… keine neuen Steuern …

„Keine neuen und keine höheren Steuern.“ So lautete die Garantie der ÖVP im letzten Wahlkampf. Genau dafür wurde sie wahrscheinlich von einem Großteil der 24 Prozent gewählt, die damals noch für sie gestimmt haben. Weil diese Zusage bedroht wurde, gab Michael Spindelegger auf. Er wollte sich nicht „verbiegen“. Was man jetzt so im Zuge der Steuerreformdiskussion aus der ÖVP hört, verunsichert, denn die verschiedenen Ansagen sind alles andere als klar.

Lediglich der neue Finanzminister hat es mehrmals deutlich auf den Punkt gebracht: dass Österreich kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem hat; dass unsere Republik seit Jahren dank populistischer Wahlgeschenke und Klientelpolitik weit über ihre Verhältnisse lebt, und dass jedes Jahr der Schuldenstand ansteigt, statt dass Schulden abgebaut würden.

Folglich hat Schelling auch wiederholt angekündigt, keine neuen Steuern zur Gegenfinanzierung der Steuerreform einführen zu wollen. Das halten viele gelernte Österreicher schlicht für unmöglich, denn sie wurden in einem System sozialisiert, das nur eine Politik der additiven Wohltaten kennt. Wenn man mit diesem System bricht, was angezeigt wäre, da alle Budgetdaten eine Radikalumkehr verlangen, dann ist eine echte Steuersenkung möglich. Man muss sie nur wollen.

Natürlich wirken die Einsparungen in der Verwaltung primär langfristig; dennoch sollte – nach jahrzehntelangem Herumreden – ernsthaft damit begonnen werden. Gleiches gilt für die überfällige Pensionsreform, die alle ernstzunehmenden Experten fordern. Viel und rasch zu holen ist allerdings auch bei den fröhlich wuchernden Förderungen und Subventionen, bei denen Österreich ja bekanntlich Weltmeister ist. Es gibt hierzulande 2.600 Förderprogramme des Bundes, 3.100 der Länder und 47.000 Programme der Gemeinden.

Prozentuell gibt Österreich drei Mal so viel für Förderungen aus wie Deutschland. Dass es hier massive Mehrfachförderungen in Milliardenhöhe gibt, ist evident. Eine Transparenz-Datenbank könnte hier Klarheit schaffen, aber dieses Projekt wird seit Jahren von interessengeleiteten Kräften torpediert. Man wird schon wissen, warum. Wirtschaftsexperten beziffern das Fördervolumen mit rund 40 Milliarden Euro – wenn man zehn Prozent davon einspart, ist das schon ein bedeutender Beitrag zur Steuersenkung.

Allein die ÖBB erhalten Jahr für Jahr Milliardenzuschüsse, Tendenz steigend, denn die Schulden für das Monster-Bauprogramm (Semmering-, Koralm- und Brennertunnel) bedingen steigende Zinsenzuschüsse. Die Verschuldung der Bahn wird durch diese umstrittenen Projekte bis 2029 auf 30 Milliarden Euro ansteigen. Ähnlich wie bei der Hypo sieht die Politik zu. Das dicke Ende kommt ja erst in der Zukunft und dann sind die Verantwortlichen von heute schon in Pension. Auch hier könnte ein Umdenken Milliarden bringen – man muss nur wollen.

Dazu kommt selbstverständlich der Kampf gegen den Steuer- und Sozialbetrug, der mit Nachdruck betrieben werden sollte. Und wenn die öffentliche Hand die unnötigen Bestechungsinserate aus Steuermitteln zwecks Bewerbung der eigenen Aktivitäten einstellt, sind schon wieder 200 Millionen Euro gewonnen.

Ein Thema, das gar nicht im Diskurs vorkommt, sind Privatisierungen. Während etwa der unzweifelhaft linke italienische Ministerpräsident Matteo Renzi die Privatisierung der italienischen Staatsbahnen(!) vorantreibt, und auch die spanische Regierung mit Privatisierungen ihr Budget entlastet, hat die SPÖ über dieses Thema ein Denk- und Redeverbot verhängt.

Das passt auch gut zu Werner Faymanns neuem besten Freund, Aleksis Tsipras, der als eine der ersten Maßnahmen Privatisierungen abgesagt hat. In vorauseilendem Gehorsam der SPÖ gegenüber, die keine Privatisierungen mag, traut sich die ÖVP nicht mehr, diese zu fordern – ein schwerer taktischer Fehler. Die SPÖ ist nicht so rücksichtsvoll, sie fordert umgekehrt seit Jahren Vermögenssteuern, obwohl sie genau weiß, dass die ÖVP diese nicht will (aber vielleicht rechnet sie insgeheim damit, dass der Koalitionspartner – wieder einmal – umfallen wird).

Innerhalb eines Jahres ist in Österreich die Steuerquote um 0,8 Prozent gestiegen, und zwar auf 42,5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Damit liegen wir haushoch über dem Schnitt der OECD-Staaten (34,1 Prozent). Es ist eine Unverschämtheit, angesichts einer derartigen Entwicklung weitere Steuererhöhungen anzudenken. Und auch das gebetsmühlenartige Argument des Bundeskanzlers, dass ja „auch die Schweiz eine Vermögenssteuer“ hätte, geht ins Leere. Die Schweiz hat – nach der gleichen Statistik – eine Abgabenquote von 27,1 Prozent. Wenn wir in Österreich auch dieses Niveau schaffen, dann werden die Steuerzahler wohl gerne eine Vermögenssteuer nach Schweizer Vorbild akzeptieren.

Wenn es schon unbedingt eine Steuererhöhung sein soll, wie wäre es mit der Tabaksteuer? In diesem Bereich sind wir interessanterweise relativ zurückhaltend. Über die Gründe dafür kann man nur spekulieren, aber so wie nunmehr beim Nichtraucherschutz eine Trendwende eingetreten ist, so könnte man auch hier noch ein paar Millionen holen, die noch dazu der Gesundheit dienen.

Wenn die ÖVP also Interesse daran hat, bei der nächsten Wahl wieder einmal Nummer eins zu werden, dann sollte sie Druck machen, endlich, endlich einen ernstzunehmenden Sparkurs einzuleiten.

Prof. Dr. Herbert Kaspar, Chefredakteur ACADEMIA
Dies ist eine erweiterte Fassung eines Kommentars aus der Februar-ACADEMIA 2015.

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