Die politische Korrektheit in der Krise

Noch etwas mehr als zwei Wochen trennen Österreich von einem neuen Staatsoberhaupt. So die oberste Wahlbehörde diesmal ihren Pflichten nachkommt. Während hie und da noch das Echo der Fassungslosigkeit ob Trumps Triumph durch die Redaktionsstuben hallt, werden die Bleistifte für die nächste Wahlkampf-Berichterstattung schon angespitzt. Die sichselbstüberschätztenden Stimmen von Presse und Politik sind noch etwas belegt angesichts des erlittenen Realitätsschocks in Bezug auf den US-Wahlausgang und hadern mit dem drohenden Dammbruch der politischen Korrektheit.

Neben Staatsgläubigen schlüpfen mit Beginn der Intensiv-Wahlkampfphase auch ausgewählte Vertreter der Schrumpfkoalition in die Rolle strategischer Wahlempfehler und instrumentalisieren Trumps Sieg für Belehrungszwecke und moralinsaure Vorwürfe.

Nachdem sich unlängst Reinhold Mitterlehner auf die Seite des Grünen geschlagen hat, versuchte sich Othmar Karas, EU-Mandatar aus den Reihen der ehemaligen Großpartei ÖVP, als Meinungseinpeitscher bei Van der Bellens Wahlkampfauftakt. Verständlicherweise macht er sich als Teil der Brüsseler Euro-Elite Sorgen um seinen Einflussbereich und bejubelt Van der Bellens Engagement für ein Vereinigtes Europa. Haselsteiner und sein hoffärtiges Heer aus Systemabhängigen machen indes krampfhaft mit einer Anti-Hofer-Kampagne auf sich aufmerksam, stets darum bemüht, das etablierte Gefüge unbedingt am Leben zu erhalten. 

Van der Bellen selbst zeigt sich immun gegen eine mögliche heilsame Wirkung des Trump-Effekts auf seine abgehobene Oberlehrer-Politik. Der grüne Kandidat und seine Helfershelfer üben sich unbeirrt als Mahner der Nation und vertrauen weiterhin auf den Gebrauch der politischen Korrektheit als akkurates Volkserziehungsmittel, als notwendige Bevormundungsmethode. Verliebt in das Negative, verliert sich sein Wahlkampf in angsterzeugenden Szenarien, die seiner Meinung nach mit dem Sieg des Gegenkandidaten einhergehen und nur von der elitären Klasse der Korrekten abgewendet werden können. Van der Bellen ruft nach Toleranz und Liberalität, verkörpert aber schlicht einen linken Belehrungswahn, der mit Denkverboten und Zensur agiert und sich einzig durch eine überbetriebene Anstandsreglementierung auszeichnet. 

Diese vom Geist der 68er geprägte Meinungsdiktatur, welche Tabus und Verbote in ein gesellschaftsgültiges Regelwerk gegossen hat, von der Frankfurter Schule intellektualisiert und fortan als Inbegriff von Fortschritt propagiert wurde, beginnt zu bröckeln. Diese ideologische Ideensammlung hat sich mit Hilfe staatlicher Subventionen in sämtliche Erziehungs- und Forschungseinrichtungen gedrängt und wurde von deren Exponenten über Jahrzehnte hinweg gelehrt, gepredigt, als zivilisatorische Droge verabreicht und ist in weiten Teilen zu Allgemeingut geworden. Diese Lust an der Unlust, dieses Zurückweichen vor Authentizität, dieses exzessive Idealisieren fern von Realismus und Vernunft. Diese ignoranten Strukturen im Umgang mit alternativen Denkweisen befinden sich im freien Fall. Die politische Korrektheit, welche erfolgreich von den Linken lange Zeit als Wunderwaffe im Kampf gegen Andersdenkende eingesetzt wurde, ist stumpf geworden. 

Der ehemalige Freimaurer Van der Bellen hält jedoch systematisch an diesem hysterischen Dominanzgehabe, an seiner professoralen Besserwisserei fest und inszeniert sich als Moralinstanz gegen all die Wutwähler, Beklagenswerten und Populisten. Seine angelernte Phraseologie hat sich besonders im Hinblick auf den drohenden Machtverlust zu einer rechthaberischen linksideologischen Dauerbeschallung entwickelt, die nun direkt zur Abwahl steht. Das Ende der politischen Korrektheit ist eingeläutet. 

Mag. Jürgen Pock hat Germanistik und Rechtswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz studiert. Redakteur bei „Grazer Woche“ und „Kleine Zeitung“. Pressearbeit Red Bull GmbH. Aktuell Pressesprecher, Kommunikationsexperte und Polit-Blogger.

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