Die Vasa und das Ende der linken Antifaschisten

62 Meter lang, 64 Kanonen, geschmückt mit 700 Statuen und Figuren. Sie war der ganze Stolz Schwedens, die Vasa. Alleine ihr Anblick sollte die feindlichen Polen in Angst und Schrecken versetzen. Doch die polnische Flotte sollte das größte Kriegsschiff seiner Zeit nie zu Gesicht bekommen. Nachdem die prächtige Galeone zu Wasser gelassen worden war, schwankte sie bedenklich. Einen Stabilitätstest brach man sicherheitshalber ab. Trotzdem schickte man die Vasa wohlgemut auf Jungfernfahrt. Gleich nach dem Verlassen des sicheren Hafens, nach gerade einmal 1300 Metern, versank die riesige und bunt geschmückte Galeone, noch bevor sie auch nur in die Nähe des offenen Meeres oder eines feindlichen Schiffes gekommen war.

Die Geschichte der Vasa erinnert stark an den europäischen Antifaschismus. Mit dem Ende des zweiten Weltkriegs und dem Ende der italienischen Faschisten und der deutschen Nationalsozialisten blühte er in ganz Europa und vor allem in Deutschland und Österreich auf. In dem von den Amerikanern gut behüteten und wohlhabenden Europa war der Antifaschismus in vielen Ländern über lange Zeit Staatsräson und die primäre Daseinsberechtigung linker Parteien.

Und weil es ohnehin keine Faschisten mehr zu bekämpfen gab, verlegte man sich auf die Vergangenheitsbewältigung, die Ausdehnung des Begriffs auf immer weitere gesellschaftspolitische Felder, um sich selbst moralisch aufzuwerten und um die demokratischen Grund- und Freiheitsrechte immer weiter einschränken zu können. Der Antifaschismus war bis vor kurzem allgegenwärtig, in der Literatur, im Theater, im Kino und TV, in den Universitäten und an Schulen, in der Wissenschaft, im öffentlichen Raum, in den Ministerien und den NGOs.

Doch all das, was da über Jahrzehnte so an Antifaschismus produziert worden ist, hatte entweder ganz andere Ziele als die Verhinderung von neuen faschistischen Diktaturen und Trends oder es waren einfach nur lächerliche Trockenübungen.

Nichtsdestotrotz schmückten sich die selbsternannten und -legitimierten Antifaschisten mit Auszeichnungen, Orden und lobten in Sonntags- und Festreden gegenseitig ihren Durchblick, ihre Courage und ihren Mut. Sie putzten sich und ihre Egos auf, so wie einst die Schweden ihre Vasa.

Die Antifaschisten setzten sich im Laufe der friedlichen und demokratischen Jahrzehnte unzählige Denk- und Mahnmäler, füllten Hunderte Biblio- und Videotheken mit antifaschistischer Literatur und Filmen. Angesichts dieses Outputs und angesichts solcher Heerscharen von mutigen und kreativen Denkern, Lenkern und Kämpfern schien der Faschismus in Europa ein für allemal Geschichte zu sein. Denn mehr Antifaschismus war kaum noch möglich.

Doch in der Hochburg des Antifaschismus passieren plötzlich Dinge, die eigentlich gar nicht passieren dürften, und wenn, dann sollten sie einen Sturm der Entrüstung auslösen. Aber weder das eine, noch das andere ist der Fall. Durch die Straßen europäischer Großstädte sind in den vergangenen Monaten zigtausende Menschen gezogen und haben lautstark und aggressiv judenfeindliche Parolen gegrölt.

Die Polizei hat das nicht unterbunden, auch die Staatsanwaltschaften blieben weitgehend untätig, die Mainstream-Medien haben nur sehr dezent und verharmlosend berichtet und der linke Antifamob, ansonsten stets zur Stelle, wenn es darum geht, nichtlinke Demos zu behindern, hat sich in seinen Kellerlöchern verkrochen.

Alleine in diesem Jahr sind bereits weit über 5.000 Juden von Frankreich nach Israel ausgewandert oder besser gesagt geflüchtet. Der Grund: Im bunten „Multi“kulti-Staat nehmen die Übergriffe und Attacken auf Juden ständig zu, Synagogen werden angezündet, jüdische Geschäfte zerstört. Allein heuer wurden bisher 500 solcher Taten registriert, die Dunkelziffer ist noch deutlich höher.

