Über die Erziehung – Buchbesprechung

Es kommt nicht alle Tage vor, dass zwei Philosophen und ein Kabarettist gemeinsam ein Buch über die Erziehung schreiben. Entstanden ist diese Arbeit als eine Zusammenfassung von Tonaufzeichnungen zwangsloser Gespräche, die im Laufe der Zeit von den drei Autoren in ihrer „philosophischen Küche“ über Gott und die Welt geführt wurden. Ergänzt werden diese freundschaftlichen Dispute im vorliegenden Fall durch Einzelbeiträge aller drei Autoren.

Erziehung wird als ein nicht auf Kindheit und Jugend beschränktes und auch keineswegs vordringlich mit der Schule in Verbindung stehendes Ereignis beschrieben. Wie das Lernen, so ist auch die Erziehung ein Vorgang, dem wir lebenslänglich ausgesetzt sind. Dabei haben wir es mit verschiedensten Einflüssen und Methoden aller möglichen Menschen und Organisationen zu tun.

Dass staatliche Institutionen immer früher den Anspruch erheben, den Eltern Erziehungsagenden ab- und an deren statt zu übernehmen, ist eine nicht zu übersehende Tatsache. Dass es für totalitäre politische Systeme typisch ist, die Kinder möglichst früh der Obhut ihrer Eltern zu entziehen und ihnen zu entfremden, bedarf keiner besonderen Erwähnung. Dass trotz (oder wegen?) des stetig größeren um die staatliche (Aus-)Bildung gemachten Aufhebens und trotz unentwegter Reformanstrengungen die erzielten Ergebnisse immer dürftiger werden, leider ebenfalls.

Liebevolle Erziehungsanstrengungen von Eltern werden stets darauf gerichtet sein, ihre Kinder behutsam an selbständiges und eigenverantwortliches Handeln heranzuführen – eigene Anweisungen also stetig zu reduzieren. Staatliche Erziehungsmaßnahmen dagegen sind auf die Produktion klaglos funktionierender Untertanen gerichtet, und haben das Ziel, deren lebenslängliche Unmündigkeit und Abhängigkeit sicherzustellen.

Roland Düringer liefert folgende, nur auf den ersten Blick witzig klingende Definition von Bildung: „Erziehung ist eine durch die Gesellschaft anerkannte, ja sogar geförderte Foltermethode, mit der man das eigene Unglück oft nicht bewusst und in böser Absicht, aber doch höchst erfolgreich an die Kinder weitergibt. Denn wo kämen sonst all die vertrottelten Erwachsenen her.“

Eugen Schulak meint: „Erziehung ist immer auch die Vermittlung von lebenswichtigen Verhaltensweisen.“ Und Rahim Taghizadegan weist auf folgendes Problem hin: „Jeder leitet aus seiner anekdotischen Erfahrung bestimmte Regeln ab und will dann wieder für alle anderen dieselben Regeln einführen.“ Das gilt zweifellos auch für die Erziehung.

Die Anmaßung der Politik, sich zum Erzieher erwachsener Menschen aufzuspielen, wird hart kritisiert. „Dieser politische Erziehungswahn (…) bessert die Menschen nicht, sondern macht sie schlechter.“ Von Politik und Medien wird immer wieder die Zunahme „asozialen Verhaltens“ beklagt. Dass dies ein Symptom dafür ist, dass mit der Gesellschaft als Ganzes etwas nicht stimmt, wird indes seltener angemerkt. Und wenn doch, dann mit dem Versuch, deren noch weiter gehende Nivellierung zu erreichen. Das Bestreben, die Verantwortlichkeit des Einzelnen immer weiter zurückzudrängen, erscheint den Autoren als ernstes Problem. Das Bemühen, schon den Kindern alles abzunehmen, bildet das Fundament zu dieser negativen Entwicklung.

Die Autoren legen Wert auf die Feststellung, mit ihrem Buch keine Rezepte und Anleitungen liefern zu wollen. So ist darin auch lediglich eine kurze Darstellung verschiedener Erziehungsmethoden enthalten.

Rahim Taghizadegan stellt zum Schluss fest: „Ein Erzieher im besten Sinn ist eine liebende Stütze, die Verantwortung nicht abnimmt, sondern sie zu tragen ermutigt und sich selbst möglichst schnell entbehrlich macht.“ Dass staatliche Institutionen genau das weder leisten können noch wollen, liegt auf der Hand.

Fazit: Eine leicht zu lesende, kurzweilige und zum Denken anregende Sommerlektüre.

Über die Erziehung
Eugen Maria Schulak, Roland Düringer, Rahim Taghizadegan
Ecowin-Verlag 2013
192 Seiten, gebunden
ISBN 978-7110-0031-6
€14,90,-

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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