Die beispiellose jüngste Anschlagsserie in Paris, die dem Freizeit- und Nachtleben und damit einmal mehr der westlichen Lebensart galt, ruft nach konsequenten Antworten. Eine erste Antwort hat Frankreichs Politik unmittelbar nach den Attentaten gegeben:
1. Die Grenzen schließen
Dies ist für Österreich – wiewohl militärisch nicht in Syrien aktiv – umso dringlicher. Durch die de facto unkontrollierte Südgrenze drohen nicht nur Dschihadisten einzusickern, die Attentatspläne bereits mitführen. Eine weit größere Gefahr besteht in jungen Migranten, die radikalisiert werden, sobald sie erkennen, daß sie in ihren Zielländern kein Haus und kein Auto geschenkt bekommen, wie es ihnen von Schleppern versprochen wird, sondern zuallererst die Sprache und Schrift zu erlernen haben, sich um berufliche Qualifikation zu bemühen haben und ihnen sohin ein langer und dornenreicher Weg bevorsteht.
Bloß Mann und Muslim zu sein, gewährt in unseren Breiten noch keinen Status. Hinzu kommt, daß Asylverfahren ergebnisoffen sind und auch mit einem abschlägigen Bescheid enden können, der alle Mühen der Reise zunichte macht – sofern denn Abschiebungen als ultima ratio auch durchgesetzt werden.
Die Grenzsicherung ist also unbedingt wieder aufzunehmen. Wenn die EU die Außengrenze nicht sichert, müssen die Nationalstaaten ihre Binnengrenzen sichern. Wer in Österreich kein Asyl beantragt (das er im übrigen schon in Griechenland oder Slowenien beantragen hätte können), ist illegal Einreisender und als solcher auch zu behandeln. Auch die USA haben längst einen Grenzzaun zu Mexiko errichtet, bloß stört dies hierzulande niemanden.
Führen Grenzsicherungsmaßnahmen zu einer Streuung und Fragmentierung der Zuwanderungsströme, kann dies allerdings zu einem Sicherheitsproblem werden: Durchreisende, die keine organisierte Verpflegung und keinen organisierten Weitertransport vorfinden, könnten sich Zutritt zu Privatwohnungen verschaffen, um an Unterkunft und Nahrung zu gelangen.
Richtig ist auch, daß tausende Kilometer Grenze nicht lückenlos überwacht werden können. Doch ließe sich die Zivilbevölkerung – auf freiwilliger Basis und selbstverständlich ohne Polizeikompetenzen – in die Grenzsicherung einbinden. Einheimische junge Männer etwa, die nächtens von einer Diskothek zur nächsten tingeln – und ebenso mancher Pensionist – wären gewiß auch ohne Lohn (und entstehende Kosten) dazu zu gewinnen, Polizei und Bundesheer beim Melden beobachteter Grenzübertritte zu assistieren. Ganz nebenbei resultierte daraus eine wichtige Identifikation der Bürger mit ihrem Gemeinwesen.
2. Die europäische Heilslehre beenden
Die Europäische Union ist längst kein Freiheitsgeschehen mehr, sondern zu einer im Keim totalitären Heilslehre mutiert. Eine Heilslehre ruft jedoch eine Gegen-Heilslehre auf den Plan:
Der Kapitalismus als eine Ideologie des schrankenlosen Marktes den Sozialismus und vice versa, der Antinationalsozialismus, wie er in steigendem Maße als Staatsgründungsmythos der „Zweiten Republik“ fungiert (so sei Österreich 1945 und nicht erst 1955 befreit gewesen), rechtsradikale und neonazistische Tendenzen, und ebenso der Europäismus reaktiven Nationalismus, um sich als „pädagogische“ Antwort auf diesen nur bestätigt zu sehen.
Der europäistische Heilsuniversalismus hat ferner im Islamismus seinen Widerpart. So, wie es dereinst keine Deutschen und keine Franzosen mehr geben soll, sondern nur noch „Europäer“, bedeute auch „Islam“ in Teheran exakt das Gleiche wie in Riad, New York oder Oslo. (Einzig die Türkei beschreitet einen Weg, den man als nationalislamistisch bezeichnen könnte – einen Weg, der mit dem freiheitlichen Rechts- und Verfassungsstaat freilich ebenso nur bedingt zu tun hat. Dschihadisten türkischer Provenienz gibt es allerdings kaum.)
Die stets beschworene „Aufklärung“ droht einmal mehr zur Gegenaufklärung zu werden. Ist es Zufall, daß die beiden verheerenden islamistischen Terroranschläge dieses Jahres in der EU just jenem Land galten, in welchem die Aufklärung früh ihre gräßlichste Fratze gezeigt hatte, während Deutschland von Terroranschlägen islamistischer Provenienz bislang verschont geblieben ist?
