Heumarkt – nächste Runde

Die unendliche Geschichte des Bauprojekts Intercontinental/Eislaufverein/Heumarkt (in letzter Zeit kurz „Heumarkt“ genannt) ist in ein neues Stadium getreten. Die Unesco verlangte bis Anfang Februar eine überarbeitete Version des Projekts, welches mit den Kriterien für den Weltkulturerbestatus von Wien bisher nicht kompatibel war und das in der nur unwesentlich redimensionierten Form ebenfalls nicht ist.

Das ist seit einiger Zeit bekannt, auch dass der Bürgermeister und die Vizebürgermeisterin diesen Umstand ignorieren wollen und in eigener Machtvollkommenheit beschlossen haben, das Projekt sei nun welterbetauglich. Sie gerieren sich sozusagen als Gutachter in eigener Sache. Neu ist ein seit kurzem offiziell vorliegendes Rechtsgutachten der Anwaltskanzlei List, aus dem hervorgeht, dass die Vorgangsweise der Stadt Wien einen Rechtsbruch darstellt.

Rechtliche Gegebenheiten

In diversen Zeitungsartikeln und Postings konnte man von seiten der Befürworter des Projekts immer wieder aufs Neue empörte Äußerungen lesen, was sich denn die Unesco einbilde, Österreich Vorschriften machen zu wollen. In Gegenkommentaren wurde mit Berufung auf einen gültigen Staatsvertrag gekontert.

Die Rechtsgrundlagen sind, vereinfacht dargestellt, die folgenden:

1993 trat Österreichs der Welterbekonvention bei (die im Wege des BGBl 60/1993 in Kraft trat. „Welterbekonvention“ ist die Kurzform für „Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt“.) Dieses Übereinkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen derzeit 192 Staaten und hat ohne weitere innerstaatliche Rechtsakte Gesetzesrang. In der Präambel ist festgehalten, dass das Weltkulturerbe das Erbe der ganzen Menschheit darstellt.

Gemäß Artikel 4 der Welterbekonvention hat sich Österreich zum Schutz und zur Erhaltung in Bestand und Wertigkeit des Natur- und Kulturerbes innerhalb seines Hoheitsgebietes verpflichtet, ebenso zur Sicherung der Weitergabe an kommende Generationen. Der Wiener Landtag beziehungsweise Gemeinderat muss dieser Verpflichtung daher nachkommen und kann sich nicht außerhalb der Republik stellen.

Anläßlich der 25. Sitzung des Welterbekomitees wurde am 13.12. 2001 – notabene über Antrag der Republik – der Titel „UNESCO-Weltkulturerbe Historisches Zentrum von Wien“ zuerkannt. Die Verpflichtungen aus dem Vertrag beziehen sich im Wesentlichen auf den 1. Bezirk mit kleinen Teilen des 3. und 4. Bezirks. Der Wiener Landtag ist verpflichtet, Maßnahmen zur Erhaltung des Historischen Zentrums von Wien als Welterbe zu setzen. (Artikel 4 Welterbekonvention)

Es muß ausdrücklich betont werden, dass die Stadt Wien seinerzeit den Welterbetitel beantragt und ihn nach der Verleihung emphatisch begrüßt hat. Jetzt betreibt sie hier Kindesweglegung betreibt.

In einer Meldung der Rathauskorrespondenz der Stadt Wien vom 14.12.2001 kann man Folgendes lesen:

Wien (RK). Als „Meilenstein“ in der Geschichte der Stadt Wien begrüßte Wiens Bürgermeister Dr. Michael Häupl die Aufnahme der Inneren Stadt plus Belvedere in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbestätten. „Neben Salzburg und Graz sowie dem Schloss Schönbrunn kann Österreich nunmehr auf ein weiteres städtisches Weltkulturerbe verweisen. Damit wird der Bedeutung Wiens als Kultur-Weltstadt in herausragender Art und Weise Rechnung getragen“, betonte Häupl. Diese Entscheidung sei insofern auch bemerkenswert, als damit ein prosperierendes Zentrum einer Millionen-Metropole, das lebt und sich ständig weiterentwickelt, ausgezeichnet wurde. Mit der Aufnahme in die Liste der Weltkulturerbe werde auch die Tatsache gewürdigt, dass Wien nicht nur Stadt der Musik sondern auch Stadt der herausragenden architektonischen Qualität ist.

