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Die Rolle der Mutter: Zutrauen, Vertrauen und Getrauen

Bei Kindern kann man die Mechanismen am deutlichsten beobachten, die aus dem Beziehungsverhalten mit der engsten Bezugsperson (zumeist der Mutter) das sonstige Verhalten prägen. Der international bekannte Kommunikationsforscher Paul Watzlawick hat das vom Biologen und Anthropologen Georgy Batson erforschte Phänomen der Doppelbotschaft in seinen Werken und seiner therapeutischen Praxis in anschaulichster Art und Weise erfolgreich angewandt.

Die Phänomene des Beziehungsdreiecks „Zutrauen, vertrauen und getrauen“ sind besonders aus der Verhaltensforschung bekannt und vorstellbar. Etwa, wie man das Vertrauen eines Haustiers Schritt für Schritt gewinnt, bis dieses auf Signale reagiert und ein kooperatives Verhalten zeigt. Dies soll und kann natürlich nicht auf das menschliche Verhalten übertragen werden. Dafür ist das weite Spektrum menschlicher Emotionen verantwortlich, die das individuelle Verhalten differenziert modifizieren und bestimmen.

Will man im Beziehungsverhalten zwischen Mensch und Mensch – aber auch in der Beziehung zwischen Mensch und Tier – ein für beide Seiten befriedigendes Ergebnis erzielen, dann sind es wiederum drei Eckpunkte in einem schlüssigen Wirkungs-Warndreieck, welche in der Interaktion besonders zu beachten sind. „Vorsicht und Rücksicht im Erkennenlassen der Absicht, seine Wünsche umzusetzen“ das wäre die Maxime und der kognitive Regelkreis, der im Falle eines erfolgreichen Beziehungs-Aufbaus berücksichtigt, aber vor allem in jeder Phase der Interaktion immer wieder reflektiert werden muss.

Sich Vertrauen, auf sich verlassen können, sich was Zutrauen, um nicht einer verpassten Chance nachtrauern zu müssen, all das hängt mit einem bestehenden und sich immer verändernden Selbstwertempfinden zusammen. Dieser persönliche Selbstwert baut beim Menschen auf die erlebten Verstärker auf, die der Mensch im Laufe des Lebens von seinen Bezugspersonen und im Laufe seiner Sozialisation von den Mitmenschen bekommen hat. Der Mut und die Motivation. Neues und Ungewohntes in Angriff zu nehmen, ist eng mit der Ich-Stärke verbunden, die sich als Identität aus Selbstbild (wie ich mich sehe und empfinde) Fremdbild (wie mich die anderen sehen und empfinden) und Wunschbild (wie man sein will) zusammensetzt. Sicherheit und Vertrauen in das eigene Verhalten ist auf Grund des mehrdimensionalen mentalen Beziehungskomplexes kein einfacher Prozess, wie man sieht.  

Gehen wir vom Urvertrauen aus, wie es in der Mutter-Kind-Beziehung geprägt wird, dann ist der Grundstein gelegt, wobei die bisher behandelten Eigenschaften zueinander in einem relativen Verhältnis stehen. Ergibt das Resultat des Beziehungskomplexes einen Mangel, dann entwickelt sich, wie es Alfred Adler beschreibt, ein Minderwertigkeitsempfinden, welches sich in unterschiedlichem Ausmaß und Ausprägungsformen im Laufe des Lebens manifestiert. Bei der Entwicklung eines solchen Minderwertigkeitskomplexes ist der einleitend erwähnte Mechanismus der Doppelbotschaft besonders wirksam. Dabei entsteht die entscheidende Irritation zwischen Vertrauen, Zutrauen und Getrauen.

Im konkreten Fall wird von der vertrauten Bezugsperson der Mutter meist oder sehr oft eine zwei- oder mehrdeutige Botschaft dem Kind gegenüber vermittelt. Damit ist es unmöglich, die nötige Selbstsicherheit und das damit verbundene Selbstvertrauen zu entwickeln, welches für selbstbewusstes zielorientiertes Handeln Voraussetzung ist. Die Aufgabe der Gesellschaft wäre es, neben dem individuellen therapeutischen Angebot, in einer convivialen Gesellschaft, wie diese der Jesuit Ivan Illich beschreibt, dafür zu sorgen, diesen Mangel im ureigenen Interesse einer friedlichen Welt wieder auszugleichen. Mutige selbstsichere Menschen mit Sensibilität für den Mitmenschen, das wäre der erste Schritt zwar nicht in Richtung Paradies, aber in eine gut globalisierte Gesellschaft.

Dr. Franz Witzeling: Psychologe und Soziologe

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