfunden. Daher finden Ankündigungen zu deren Beseitigung auch über parteipolitische, weltanschauliche und schichtspezifische Grenzen hinweg breite Zustimmung.

Wie in unserer Studie zur Einkommensverteilung und zur Geschlechter-Lohnlücke aufgezeigt, beruht dieses Gefühl der „Ungerechtigkeit“ nicht auf Fakten, sondern auf interessensgeleiteten Interpretationen, die den Eindruck erwecken, Frauen würden für die gleiche Arbeit um ein Viertel weniger Lohn erhalten als Männer. Frauen erhalten jedoch nicht für die gleiche Arbeit weniger Lohn, sondern für andere Arbeit.

Folgende Sachlagen werden umgedeutet bzw. Studiensettings derart gestaltet, dass diese Aspekte nicht abgefragt werden, bzw. Ergebnisse nicht ausreichend kommuniziert werden:

  • Der immer wieder publizierte Gender Pay Gap von 23 Prozent beschreibt die unbereinigte Differenz zwischen den Einkommen von Männern und Frauen. Unbereinigt bedeutet, dass die ausbezahlten Gehälter und Löhne durch die Anzahl der geleisteten Stunden – getrennt nach Frauen und Männern – dividiert werden. Daher sagt diese Zahl vor allem aus, dass Frauen weniger arbeiten.
    • Der bereinigte Gender Pay Gap berücksichtigt hingegen unterschiedliche Faktoren wie Branchenzugehörigkeit und regionales Lohnniveau und fällt dadurch deutlich geringer aus (5 bis 8 Prozent). Er fällt im Öffentlichen Dienst unter die Deutungsschwelle bzw. kehrt sich in manchen Bereichen sogar zu Ungunsten der Männer um. Tatsächlich ist es nahezu unmöglich, in einem freien Markt alle Komponenten seriös zu vergleichen, das gilt insbesondere für Persönlichkeits-Faktoren wie Verkaufs- oder Verhandlungskompetenz.
  • Würde man die Löhne der Männer untereinander vergleichen, würde es auch hier Differenzen geben, weil ein Techniker mit gleicher Ausbildung und Berufserfahrung in einem mittelständischen Betrieb nicht das gleiche verdient wie einer in einem Konzern.
  • Kollektivverträge und Gehalts-Schemata in der Wirtschaft sowie Beamtengehälter sind grundsätzlich für beide Geschlechter gleich gestaltet. Die Unterschiede ergeben sich vor allem durch Mehrleistungen, Prämien, Boni, Einstufungen und Beförderungen. Doch diese sind das Wesen einer freien Marktwirtschaft und weisen in anderen Bereichen wesentliche größere Lücken auf als beim Kriterium „Geschlecht“, etwa bei Kriterien wie Arbeitseinkommen versus Arbeitslosigkeit oder einem etwaigen Migrationshintergrund.
  • Die Mehrzahl der Frauen hat andere Berufswünsche als die Mehrzahl der Männer und wählt daher andere Ausbildungen. Meist geht es um Berufe, die im freien Markt nicht das gleiche Lohnniveau erreichen (Sozialberuf versus technischer Beruf). Die jahrzehntelangen und teuren Bestrebungen der Politik, mehr Frauen in MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) zu bringen, haben nicht annähernd den gewünschten Erfolg gebracht. Sie haben allerdings den Druck auf Eltern und Jugendliche erhöht, nicht ihren Neigungen, sondern den neuen Normen zu folgen.
  • Frauen wählen eher Arbeitsplätze nahe dem Wohnort und oft in Teilzeit. Sie akzeptieren dadurch oft niedriger bewertete Jobs und wählen Karrierewege, die nicht alle persönlichen und zeitlichen Ressourcen binden, um ihre Betreuungswünsche oder -pflichten leichter erfüllen zu können und/oder mehr Lebensqualität zu erhalten.
    Die meisten Frauen (und zunehmend auch Männer) mit kleinen Kindern würden gerne mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen bzw. ihre alten oder kranken Verwandten zumindest teilweise selbst betreuen, wenn es die finanzielle Lage sowie Absicherung und Pensionsvorsorge zuließen. Gerade in dieser Frage liefern Studien unterschiedliche Ergebnisse, abhängig davon, ob in die Fragestellung der finanzielle Aspekt einbezogen wurde.
  • Weitgehend unerforscht und in den Medien kaum kommuniziert ist der Umstand, dass in Doppelverdiener-Haushalten externe Hilfskräfte beschäftigt werden, von der Reinigungskraft über die Kinderbetreuung bis zur Nachhilfe. Da auch der Einsatz von Großeltern immer weniger möglich ist, weil diese selbst noch berufstätig sind oder an anderen Orten wohnen, nehmen vor allem besserverdienende Familien diese Dienstleistungen in Anspruch. Die entsprechenden Arbeitskräfte werden jedoch in vielen Fällen nicht regulär beschäftigt. Es entsteht auf diese Weise ein nicht quantifizierter und nicht thematisierter Bereich zwischen Schwarzarbeit und Prekariat, in dem vor allem Frauen mit Migrationshintergrund arbeiten. Die steigende Erwerbstätigkeit von hoch qualifizierten Frauen erzeugt somit gleichzeitig einen problematischen Arbeitsmarkt für geringqualifizierte Frauen.?
  • Ebenso findet man wenig Material zur tatsächlichen individuellen und institutionellen Umverteilung von Männern zu Frauen. Bedingt durch das größere Volumen der Erwerbsarbeit und den höheren Anteil in den oberen Einkommenssegmenten leisten Männer auch einen größeren Teil an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Über Sozialleistungen (Mitversicherung etc.) und längere Pensionsnutzung wird dieser zu den Frauen hin umverteilt. Statistiken über das Ausmaß des monetären Transfers von Männern zu Frauen sind aufgrund der Datenlage nicht zu erstellen.