Diese Übergriffe sind kein temporäres Phänomen, sie werden von Jahr zu Jahr zunehmen. Letzter unschöner Höhepunkt, drei junge Männer, mit den Vornamen Ladji, Yazine und Omar überfallen und malträtieren eine jüdische Familie in deren Wohnung. Die linken Mainstream-Medien berichten äußerst zurückhaltend, die Herkunft der Täter wird selbstredend unterschlagen, die hat nämlich nichts mit der Tat zu tun. Dass so gut wie alle rezenten judenfeindlichen Übergriffe von jungen Moslems ausgehen, ist purer Zufall oder bestenfalls ein „soziales“ Problem.

Während ganz Europa Kopf steht und vom latenten Rassismus der weißen Amerikaner faselt, wenn ein Polizist in Notwehr einen Schwarzen erschießt, ist man beim latenten islamischen Antisemitismus in Europa ganz schweigsam. Nur ein Einzelfall. Mittlerweile gibt es innerhalb und außerhalb Frankreichs Tausende solcher „Einzelfälle“, die allesamt nur eine Gemeinsamkeit haben, sie haben mit dem Islam nichts zu tun.

Auch die Künstler und Intellektuellen schweigen, obwohl der Antifaschismus bis vor kurzem noch zu ihren wichtigsten Einnahmequellen zählte. Viele deutsche und österreichische Künstler haben ihre ganze Karriere, ihre Reputation und ihren Wohlstand darauf aufgebaut, jetzt kuschen sie oder sie haben nur noch peinliches und relativierendes Geschwurbel zu bieten.

Dass wenige Jahrzehnte nach dem Holocaust mitten in Europa wieder die Hatz auf Juden beginnt, scheint unseren mutigen Antifaschisten und kritischen Links-Intellektuellen völlig am Arsch vorbei zu gehen. Ist diesbezüglich in den letzten Wochen irgendetwas Substantielles, Kritisches oder gar Mutiges von ihnen gekommen? Eben.

Jene Leute, die bis vor kurzem noch bei jedem an eine Klowand gekritzelten Hakenkreuz zu hyperventilieren begonnen haben, haben angesichts von vertriebenen und verfolgten Juden plötzlich einfach nichts mehr zu sagen. Und zwar deshalb, weil es die „falschen“ Täter sind, die nicht in ihr simples Weltbild passen, und vor denen sie Angst haben. Und auch weil sie zwar aus strategischen Gründen sehr viel für die von den Nazis ermordeten Juden übrig haben, aber keinerlei Sympathien für die heute in Europa und Israel lebenden Juden hegen.

Es ist aber auch viel bequemer, Kränze vor Konzentrationslagern niederzulegen und mahnende Worthülsen abzusondern, als selbst zu handeln und aktiv gegen den neuen Antisemitismus zu kämpfen.

Deshalb herrscht Sendepause. Obwohl, das ist nicht ganz korrekt. Manche antifaschistischen Helden warnen davor, dass „rechtspopulistische“ Parteien die epidemisch werdenden „Einzelfälle“ für ihre „Zwecke“ ausnützen könnten. Nicht jene, die Juden attackieren sind nämlich gefährlich, sondern die, die darauf aufmerksam machen. Linke Logik.

Einige mokieren sich zudem über jene Menschen, die derzeit mutig gegen solche Entwicklungen protestieren. Etwa die PEGIDA-Bewegung. Jeden Montag protestieren ganz friedlich Tausende Menschen in Dresden gegen die Islamisierung Europas. Die Mainstream-Medien und linke Politiker schäumen vor Wut und hetzen gegen diese neue Form des Widerstands der echten Zivilgesellschaft.

Warum eigentlich? Halten die Antifaschisten die islamistische Bedrohung Europas für eine gute Sache? Oder meinen sie: Die tun ja nix, die wollen nur köpfen. Schmollen sie, weil ihnen da jemand das Monopol auf Antifaschismus weggenommen hat, weil da irgendwelche „Spießer“ zehn Mal mehr Mut beweisen, als die erbärmlichen linken Antifaschisten?

