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Das Ende der alten Parteien

Es ist ein Vierteljahrhundert her, dass in Italien zwei Parteien, die seit 1945 unverrückbare Säulen der italienischen Politik waren, implodiert und von der Bildfläche verschwunden sind: Democrazia Cristiana und Partitio Socialista Italiano. Seitdem wird Italien von einer bunten Ansammlung von Parteien charakterisiert. Ähnliches geschah in Griechenland nach dem Finanzkollaps. In Spanien hat das Antreten zweier Parteien (Podemos und Ciudademos) dazu geführt, dass seit den letzten Parlamentswahlen im Dezember 2015 keine Regierung gebildet werden konnte. Aber nicht nur im Süden, auch in anderen Ländern Europas bringen neue Parteien sowohl Farbe, als auch Unsicherheiten in die politische Landschaft.

Auch in Österreich ist der Erosionsprozess der Regierungsparteien unübersehbar und hat insbesondere durch die dramatischen Ergebnisse der Bundespräsidentschaftswahl gezeigt, dass viele ehemalige Wähler das Vertrauen in SPÖ und ÖVP verloren haben, was zudem Umfrageergebnisse bestätigen.

Die SPÖ hat als erste die Reißleine gezogen und nicht nur den unfähigen Kanzler, sondern auch gleich einige überforderte Minister ausgetauscht (dass allerdings bei diesem wichtigen Revirement Alois Stöger übersehen wurde, ist höchst bedauerlich). Der Liesinger Kumpel-Typ, den sogar der SP-freundliche „Standard“ als „mittelmäßigen Kommunalpolitiker, zum Kanzler gekauft“ bezeichnete, wurde durch einen smarten Managertyp ersetzt, der jetzt alles gut machen soll.

Aber so wie es der ÖVP nichts gebracht hat, den Parteichef auszuwechseln, so wird dies bei der SPÖ keinen Erfolg zeitigen, sollte es der SPÖ nicht gelingen, sich auch inhaltlich glaubwürdig zu positionieren. Es stellen sich somit aktuell zwei zentrale Fragen:

1.    Können SPÖ und ÖVP verschwinden?

Ist auch in Österreich ein Verschwinden von SPÖ und ÖVP durch eine Aufspaltung in neue Parteien, wie in Italien, denkbar? Zweifellos sind die Chancen für ein Auseinanderfallen bei der ÖVP höher als bei der SPÖ, vor allem aufgrund der bündischen Struktur, wo etwa ein ÖAAB schon einmal unter dem Motto „Her mit dem Zaster! Her mit der Marie!“ Vermögenssteuern gefordert hatte, was etwa der Wirtschaftsbund ganz anders sieht.

Auch in der SPÖ zeigen sich aktuell tiefe Gräben in der Partei zwischen Migrationsbefürwortern und -gegnern, zwischen Stadt und Land, zwischen denen, die gerne mit der FPÖ koalieren würden und denen, die dies radikal ablehnen, zwischen gewerkschaftlichem Stillstand und solchen, die die Sozialdemokratie weiterentwickeln wollen. Dennoch hat sich die SPÖ bislang immer – wenn es hart auf hart ging – als starke monolithische Partei präsentiert, die bislang – zum Unterschied zur SPD in Deutschland, die in Umfragen bereits auf unter 20 Prozent gefallen ist(!) – am linken Rand keine Konkurrentin wie die deutsche Linkspartei hat. Aber warum sollte nicht auch jemand in Österreich Lust verspüren, aus dem linken Flügel der SPÖ eine neue Partei zu gründen?

2.    Kommt wieder Rot-Blau?

Die für beide Seiten durchaus profitable Zusammenarbeit zwischen SPÖ und FPÖ hat eine jahrzehntelange Tradition. Schon die SPÖ-Geldspende an den FPÖ-Abgeordneten Gustav Zeilinger, damit die FPÖ bei der Wahl der ÖVP ein paar Stimmen wegnehmen möge, zeigte Pragmatismus, wenn es gegen den gemeinsamen „Feind“ ÖVP ging. So konnte Bruno Kreisky 1970 mit Unterstützung des ehemaligen SS-Obersturmführers Friedrich Peter seine Minderheitsregierung bilden, die dann zur Alleinregierung führen sollte. Als diese 1983 zu Ende ging, zwang Bruno Kreisky, wiederum mit dem Ziel, die ÖVP von der Regierung fern zu halten, seinen Unterrichtsminister Fred Sinowatz in eine Koalition mit der FPÖ, die dann von Franz Vranitzky 1986 beendet werden sollte.

Seitdem galt die sogenannte „Vranitzky-Doktrin“, also: keine Koalition mit der FPÖ. Dieses Dogma wurde angeblich erst 2015 im Burgenland gebrochen, wie uns interessensgeleitete Medien versichern. Dass die SPÖ ab 2004 in Kärnten sogar mit dem „bösen“ Jörg Haider koaliert hatte, haben mitfühlende Journalisten, die ja nur dann tüchtig recherchieren, wenn es gegen die FPÖ oder ÖVP geht, irgendwie vergessen.

Man soll sich von den Nebelgranaten nicht täuschen lassen: Für die SPÖ geht der Machterhalt über alles; sie wird daher – wenn es opportun ist – selbstverständlich wieder mit der FPÖ eine Koalition eingehen. Der Boden ist ja mittlerweile gut vorbereitet und über Kritik in den Medien muss man sich keine allzu großen Sorgen machen: Die einen Journalisten kann man mit Inseraten kaufen, die anderen werden den „Sündenfall“ gekonnt wegargumentieren.

Prof. Dr. Herbert Kaspar war langjähriger Herausgeber und Chefredakteur der ACADEMIA. Der Beitrag ist sein aktueller Gastkommentar in der Juli-Ausgabe der ACADEMIA

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