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Der Monolog der Höchstgerichte

Nach einer Kette ähnlich lautender Entscheidungen hat der Verfassungsgerichtshof nun auch das Verbot der Fremdkindadoption durch homosexuelle Paare aufgehoben. Ganz oben auf der Wunschliste von Homosexuellen-Organisationen steht jetzt die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Denn wenn sowohl die uneingeschränkte Adoption als auch die künstliche Befruchtung für lesbische Paare zulässig geworden sind, gebe es keine Rechtfertigung mehr, homosexuellen Paaren die Ehe zu verweigern.

Nicht die Politik hat allerdings den Weg zur Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare freigemacht, sondern das Höchstgericht selbst. Die Politik hat lediglich die eingetragene Partnerschaft eingeführt, und dies nach Auffassung des Kommentators zu Recht: Wenn zwei Menschen – oft jahrzehntelang – eheähnlich zusammenleben, soll es möglich sein, in einen Mietvertrag einzutreten, gesetzlicher Erbe zu sein und im (leider wieder aktuellen!) Fall einer Erbschaftssteuer nicht – einem Fremden gleich – mit dem höchsten Steuersatz bedacht zu werden.

Von Kindern war bei der politischen Entscheidung zur eingetragenen Partnerschaft nie die Rede. Das Höchstgericht führt einen Dialog nicht einmal mehr mit der Politik, sondern zusehends nur noch mit sich selbst – also vielmehr einen Monolog – wenn es auf der Basis seiner vorangegangenen eigenen Entscheidungen das nächste und wieder nächste Urteil zugunsten gleichgeschlechtlicher Paare fällt.

Erscheint das Verbot der Fremdkindadoption mit der Möglichkeit auch der kumulierten Samen- und Eizellspende lesbischer Paare als gleichheitswidrig, so hat über die Samenspende eben derselbe Verfassungsgerichtshof entschieden, sodass auch die Eizellspende lesbischen Paaren nicht verwehrt werden darf. Genau der heikelste Punkt der aktuellen Novelle des Fortpflanzungsmedizingesetzes war damit von Haus aus einer ergebnisoffenen Diskussion entzogen. Das Signal an die Bevölkerung, das sich auch in der überaus kurzen Begutachtungsfrist widerspiegelte, lautete: Ihr könnt gerne diskutieren, aber das Ergebnis steht genau im heikelsten Punkt ohnehin schon fest.

Die Gleichheit als leitende Kategorie der nationalen wie europäischen Höchstgerichte ist zudem eine logisch höchst dürftige Kategorie: Sie bedarf stets einer Hinsicht des Vergleichs, da das, was in der einen Hinsicht gleich ist, in einer anderen ungleich sein kann. Die Hinsicht selbst bleibt das ausgeschlossene Dritte, obwohl sie es ist, die den Vergleich trägt und über Gleichheit oder Ungleichheit entscheiden lässt. Welche Hinsicht die maßgebliche sei, wird nicht von den Gliedern des Vergleichs bestimmt, sondern enthält ein Moment der Willkür, wodurch jederzeit eine unmaßgebliche Hinsicht als maßgeblich ausgegeben werden kann und umgekehrt.

In der Tat ist es nicht maßgeblich, welche sexuelle Orientierung eine Person hat. Wenn ein mit einer Frau verheirateter Mann schwul ist, spricht nichts dagegen, ein guter Vater zu sein. Auch homosexuelle Paare können getrost gute „Eltern“ sein und werden dies schon aufgrund des viel mühsameren und reflektierteren Wegs zum Kind wohl auch sein. Ebenso ist die sexuelle Identität gleichgültig. Ein Mann, der sich als Frau fühlt, ist immer noch ein Mann. Was bislang zählte, ist einzig das (rechtliche) Geschlecht.

Dürfe dieses fortan kein Kriterium einer Elternschaft mehr sein, so ist die Gender-Lobby freilich höchst inkonsequent: Beim Gleichbehandlungsgesetz, demzufolge bei gleicher Qualifikation eine Frau eingestellt werden muss, gibt das Geschlecht den entscheidenden Ausschlag. Bei Quotenregelungen (etwa in Aufsichtsräten) wird es überhaupt zum ersten Kriterium und steht noch vor der Qualifikation, obwohl es gerade hier um Schlüsselpositionen geht. Warum also nicht auch weiterhin bei der Elternschaft Mann und Frau gegenüber gleichgeschlechtlichen Konstellationen bevorzugen?

Vorgebracht wird, dass eine homosexuelle Person schon jetzt als Einzelperson ein Kind adoptieren kann und dieses um Unterhalts- und Versorgungsansprüche an den (gleichgeschlechtlichen) Partner umfällt. Nicht die Fremdkindadoption, sondern deren Verbot verletze demnach Kinderrechte. Dem ist zu entgegnen, dass die Adoption durch eine Einzelperson nur in Ausnahmefällen vorgesehen ist – etwa durch einen Verwandten im Ablebensfall der Eltern. Lebt dieser Verwandte zufällig in einer homosexuellen Partnerschaft, hätte man für derartige (seltene) Fälle auch eine Sukzessivadoption des bereits adoptierten Kindes durch den gleichgeschlechtlichen Partner einrichten können.

Der Verfassungsgerichtshof selbst hat übrigens praktisch zeitgleich das Geschlecht zum ersten Kriterium erklärt, indem er eine Bevorzugung weiblicher Bewerber für Kassenverträge auf dem Gebiet der Gynäkologie für zulässig hält. Dass eine Frau auf diesem Gebiet besondere Vertrauenswürdigkeit genieße, manifestiere sich darin, dass Frauen lieber zu Wahlärztinnen gehen als zu Wahlärzten. Ob dies auch daran liegen könnte, dass ein Kassenvertrag höhere Anforderungen an die Arbeitszeit stellt und für Ärztinnen mit Kindern wenig attraktiv ist (so dass unter den Wahlärzten überproportional viele Frauen sind), wurde nicht erwogen.

„Nur eine Frau kann eine andere Frau verstehen.“ So lautet die politische Agenda im Zeichen des Geschlechterkampfs gegen den Mann als den ewigen Täter, der sich nur durch Homosexualität aus der Schuld befreien kann, dem „heiligen Wesen“ Frau annähernd das Wasser reichen zu können. Die Samenspende für Lesben und die Fremdkindadoption scheinen jetzt jedenfalls so einzementiert, dass man sie nur noch durch politische Systeme aus der Welt schaffen kann, die man zugleich nicht wünschen kann. Bis dahin kann man froh sein, wenn Kritik nicht als „Hetze gegen Minderheiten“ geahndet wird.

Dr. Wilfried Grießer (geboren 1973 in Wien) ist Philosoph und Autor des Buches „Verurteilte Sprache. Zur Dialektik des politischen Strafrechts in Europa“ (Peter Lang, Frankfurt am Main 2012).

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