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Moskau destabilisiert Südosteuropa

Österreich sieht sich gerne als Brückenbauer zwischen Russland und der EU, weil es zu beiden Seiten gute Beziehungen pflegt. An einer soliden Gesprächsbasis mit Moskau ist grundsätzlich nichts auszusetzen. Nur darf Österreich dabei in seinem eigenen Interesse Russlands gewaltsame Einmischung in die Angelegenheiten anderer Länder nicht ignorieren. Gerade Länder in Österreichs unmittelbarer Nähe sind von teils massiven destabilisierenden Eingriffen Russlands betroffen, was hierzulande aber kaum beachtet wird. So wurde insbesondere ein gescheiterter Putsch in Montenegro vor bald zwei Jahren, der um ein Haar einen Flächenbrand in Ex-Jugoslawien ausgelöst hätte, kaum zur Kenntnis genommen.

Am 16. Oktober 2016, dem Tag, an dem Montenegro ein neues Parlament gewählt hat, hätte ein von russischen Agenten initiierter Coup über die Bühne gehen sollen. Um Montenegros geplanten NATO-Beitritt zu verhindern – wie das Moskau schon bei Georgien (2008) und der Ukraine (2014) getan hat – hätte die Regierung unter dem sozialdemokratischen Premier Milo Djukanovic gestürzt und dieser selbst ermordet werden sollen.

Der gescheiterte Plan klingt abenteuerlich: Bewaffnete Putschisten stacheln am Tag der Wahl eine Kundgebung der pro-russischen oppositionellen Allianz Demokratische Front (DF) zum Sturm auf das Parlament an, wo 20 weitere Putschisten – verkleidet als montenegrinische Polizisten – auf die Protestierenden warten und das Feuer auf sie eröffnen. Nach dem Blutbad rufen am Putsch beteiligte Führer des Oppositionsbündnisses DF zu Protesten gegen die Regierung auf, der sie polizeiliche Gewalt zur Verhinderung ihres Wahlsiegs vorwerfen. Bei den anschließenden Gefechten ermorden die Aufständischen den montenegrinischen Premier. Wie in Georgien und der Ukraine hätte das entstandene Chaos einen NATO-Beitritt Montenegros unmöglich gemacht.

Dass es nicht zu dem Coup gekommen ist, liegt an dem vorzeitigen Geständnis eines der Putschisten, des Serben Mirko Velimirovic. Ihm war die Sache schlussendlich offensichtlich zu heikel: Ein paar Tage vor dem Putsch stellte er sich der montenegrinischen Polizei und gestand das Vorhaben. Daraufhin schlugen die vorgewarnten Behörden am 16. Oktober zu und verhafteten sämtliche Personen. Sie entdeckten bei ihnen abhörsichere Mobiltelefone und Ausrüstungsgegenstände der montenegrinischen Polizei.

Zurzeit müssen sich 15 russische, serbische und montenegrinische Verdächtige in Montenegro vor Gericht verantworten. Zwei Hauptverdächtige fehlen: Eduard Schischmakow und Wladimir Popow, mutmaßlich Agenten des russischen Militärgeheimdiensts GRU und die eigentlichen Drahtzieher des Coups. Moskau bestreitet wie immer jeder Beteiligung.

Das alles klingt unglaublich, fast nach einem Spionagethriller. Doch in den vergangenen zwei Jahren ist ein erstaunliche Fülle an Beweisen zutage getreten, die den russischen Dementis widersprechen:

  • Der serbische Geheimdienst BIA und Serbiens Ministerpräsident haben mittlerweile bestätigt, dass die beiden mutmaßlichen Agenten Schishmakov und Popov nach Scheitern des Coups von Montenegro nach Belgrad und von dort weiter nach Moskau geflohen sind.
  • Spezialkräfte des GRU sind nach serbischen Angaben am Tag vor den Parlamentswahlen von Serbien aus in das Gebirge Montenegros gereist, um am Wahltag zuerst die montenegrinischen Spezialeinheiten niederzuschlagen und dann die Putschisten zu unterstützen. Als sie kein Signal von einem verbündeten Oppositionsführer erhielten, da dieser bereits verhafteten worden war, flohen auch sie außer Landes. (Serbiens Kooperation mit den montenegrinischen Behörden zeigt: Selbst für einen engen Russland-Freund wie Serbien hat dieser Putschplan sämtliche Grenzen des Akzeptablen überschritten.)
  • Der angeklagte ehemalige serbische Polizist Aleksandar Sindjelic hat ein umfassendes Geständnis mit detaillierten Angaben über seinen Kontakt zu den russischen Agenten abgelegt. 200.000 Euro soll er von ihnen in Moskau für das Rekrutieren von anderen Verschwörern erhalten haben.
  • Sämtliche Beweise im Besitz der Staatsanwaltschaft belegen darüber hinaus Sinjedlic’ engen Kontakt zu Schishmakow, darunter Fotos, auf denen der Serbe mit dem mutmaßlichen russischen Agenten im Belgrader Park zu sehen ist, eine "Western Union"-Geldüberweisung von Schishmakov an Sindjelic (der Absender ist der Hauptsitz des GRU), sowie ein von Velimirovic, dem Überläufer, heimlich mit dem Handy aufgezeichnetes Gespräch zwischen Sindjelic und Schischmakow, in dem beide das Attentat auf Ministerpräsident Djukanovic planen.

Montenegros Beitritt zur NATO drängte den russischen Einfluss im Westbalkan zurück und beendete auch Moskaus Bemühen um einen Marinestützpunkt in Montenegro. Für den Kreml war Montenegros Beitritt zum westlichen Bündnis daher eine Provokation.

Aus gutem Grund macht sich die jetzige österreichische Bundesregierung für einen raschen EU-Beitritt Serbiens und Montenegros stark. Stabilität im Westbalkan und engere Beziehrungen sind in Österreichs eigenem Interesse. Russland sorgt hingegen mit seiner Unterstützung pro-russischer Kräfte in dieser Region permanent für Spannungen und Unruhe. Montenegros Zukunft ist nach wie vor ungewiss. Djukanovic, der 2016 dem Attentat knapp entgangen ist, steuert schon seit Jahrzehnten die Geschicke Montenegros, mal als Ministerpräsident, dann wieder als Präsident. Er wäre sinnvoll, wenn er in den nächsten Jahren anderen politischen Persönlichkeiten Platz machen würde. Doch die anti-westliche Demokratische Front (DF) – eine Koalition aus serbisch-nationalen Parteien mit pro-russischer Ausrichtung – wird dem Land keine Stabilität bringen, wie nicht zuletzt der gescheiterte Putsch gezeigt hat. Kämen diese Kräfte an die Macht, würden sie Montenegros Annäherung an den Westen beenden und die NATO möglicherweise wieder verlassen.

Österreich sollte daher demokratische Reformen im Land fördern und den EU-Beitrittsprozess Montenegros beschleunigen. Von all dem abgesehen sollte es aber vor allem das Treiben Russlands und seiner Agenten genau im Auge behalten, sei es in Südosteuropa, sei es auf österreichischem Boden.

PS: Auch NATO-Länder bleiben von Russland nicht verschont: Erst jüngst ließ sich die russische Biker-Gang "Nachtwölfe" in der Slowakei nieder. Zu diesem Clan aus Putin-Getreuen gehört auch Aleksandar Sindjelic – jener geständige serbische Polizist, der in den Putsch in Montenegro involviert war.

PPS: Zu den internationalen Medien, die über die jüngsten Enthüllungen in Montenegro berichtet haben, gehört Newsweek, in Österreich wurden sie bisher von der Monatszeitschrift "Kosmo" und der "Wiener Zeitung" dargestellt.

Werner Schmidt ist österreichischer Journalist und arbeitet in Wien für mehrere Medien. Er schreibt hier aus Sicherheitsgründen unter Pseudonym.

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