Auch Stadtrat Mailath-Pokorny bezeichnete die Verleihung als „große Ehre und Renommee“. Was nun stattzufinden soll, kann man im Umkehrschluss daher als „große Schande und Blamage“ bezeichnen.

Einwände und Gegenargumente

Es sollen im folgenden die am häufigsten gebrachten Einwände gegen das Welterbe beziehungsweise für das Projekt genannt werden, samt Gegenargumenten.

Die Befürworter suggerieren der Öffentlichkeit in unredlicher Weise, dass die Unesco für ganz Wien jedwede moderne Architektur verbiete und dass Wien nicht zum Museum verkommen oder unter einen Glassturz (auch Käseglocke oder gar Quargelsturz genannt) gestellt werden dürfe. Das zu schützende Areal „Historische Altstadt Wien“ beträgt jedoch nur ganze 0.89 Prozent der Gesamtfläche von Wien. Der geplante Zugriff auf die zentralen und deshalb teuersten Baugründe ist hier das wahre Motiv der Attacken gegen die Unesco, da doch andernorts genug Platz und auch Notwendigkeit für neue Entwicklungen wäre. Meine (und nicht nur meine) Assoziation zur Glassturz-Metapher ist der Schutz von Delikatessen vor Schmeißfliegen. Besonders originell war die Behauptung eines Jungarchitekten (im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung), die Innenstadt von Paris sei „tot“, weil dort keine Hochhäuser stünden, Wiens Innenstadt müsse ebenfalls „belebt“ werden.

Die Verleihung des Prädikats erfolgte wegen des herausragenden universellen Wertes der Darstellung des Wandels der Baustile vom Mittelalter über das Barock und die Gründerzeit bis ins 2. Jahrtausend, ferner für Wien als Welthauptstadt der Musik.

Die zeitgenössische Architektur (wir befinden uns übrigens bereits im 3. Jahrtausend) wird von den Stadtplanern einfach hinzureklamiert, obgleich davon in dem Abkommen nicht die Rede ist. Die Vizebürgermeisterin verstieg sich dazu (primär wohl gemünzt auf das Heumarkt-Projekt aus gegebenem Anlass), vom „Weltkulturerbe von morgen“ zu sprechen. Das könnte man sich durchaus bei einer Qualität und Originalität vom Rang etwa der Elbphilharmonie noch vorstellen, aber im gegenständlichen Fall kann man nur herzlich lachen, wenn man über den nötigen Humor verfügt.

Die Stadt wachse und müsse Wohnraum schaffen. Dagegen ist zu sagen, dass allfällige Innenstadthochhäuser (die nach der klammheimlichen Änderung der Hochausrichtlinien möglich sein sollen) aus Kostengründen kaum mit Migranten belegt werden würden.

Die Höhe des bestehenden Hotels Intercontinental (ca. 43 Meter, nach anderen Angaben 39 Meter) darf nicht überschritten werden. Die Frage nach diesem Höhenlimit wird öfter gestellt. Dies wird nicht etwa wegen einer etwaigen Schutzwürdigkeit oder ästhetischen Qualität toleriert, sondern weil es bereits vor Abschluss des Abkommens vorhanden war. Es bestand übrigens schon damals die Absicht höher zu bauen, was aber u.a. aus Umweltgründen (Windschneise, negative Auswirkungen auf die Vegetation des Stadtparks) untersagt wurde.

Die Weiterentwicklung der Hochhausrichtlinien von 2002 sieht vor, dass eine Analyse des Standortes vorgenommen werden müsse betreffend die „städtebauliche und sozialräumliche Verträglichkeit“, die Auswirkung auf die verkehrstechnische Situation, die Wind- und Beschattungswirkung, die Einbeziehung der Bevölkerung, die Darstellung des öffentlichen Mehrwertes etc. Diese Kriterien sind an alle Gebäude über 35 m Höhe anzulegen, für welche der Begriff „Hochhaus“ anzuwenden ist.

