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Antidiskriminierungsgesetze sind Bevormundungsgesetze

Antidiskriminierungsgesetze verfolgen die Zielsetzung, die Gesellschaft „gerechter“ zu machen. Aber können sie das auch? Die Schattenseite der rasanten Entwicklung dieses Rechtsbereichs, die man auch als Wildwuchs bezeichnen könnte, ist, dass es längst nicht mehr um die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz geht. Vielmehr wird genau diese Gleichheit durch „affirmative action“ oder „reverse discrimination“ immer weiter ausgehöhlt. Es geht um Beschränkungen der Vertragsfreiheit, also im Grunde um systematische Eingriffe in Menschenrechte und Grundfreiheiten.

Neben dem Austausch von Informationen und Meinungen ist der Abschluss von Verträgen eine der wichtigsten Formen sozialer Interaktion. Die Vertragsfreiheit ist somit der Rede- und der Versammlungsfreiheit vergleichbar; sie ist ein tragender Pfeiler jeder demokratisch-freiheitlichen Grundordnung. Der Gesetzgeber darf sie daher nur aus sehr gewichtigen Gründen einschränken oder aufheben, und nicht etwa aus einer bloßen rechtspolitischen Laune heraus.

Dass ein Unternehmer unter allen Stellenbewerbern denjenigen aussucht, der ihm nach freiem (und ganz subjektivem) Gutdünken als der geeignetste erscheint, oder dass ein Hausbesitzer unter allen Interessenten seine Mietwohnung an denjenigen vermietet, den er (ganz subjektiv) für den besten Mieter hält, ist nicht sittenwidrig, und daher kein hinreichender Grund, in die Vertragsfreiheit einzugreifen. Im Gegenteil, in solchen rein subjektiven (und daher nicht begründungsbedürftigen) Entscheidungen verwirklicht sich diese Freiheit. Wir sollten davor keine Angst haben.

Dass der Staat zur Gleichbehandlung aller Bürger verpflichtet ist, soll damit nicht in Zweifel gezogen werden; ebenso wenig, dass diese Gleichbehandlungspflicht auch in jenen Bereichen gelten soll, in denen der Staat (quasi-) unternehmerisch tätig ist. Wenn sich die Stadt Wien weigerte, Gemeindewohnungen an Neonazis, die kommunistische Partei oder Angehörige einer Sekte zu vermieten, wäre das ein skandalöser Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Aber wenn ein privater Hauseigentümer dies tut, dann ist dies (so sehr man die zu Grunde liegende Haltung verurteilen mag) sein gutes Recht. Es besteht eben ein gewichtiger Unterschied zwischen dem Staat und seinen Bürgern: der Staat dient gerade dem Zweck, die Freiheit der Bürger zu schützen – daher ist es völlig angemessen, den Bürgern Vertragsfreiheit zuzugestehen, dem Staat hingegen nicht.

Korrigierende Eingriffe in die Vertragsfreiheit der Bürger sind nur dann zulässig, wenn eine marktbeherrschende Stellung missbraucht wird, oder wenn die Gefahr besteht, dass andernfalls bestimmte Bürger von lebenswichtigen Gütern ausgeschlossen bleiben.

Dem Ausufern des Antidiskriminierungsrechts in privatrechtliche Vertragssituationen liegt die Auffassung zugrunde, dass der Staat dem Bürger nicht dienen, sondern ihn bevormunden soll. Ganz offensichtlich werden diese Eingriffe in die Vertragsfreiheit von Beamten und Politikern ausgedacht, die die Privatwirtschaft nur vom Hörensagen kennen, und denen jeder Ansatz einer eigenverantwortlichen Lebensgestaltung des Bürgers ein Dorn im Auge ist.

Im Grunde ist dies ein neo-marxistischer Politikansatz: Man teilt sich die Welt in Unterdrücker (normalerweise weiß, männlich, heterosexuell, einheimisch) und Unterdrückte (weiblich, schwul/lesbisch, mit Migrationshintergrund) ein, und bläst zu einer neuen Art des Klassenkampfes. Sucht man sich aufgrund des Schrumpfens der typischen Arbeiterklasse eine neue Klientel?

Man kann sich sogar fragen, ob die Probleme, die durch das Antidiskriminierungsrecht gelöst werden sollen, wirklich größer sind als die Probleme, die durch es geschaffen werden. Als 1979 das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) beschlossen wurde, ging es nur darum, den Abschluss von Tarifverträgen zu verbieten, die unterschiedliche Lohntarife für Männer und Frauen festlegten.

Solche Tarifverträge gab es freilich schon damals fast nicht mehr; überdies stellt sich die Frage, ob es nicht eher die Aufgabe der Gewerkschaften gewesen wäre, derartige Abschlüsse zu verweigern. Wozu also dieses neue Gesetz? Seit 1979 hat sich das GlBG mit atemberaubender Geschwindigkeit in alle möglichen Richtungen ausgedehnt, so dass es, wenn sich dieses exponentielle Wachstum nicht bald einmal einbremst, in spätestens zwanzig Jahren mehr Seiten füllen wird als das gesamte ABGB.

Und natürlich führt dieses Gesetz vor allem zu einem gigantischen Zuwachs an Bürokratie, sowie – infolge seiner reichlich unbestimmten und interpretationsbedürftigen Ausdrucksweise – zu Rechtsunsicherheit beziehungsweise zu einer Flut von frivolen Rechtsstreitigkeiten mit zum Teil schwer vorherzusehenden und vom Gesetzgeber vermutlich gar nicht beabsichtigten Ergebnissen. Ist dies wirklich eine gute und gesunde Entwicklung?