Eine weitere Umverteilung erfolgt durch die Alimentation bei Trennungen. Hier wird vor allem dazu geforscht, wie viel der Staat bevorschussen muss, weil Männer ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Auch die Armutsgefährdung von AlleinerzieherInnen ist ein häufig untersuchtes Thema. Wenige Studien gibt es darüber, wie hoch das Volumen der Alimentationen von Frauen durch Männer ist.

Konsequenzen

Untersucht werden sollte auch, inwieweit allgemeine gesellschaftliche Probleme unserer Zeit wie die Zunahme stressbedingter Krankheiten, niedrige Geburten- und hohe Scheidungsraten sowie die Verhaltens- und Suchtprobleme von Kindern und Jugendlichen auf unpassende Reaktionen der Politik auf die Veränderung des Rollenverständnisses der Geschlechter zurückzuführen sind. Evident ist, dass die Regelungen beiden Geschlechtern nicht das angestrebte Mehr an Freiheit und Lebensqualität gebracht, sondern diese reell reduziert haben.

Das von der Politik propagierte Halbe-Halbe-Prinzip, also Erwerbsarbeit und Familienarbeit (Care) jeweils zu 50:50 zwischen den Partnern aufzuteilen, ist in der Praxis sukzessive zu einem „100:100“ mutiert: Die Erwerbsarbeitszeit einer Familie (zwei Personen im erwerbsfähigen Alter mit betreuungsbedürftigen Kindern) hat sich von etwa 50 Stunden in den 1960er Jahren auf heute 70 Stunden erhöht. Und der Trend setzt sich fort, da die angestrebte Idealvorstellung zwei vollzeitarbeitende Elternteile sind – das ergibt 80 bis 90 Stunden Erwerbsarbeitszeit.

Abgesehen vom mangelnden Angebot an entsprechenden Arbeitsplätzen besteht der Anspruch, möglichst viel „Qualitätszeit“ mit den Kindern zu verbringen, die Familie gesund zu ernähren, Sport zu betreiben, sich ehrenamtlich und politisch zu engagieren, die Hausarbeit persönlich zu erledigen und vieles mehr. Das hat die oft kritisierte Doppelbelastung für Frauen nicht reduziert, sondern vielmehr nun auch für Männer zur Norm erhoben.

Dieses Lebensmodell ist unter den erwünschten Qualitätsstandards nicht realisierbar.

Menschen, die diese Forderungen internalisieren, leiden unter Gefühlen der Unzulänglichkeit und unter Versagensängsten, da eben nicht alle Bereiche gleichermaßen bedient werden können. Die Anforderungen im Beruf sind hoch. Die Betreuung von Kindern oder älteren Menschen ist keineswegs nur eine Frage der „Organisation“, sondern vor allem eine Frage der zur Verfügung stehenden Zeit und Energie. Ein realistisches „Halbe-halbe“ würde bedeuten, dass die Erwerbsarbeitszeit deutlich reduziert und der Ausgleich für Care-Arbeit deutlich erhöht werden müsste, um Frau und Mann ausreichend Zeit für die Familienarbeit zu schaffen.