Aus den von der Wiener Stadtplanung erstellten Hochhausrichtlinien wurden übrigens, von der Öffentlichkeit so gut wie unbemerkt, die Ausschlusszonen für Hochhäuser herausgenommen. Von einer Beachtung der erwähnten sonstigen Richtlinien ist im Falle des Heumarkt-Projekts wenig bis gar nichts zu bemerken. Anscheinend sollen die erst dann in Kraft treten, wenn das Heumarkt-Projekt durchgeboxt ist.

Immer wieder wird auch auf Wien-Mitte Bezug genommen, wo die Baulichkeiten wesentlich höher sind. Diese befinden sich allerdings nicht in der Kernzone, sondern in der Pufferzone, für welche andere Kriterien gelten, auch tangiert dies weder den Stadtpark noch die Sichtachsen wesentlich.

Ähnliches gilt vom Ringturm, der um einiges höher ist, allerdings außerhalb der geschützten Zone liegt, da im Bereich des Donaukanalufers wegen massiver Bombenschäden die Gegend ohnehin bereits ruiniert war. (Die Beseitigung des sogenannten Kaipalastes bewirkte allerdings eine zusätzliche Verschlechterung.) Der Ringturm hat aber wenigstens (wie auch Wien-Mitte) keine auffallende Auswirkung auf die wichtige Belvedere-Sichtachse. (Sichtachsen sind Teil des Vertrages). Der Investor verstieg sich allerdings dazu, den Heumarkt-Turm als „Bruder“ für den Ringturm zu bezeichnen und eine neuartige Qualität durch eine virtuelle Entsprechung zu suggerieren.

Die Auswirkung einer möglichen Aberkennung des Weltkulturerbes auf den Tourismus wird in Abrede gestellt (auch, und ganz besonders nachdrücklich vom Tourismusmanager der Stadt Wien) mit der Begründung, der Tourismus habe auch schon vor der Verleihung des Titels floriert und die befragten Touristen wüssten meist gar nicht, dass Wien dieses Prädikat trage.

Nachweislich richten aber viele Reiseveranstalter ihre Destinationen nach dem Kriterium „Weltkulturerbe“ aus, auch im ansonsten sehr roten ORF wird in diversen Sendungen immer wieder damit operiert. Die Sichtachse vom Belvedere zum Stephansdom ist ein Touristenmagnet, und eine notariell beglaubigte Befragung vor dem Belvedere mit Visualisierung ergab zu 98 Prozent eine teilweise sehr vehemente Ablehnung des Projekts.

Da sich das Stadtbild nach Aberkennung des Prädikats wegen der Wirkung als Präzedenzfall sehr rasch zu seinem Nachteil verändern würde, ist es nur eine Frage der Zeit, dass Wien viel von seiner Attraktivität und eigenen Note einbüßen würde.

Es wird auch immer wieder ins Treffen geführt, dass Dresden der Welterbestatus aberkannt worden sei, wonach der Tourismus in keiner Weise gelitten habe. Hier ist richtigzustellen, dass der Welterbestatus nicht der Stadt Dresden, sondern dem Elbtal (das in gewisser Weise mit der Wachau vergleichbar ist) zu- und wieder aberkannt wurde wegen einer Brücke, durch die wichtige Sichtachsen auf die Landschaft gestört wurden. Das geltend gemachte öffentliche Interesse in verkehrstechnischer Hinsicht erwies sich nachträglich als eher nicht gegeben, da das Verkehrsaufkommen erheblich hinter den Erwartungen zurückblieb.

In Wien muss die erst vor rund zehn Jahren um teures Steuergeld neu gestaltete Lothringerstraße verlegt werden, damit der Investor seinen Turm bauen kann. Er übernimmt die Kosten dafür, allerdings wird ihm ein Stück öffentlichen Grundes großzügig für die Schwenkung der Eisfläche überlassen, verbleibt allerdings im Eigentum der Stadt.