Der Neojakobinismus der politischen Moral ist jedenfalls unübersehbar. Eine Rückkehr zu souveränen Nationalstaaten und die Reduktion der EU auf den Binnenmarkt täte not. Es wäre dies kein Weniger an Europa, denn Deutschland, Frankreich usw. sind je für sich schon zu hundert Prozent europäisch, ohne durch die Segnungen der EU allererst „europäisch“ werden zu müssen.
3. Den Islamismus isolieren
Der „Islamische Staat“ kann nicht zerschlagen werden, und kann er es, so besteht er hundertfach fort und entsteht hundertfach aufs Neue. Er ist in Wahrheit kein Staat. Jeder frustrierte Jugendliche, der sich eine Kalaschnikow besorgt und in die Menge ballert, kann dies im Namen des Islam tun und sich unsterbliche Anerkennung zuschreiben. Diesbezügliche Hierarchien sind in Zeiten der „sozialen“ Netzwerke denkbar flach geworden.
Ein konzertiertes miltärisches Eingreifen der EU hätte zur Folge, daß zusätzlich zum Bürgerkrieg in Syrien und dem dadurch anhaltenden Flüchtlingsstrom (einen „starken Mann“ wie Assad, der die divergierenden Gruppen mit eiserner Faust zusammengehalten hatte, bekommt man nicht auf Knopfdruck) Terroranschläge in weiteren europäischen Staaten zu befürchten sind.
Einen Krieg kann man gegen eine gemeinsame Regeln akzeptierende Armee führen, nicht aber gegen Krebszellen, die längst gestreut haben. Der vom Islamismus beherrschte Raum kann nicht bekämpft, sondern nur isoliert werden. Europa wäre gut beraten, sich aus der Region zurückzuziehen und seine eigenen Unzulänglichkeiten in Ordnung zu bringen. Nicht (nur) aus Angst vor Vergeltung, sondern schlicht darob, weil der islamische Raum Erfahrungen mit sich selbst machen muß, die unleugbar seine eigenen sind und nicht auf den „Westen“ abgeschoben werden dürfen.
Eine so noch nicht stattgefundene Aufklärung kann nicht vom Westen gütig dekretiert werden, um die Region alleine dadurch eine Stufe unter die eigene zu stellen, sondern muß aus eigener Einsicht erwachsen. Nur dort, wo Dialogfähigkeit gegeben ist, sollen alle Brücken fortbestehen.
Wilfried Grießer, geboren 1973 in Wien, ist Philosoph und Buchautor. Zuletzt herausgegeben: Die Philosophie und Europa. Zur Kategoriengeschichte der „europäischen Einigung“, Würzburg 2015
"Was zu tun ist" scheint mir schon falsch, richtiger: "Was zu tun wäre" - in Österreich ist doch die Forderung: "Die Grenzen schliessen" unmöglich, weiters
unmöglich: "Den Islamismus isolieren", der Islam gehört doch zu Österreich und wer unterscheidet schon zwischen Islam und Islamismus??
Es geht mMn. weniger um die Sicherung der GRENZE. Da genügt es einen roten Strich zu ziehen und Securities (wie ich dieses Wort so liebe!) hinzustellen, dass nur ja keiner draufsteigt ...
Es geht viel mehr um die Wahrung der staatlichen Souveränität und der damit zwangsläufig verbundenen Kontrolle aller Menschen, die sich von außen nach Österreich hinein begeben wollen.
Wir schaffen das - auf den Flughäfen und - falls erforderlich, auch bei Zugsreisenden, bei LKWs und auch bei PKWs.
Nur bei Fussgängern, bei alten Leuten mit Krücken, bei Verwundeten im Rollstuhl schaffen wir das NICHT!
Warum hat diese verstandferne Regierung es in Monaten nicht geschafft, in Klingenbach und in Spielfeld sturmsichere Schleusen zu errichten, die eine Kontrolle und Erfassung JEDES Grenzgängers garantieren?
Und mit aller Deutlichkeit klarmacht, dass sich jeder, der sich ohne Registrierung in Österreich aufhält, strafbar macht und mit entsprechenden Strafen rechnen muss - und kein willkommener Refugee ist.
Wie stellen Sie sich eine Grenzkontrolle mit Pensionisten und angetrunkenen Discobesuchern vor? Sollen die dann Schlepperautos aufhalten? Oder die grüne Grenze beobachten und dann wen anrufen, der dann irgendwo hinkommt. Gibt man dann die GPS Daten durch? Wofür zahlen wir jede Menge Steuern, wenn wir dann Hoheitliche Dienste gratis verrichten dürfen.