Die derzeitige Politik bietet nur eindimensionale Lösungen an, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern und die Unabhängigkeit von Frauen (bei Scheidungen, bei Pensionen etc.) zu ermöglichen:

  • Erwerbstätigkeit und Einkommen der Frauen erhöhen und gleichzeitig ihre Betreuungspflichten reduzieren:
  • mehr Frauen in die Erwerbsarbeit bringen,
  • mehr Männer zur Familienarbeit bringen, Bewusstseinsbildung fördern („ganze Männer machen halbe-halbe“), Verzicht auf Überstunden und Bereitschaft zur Teilzeitarbeit gesellschaftsfähig machen,
  • Berufswahl verändern: Frauen in MINT-Berufe, Männer in Sozialberufe,
  • Positionen durch positive Diskriminierung besetzen (bei gleicher Qualifikation die Frau bevorzugen),
  • verpflichtende Transparenz der Entlohnungssysteme in Unternehmen etablieren (um bessere Grundlagen für Gehaltsverhandlungen zu schaffen),
  • verpflichtende Quoten für Top-Positionen im öffentlichen Dienst, in staatsnahen und börsennotierten Unternehmen sowie in Parteien und politischen Ämtern (Aufsichtsrat, Vorstand, Kandidatenlisten, Abgeordnete etc.),
  • Pensionsantritt angleichen (Frauen derzeit 60 Jahre, Männer 65 Jahre),
  • Arbeitszeiten von Teilzeit zu Vollzeit erhöhen,
  • Auszeiten durch Betreuung verringern,
    • durch Bewusstseinsbildung und Sorge um Nachteile im Job
    • durch eine Staffelung des Kinderbetreuungsgeldes, die die kurze Auszeit attraktiver macht und den Vater einbezieht, sowie Papamonat etc.
  • Kinderbetreuungseinrichtungen ausbauen: Fremdbetreuung ab sechs Monaten, Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab einem Jahr,  längere Öffnungszeiten, ganztägige Schulformen, steuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten,
  • Pflegebetreuung ausbauen: mobil und stationär, 24-Stunden-Pflege, Pflegegeld,
  • Frauenförderung ausbauen: Forschung als Grundlage, Weiterbildung, Höherqualifizierung, Firmengründung,
  • Gleichstellung umsetzen durch Frauenbeauftragte und Gleichstellungsbeauftragte.

Diese Maßnahmen gehen alle in eine Richtung: Sie bauen ausschließlich auf dem Prinzip der Steigerung der Erwerbstätigkeit und der Reduzierung der Familienarbeit der Frauen einerseits und der Reduzierung der Erwerbstätigkeit und Steigerung der Familienarbeit der Männer andererseits auf. Und zwar bei gleichzeitigem Ausbau der Betreuungseinrichtungen für Kinder und betagte bzw. kranke oder behinderte Menschen. Modelle, die ein anderes Gesellschaftsbild fördern, werden von den Protagonisten dieser Politik als frauenfeindlich kritisiert oder schon im Keim erstickt (konservatives Familienbild, „Herdprämie”, „Müttergehalt” etc.).

Dieses Konzept der Gleichstellung stößt allerdings nicht auf die erwünschte Umsetzungsbereitschaft bei der Bevölkerung, weil viele Menschen erkennen, dass sie als Familie davon vor allem Nachteile zu erwarten haben. Sobald diese Maßnahmen greifen, würde die Statistik zwar eine größere Gleichverteilung der Einkommen und der Familienarbeitszeiten ausweisen, doch in den meisten Fällen weder das Familieneinkommen insgesamt noch die Lebensqualität erhöhen.

Es würden sich zwar sowohl die Toppositionen als auch die Altersarmut gleichmäßiger auf Frauen und Männer verteilen, doch insgesamt würde sich keine Verbesserung ergeben. Zudem empfinden viele Menschen die genannten Regelungen als willkürlichen Eingriff in ihre persönlichen Lebensentwürfe und als Einschränkung ihrer Wahlfreiheit. Und all das nur, um der Ideologie der quantitativen Gleichheit Genüge zu tun.

Christine Bauer-Jelinek ist Wirtschaftscoach und Psychotherapeutin. Dieser Text ist Teil der Studie „Die Teilhabe von Frauen und Männern am Geschlechterdiskurs und an der Neugestaltung der Geschlechterrollen. Er wurde mit Binnen-I-Formulierungen erstellt, die aber im Interesse der besseren Lesbarkeit entfernt worden sind. Die Studie wurde über den CLUB OF VIENNA (CoV) mit Fördermitteln der Kulturabteilung der Stadt Wien ermöglicht.

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