Ein wesentliches Thema ist der angebliche „Mehrwert“, früher öffentliches Interesse genannt. Man konstruiert hier Vorteile für die Bevölkerung, die entweder gar keine sind oder bereits existierten, jedenfalls aber vom Bau des Turms unabhängig hergestellt werden könnten. Es geht hier eindeutig um den „Mehrwert“ für den Investor, was zwar von dessen Standpunkt aus verständlich ist, der sich aber erst die Gemeinde Wien, das Konzerthaus, den Eislaufverein und neuerdings sogar die Musikuniversität auf eine nur zu vermutende Weise gewogen machen musste. Anscheinend ist der Aufwand „too big to fail“.

Auf der Website der Firma Wertinvest kann man den Stand der Dinge nach der Überarbeitung nachlesen. Man liest da u.a.:

Erhaltung des Standortes des Wiener Eislaufvereins. Der hatte schon vorher einen Pachtvertrag, der jetzt sogar auf 99 Jahre verlängert wurde, wobei nach inoffiziellen Aussagen von WEV-Mitgliedern früher der Versuch gemacht worden war, den Eislaufverein abzusiedeln, um das Areal verbauen zu können. Die Beibehaltung der Eisfläche von 6.500 Quadratmetern wurde vom WEV gefordert und wird teilweise auch so angegeben, an anderer Stelle jedoch mit nur 6.000 oder sogar 5.700 Quadratmetern. Diese Diskrepanzen dürften damit zusammenhängen, dass die genaue Lage der Eisfläche, die Abgrenzung zum öffentlichen Raum, die Zahl der Durchwegungen etc. noch immer nicht genau festzustehen scheinen.

Über die Gestaltung des Gehsteigs für die von der U4 kommenden Passanten (insbesondere Konzertbesucher und Schulklassen) wurde nichts Präzises bekannt. Die gezeigten Sommer- bzw. Winteransichten des visualisierten Projekts wurden von mehreren Seiten bereits als unklar bis unglaubwürdig bezeichnet.

Eine Eishalle im 2. Untergeschoß wäre erst zu beurteilen, wenn über die Konditionen der Benützung mehr bekannt würde.

Die Schaffung eines öffentlichen Platzes und einer öffentlich zugänglichen Stadtterrasse auf dem Dach eines Zubaues wird als begrüßenswerte Neuerung dargestellt. Den öffentlichen Platz gibt es bereits seit langem. Er soll nun mit vielerlei Darbietungen „bespielt“ werden. Da das kulturelle (oder pseudo-kulturelle) Angebot bereits jetzt inflationär ist, erhebt sich die Frage, wer denn dafür aufkommen soll. Sollen die berüchtigten Fördertöpfe (aus deren Dezimierung für das Budget Milliarden zu gewinnen wären) noch weiter strapaziert werden? Oder sollen sich hier Newcomer um Gotteslohn beweisen?

Die rund zehn Meter hohe Stadtterrasse ist kein huldvoll an die Menschen verschenktes Benefiz, als ja öffentlicher Grund von der Stadt und somit auch vom Steuerzahler dem Investor zum Zweck der Realisierung seiner gewinnträchtigen Bauten zur Verfügung gestellt würde. Auf einem Betonplateau neben einem Betonklotz zwischen Dekorationsgestrüpp zu lustwandeln wird voraussichtlich ein verzichtbares Vergnügen sein. Es ist auch infolge der Höhe der umgebenden Baulichkeiten zu vermuten, dass wegen der tiefstehenden Wintersonne kaum ein Sonnenstrahl auf die Eisläufer fallen wird.