Die Zeiten, als diese linken Antifaschisten mit lächerlichen Alibiaktionen und Trockenübungen gemeinsam mit den mit ihnen sympathisierenden Mainstream-Medien Kampfgeist und Mut vortäuschen konnten, sind ein für alle mal vorbei. Wer heute gegen Faschismus kämpft, der muss sich echten Feinden stellen. Und weil man dazu weder in der Lage noch Willens ist, kämpft man eben gegen die echten Antifaschisten.

Denn selbst der gewaltbereite linke Antifamob hat bisher ja nur gegen die von der linken Politik an der kurzen Leine gehaltenen Polizisten „gekämpft“. Das war nie mehr als eine Art Antifa-Disneyland. Der Staat hat in diesem Spiel seine Polizisten dem linken Straßenmob als Animateure zur Verfügung gestellt. Die Sicherheitskräfte dienten vor allem der Bespaßung Steine werfender, postpubertärer, schwarz gekleideter Jugendlicher.

Dass dabei immer wieder Beamte auch schwer verletzt werden, hat die Politik stets gerne in Kauf genommen. Da drückte man ein Auge zu. Als aber Fußballfans gegen Salafismus protestierten, war bei den Antifaschisten innerhalb und am Saum des Staatsapparates Feuer am Dach. Diese weitgehend friedlichen Proteste könnten ja zu echten Auseinandersetzungen und zu unschönen Reaktionen der kampferprobten Islamisten führen, ganz im Gegensatz zu den ritualisierten linken Antifakrawallen. Die hatten und haben mit echten Konflikten oder gar Kämpfen nie etwas zu tun gehabt. Die linken Möchtegern-Straßenkämpfer beschimpfen die Polizisten ja nur deshalb als faschistische Bullenschweine, weil sie genau wissen, dass sie genau das nicht sind.

Oder, man stelle sich dickliche, gepiercte, rothaarige, linke Genderstudies-Studierende und hühnerbrüstige, Rastalocken tragende Punks im Kampf gegen die neuen Faschisten, gegen IS-Anhänger und Salafisten, vor. Die Widerstands- und Kampfkraft des linken Antifamobs sinkt bei realen Gegnern gegen Null, ebenso wie der Mut und der Widerstand der Intellektuellen und Künstler.

Mit dem Erstarken der ersten großen faschistischen Massenbewegung nach dem Zweiten Weltkrieg ist der blühende europäische Antifaschismus so wie die Vasa im 17. Jahrhundert einfach untergegangen. Blubb und weg. Ohne jeden Kampf, ohne jede Auseinandersetzung. Die Vasa und der linke Antifaschismus, trotz der prächtigen Fassade nur erbärmliche Fehlkonstruktionen. Wenn es ernst wird, trennt sich die Spreu vom Weizen. Die antifaschistische Kinderparty mit ihren Schreckgespenstern aus Pappmaché ist vorbei. Deshalb sind viele auch einfach verstummt, andere kriechen bereits im vorauseilenden Gehorsam am Boden herum.

Die Bruchlinien und Fronten innerhalb von Gesellschaften und Staaten verschieben und verändern sich angesichts von neuen Bedrohungen und gesellschaftlichen und religiösen Umwälzungen fundamental. Freund, Feind, Verbündeter, Opfer, Held, Verräter – die Karten werden neu gemischt. Scheinbar mächtige und selbstbewusste Bewegungen oder Geisteshaltungen, wie der Antifaschismus, gehen einfach unter, ohne jeden Widerstand, ohne sich je bewährt haben zu müssen. So wie die Vasa wird man auch den europäischen Nachkriegsantifaschismus nur noch im Museum bestaunen können. All die vielen Worte, all die Mahnmäler, die Theaterstücke und Reden, nur Eitelkeit, Selbstüberschätzung und Dekoration, so wie die 700 bunten Statuen und Figuren der Vasa.

Werner Reichel ist Journalist und Autor aus Wien. Kürzlich sind seine neuen Bücher „Die Feinde der Freiheit“ und „Das Phänomen Conchita Wurst: Ein Hype und seine politischen Dimensionen“ erschienen.

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