Ein bedenkenswertes Beispiel ist die EU-Richtlinie, die bestimmt, dass Männer und Frauen in Bezug auf den Bezug von Waren und Dienstleistungen nicht diskriminiert werden dürfen. Das bedeutet im Grunde vor allem, dass es im Hinblick auf das Geschlecht des Kunden keine Unterschiede in der Preisgestaltung geben darf. Aber waren solche Preisunterschiede wirklich ein Problem, das der Regelung auf europäischer Ebene bedurfte? In Bezug auf welche Waren und Dienstleistungen gab es sie überhaupt?

Natürlich fällt einem als Paradebeispiel ein, dass Friseure früher verschiedene Preislisten für Damen und Herren hatten, weil ein Damenhaarschnitt typischerweise mehr Arbeit verursacht als ein Herrenhaarschnitt. Und natürlich ist es den Friseuren zuzumuten, dass sie in ihren Preislisten auf solche Stereotypisierungen verzichten und stattdessen die tatsächlich erbrachten Leistungen in Rechnung stellen. Im wirtschaftlichen Ergebnis wird sich dadurch freilich nicht viel geändert haben: Frauen geben nach wie vor mehr Geld für ihre Frisur aus als Männer. Aber sie nehmen eben auch umfangreichere Dienstleistungen in Anspruch. (Ausnahmen bestätigen die Regel. Frau Lunacek dürfte zweifellos von der neuen Regelung profitieren.)

Es gab jedoch noch eine andere Dienstleistung, für die seit jeher geschlechtsspezifisch unterschiedliche Preise verlangt wurden: Versicherungsverträge. Die Preisunterschiede hatten jedoch einen guten Grund, weil sich die zu versichernden Risiken geschlechtsspezifisch sehr stark unterscheiden können. Bei Pensionsversicherungen spielt es einfach eine Rolle, dass Frauen typischerweise eine kürzere Lebensarbeitszeit aufweisen und zugleich eine höhere Lebenserwartung haben als Männer. Umgekehrt sind junge Männer ungleich häufiger in Verkehrsunfälle verwickelt als junge Frauen; dies würde es rechtfertigen, dass eine Haftpflichtversicherung von ihnen höhere Tarife verlangt.

Den EU-Mitgliedstaaten, die die Antidiskriminierungsrichtlinie einstimmig verabschiedet haben, war dieser Zusammenhang bewusst. Sie haben daher die Versicherungsbranche vom Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen.

Der Europäische Gerichtshof hat diese Ausnahmebestimmung jedoch mit einer höchst umstrittenen Entscheidung für nichtig erklärt, weil sie dem Grundsatz der Geschlechtergleichheit in der EU-Grundrechtecharta widerspreche. Seitdem gilt die Richtlinie ohne Ausnahme, und Männer und Frauen müssen für dieselbe Versicherung denselben Preis bezahlen. In vielen Fällen mag dies in Ordnung sein, in bestimmten anderen Fällen aber ist es völlig widersinnig, weil sich statistisch gesehen die versicherten Risiken erheblich unterscheiden. Die Dienstleistung ist also in Wirklichkeit gar nicht dieselbe. Im wirtschaftlichen Ergebnis hat dies dazu geführt, dass jetzt alle den höheren Tarif bezahlen.

Man muss sich dies auf der Zunge zergehen lassen: eine Richtlinie, die (weil der EU-Vertrag dies so vorsieht) von allen Mitgliedstaaten einstimmig beschlossen werden musste, kann von einer einfachen Mehrheit der Richter in einer Spruchkammer des EuGH teilweise aufgehoben werden; sie hat jetzt einen Inhalt, den die Mitgliedstaaten vermutlich so nicht beschlossen hätten.

Aber eine Korrektur scheint nicht möglich zu sein, denn sie könnte nur erfolgen, indem man die gesamte Richtlinie außer Kraft setzt, oder indem man die Grundrechtecharta ändert. Letzteres würde eine Regierungskonferenz und in einigen Mitgliedstaaten eine Volksabstimmung erfordern. Die verfehlte EuGH-Entscheidung ist also wie in Beton gegossen; sie ist gewissermaßen von höherem Rang als das gesamte übrige EU-Recht.

Aus Wohltat droht Plage zu werden. Ich glaube nicht, dass viele Mitbürger das Antidiskriminierungsrecht für nützlich oder notwendig halten. Und wenn doch, dann sollte dergleichen vielleicht lieber auf nationaler Ebene geregelt werden. Dann kann man es nämlich ohne große Schwierigkeiten wieder abschaffen. Möge Europa vor der 5. Gleichbehandlungsrichtlinie, und Österreich vor einem Levelling Up verschont bleiben.

Dr. iur. Gudrun Kugler, promovierte im internationalen Strafrecht und absolvierte einen Master in Theologischen Studien zu Ehe und Familie. Die für christliche Werte engagierte Mutter von vier Kindern zwischen 0 und 8 Jahren wurde bei der Nationalratswahl 2013 gemessen an Vorzugsstimmen sowohl auf der ÖVP-Bundesliste als auch auf der Wiener Landesliste Drittplazierte.

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