Zur Öffnung des Durchgangs Heumarkt und Lothringerstraße: Hier ist anzumerken, dass man insbesondere der Unesco gegenüber die so bezeichneten Durchwegungen als angeblich unabdingbare Verbindungen zwischen zwei Bezirken als öffentliches Interesse verkaufen wollte. Man rechnete wohl damit, daß die Unesco bzw. Icomos weit weg sei und sich niemals hierher begeben würde, jedoch wegen dieser städtebaulichen Errungenschaft bei anderen Punkten ein Auge zudrücken würde.

Wer jemals vor Ort war, wird die Unbrauchbarkeit dieses Vorhabens leicht erkennen können. Der ursprünglich angedachte Durchgang zur Lagergasse würde nach Überquerung des Heumarktes vor der Barriere zum Graben vor den sogenannten Ölzelthäusern zwischen Café Heumarkt und Gmoakeller enden.

Der geplante Durchgang an der Seitenfront des Konzerthauses existiert widmungsgemäß seit langem, war aber mangels Bedarfs geschlossen. Seine Aufsperrung wird jetzt als etwas verkauft, worauf die Welt schon lange gewartet hat. Dieser Durchgang soll allerdings verbreitert werden, was wohl auf Kosten der Eisfläche gehen muss, die unauffällig immer kleiner werden zu werden scheint.

Der Seiteneingang des Konzerthauses soll wiedereröffnet werden (niemand erinnert sich daran, daß hier je einer war), gebraucht wird er offenbar höchstens für „Bespielungen“ nicht näher präzisierter Art. In zu erhöhenden Bauten auf der Heumarktseite soll es Büroflächen geben (man sieht allenthalben leerstehende Büros, die angeboten werden), und „Proberäume für Kunst-Kultur Ateliers“. Was man sich darunter vorzustellen hat, bleibt etwas nebulos.

Es sieht so aus, als ob die Zweckwidmung gar nicht feststünde, also wohl auch kein wirklicher Bedarf gegeben ist. Die Musikakademie (Musikuniversität) soll offenbar das öffentliche Interesse, genannt „Mehrwert“ unter Beweis stellen oder dazu beitragen, da Wien ja auch Welthauptstadt der Musik ist und es sich daher gegenüber der Unesco gut ausnimmt, wenn man für die Musik etwas tut. (Nur mit Ach und Krach und Protesten namhafter Musiker konnte die weltberühmte Sammlung Alter Musikinstrumente vor der teilweisen Deponierung und dem damit verbundenen Ruin gerettet werden.)

Auch der Sport darf nicht zu kurz kommen, daher gibt es einen Turnsaal, der angemietet werden kann bzw. muss, sowie Fitnesseinrichtungen. Wenn irgendein Normalbürger ein Fitnessstudio eröffnet, wird er wohl schwerlich ein öffentliches Interesse geltend machen können.

Einige weitere Themen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, wären zusätzlich zu erörtern, so etwa die strategische Umweltprüfung, auf die man sich anscheinend nicht einlassen will. Mit seltsam substanzlosen Papieren, die offenbar als Gutachten gelten sollen, will man den Vorschriften pro forma Genüge tun, was vielleicht noch separat zu beleuchten sein wird. Auch wird eventuell noch Gelegenheit sein, die bereits seit langem bekannten Vorgänge um den Grundstückserwerb und die etwas dubiosen Vorgänge im Zusammenhang mit dem Wettbewerb neuerlich einer genaueren Betrachtung zu unterziehen.

Auflage des geänderten Flächenwidmungsplanes zur Einsichtnahme

Die Auflage des geänderten Flächenwidmungsplanes (Plan 7984) gilt für die Öffentlichkeit ab 2.2.2017 und kann in der M.A.21, Rathausstraße 14-16, eingesehen bzw. im Internet abgerufen, heruntergeladen und ausgedruckt werden. Das fristgerechte Einbringen einer Stellungnahme ist möglich, was hoffentlich von vielen Bürgern wahrgenommen werden wird. Es ist freilich zu erwarten, dass die Stadt Wien sinngemäß „ist schon recht, wir nehmen dich sehr ernst, und tschüss“ sagen wird, aber man soll nichts unversucht lassen.

https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/flaechenwidmung/aktuell

Es ist unmöglich, im schnellen Wege auf alle Einzelheiten einzugehen oder sie genauer zu studieren, da hier außer dem Plan ein Erläuterungsbericht, Statements des Fachbeirates und ein Umweltbericht (keineswegs identisch mit der Strategischen Umweltprüfung) vorliegen. Der Gesamteindruck bei flüchtiger Durchsicht ist, daß der Plan unvollständig sein dürfte (Unklarheit über Gestaltung der Lothringerstraße), dass im Erläuterungsbericht anstelle von präzisen Maßeinheiten Begriffe wie „nur geringfügig“ verwendet werden, dass unterschiedliche oder unklare Angaben betreffend Höhen und Flächeninhalte gemacht werden, dass man die SUP (Strategische Umweltprüfung) einerseits als nicht geboten, andererseits als durchzuführen bezeichnet und dass man von dem von der UNESCO beanstandeten Projekt nicht abgehen will, bzw. die nur marginalen Änderungen so verkaufen möchte, daß die UNESCO nun endlich Ruhe gibt.

In einer Presseaussendung der Kanzlei List vom 2.2.2017 wird u.a. festgestellt, dass neben den bereits erwähnten Verstößen auch die Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit über die dem Welterbe drohenden Gefahren nicht wahrgenommen wurde.

Es steht zu befürchten, dass die Änderung der Flächenwidmung im Gemeinderat beschlossen werden wird, was dem Bauwerber grundsätzlich das Recht auf eine Baubewilligung verschafft. (Am Rande sei vermerkt, dass wegen des Klubzwanges voraussichtlich alle Rathausparteien mit Ausnahme der Freiheitlichen für das Projekt stimmen werden. Das sollte Bürgern, welche ÖVP, Grüne oder NEOS gewählt haben, zu denken geben. Eine Partei ist dazu da, die Interessen ihrer Wähler zu vertreten. Paradoxerweise werden aber teilweise immer wieder diejenigen gewählt, welche das nicht tun.)

Allerdings ist bereits der Antrag auf Änderung der Flächenwidmung zugunsten eines Hochhauses nicht rechtskonform. Die Unesco hat als Vertragspartner Österreichs anlässlich der 40. Sitzung in Istanbul am 10.7.2016 gefordert, dass die Hochhausrichtlinien (Hochhauskonzept STEP 2025, Masterplan Glacis) in Einklang mit den Anforderungen der Welterbekonvention zu bringen seien (Beschluß 40 COM 7B.49). Bis dahin habe ein Planungsstopp zu gelten und die Erteilung von Baugenehmigungen für Hochhäuser sei zu unterlassen. Die Stadt Wien denkt offensichtlich nicht daran, dieser Aufforderung Folge zu leisten und nimmt damit den Verlust des Welterbeprädikats in Kauf. Es ist auch denkbar, dass man versuchen wird, der Unesco ein X für ein U vorzumachen.

Die Kanzlei List wird gegebenenfalls die Sache vor den Verfassungsgerichtshof bringen, woraus sich Rechtsfolgen für die Stadt und unter Umständen für einige Funktionsträger ergeben könnten. Hier ist auf eine Ergänzung zum oben erwähnten Rechtsgutachten zu verweisen, die von der Kanzlei List nach Erhalt einer inoffiziellen Stellungnahme von bis dato nicht namhaft gemachten Rathausjuristen erfolgte und unter der Registerkarte „News“ auf der Website www.ralist.at nachgelesen werden kann.

Entscheidend ist, welche Rechtsmeinung obsiegen wird. Wir werden sehen, ob hier eine Rechtslage oder so etwas wie eine Linkslage vorliegt. Vermutlich wird das politisch nicht ohne Folgen bleiben.

Dkfm. Waltraut Kupf, Studium an der Hochschule für Welthandel, Angestellte der IAEO, dort zugunsten der Kindererziehung ausgeschieden, verheiratet mit dem akad. Restaurator Prof. Martin Kupf. Gelegentliche Abfassung von Kommentaren in online-Medien.

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