„Wahlkampf ist Zeit fokussierter Unintelligenz. Da passieren halt gelegentlich Dinge, die nicht gescheit sind – leider auch in der eigenen Partei", meinte Bürgermeister Michael Häupl schon 2005. Mittlerweile wissen wir, dass die fokussierte Unintelligenz auch nach Wahlen auftreten kann, wie etwa derzeit hierzulande.
Schon ein halbes Jahr nach Regierungsbildung und etwa ein Monat nach Verabschiedung eines koalitionär abgestimmten Doppelbudgets ist in der SPÖ die Panik ausgebrochen. Wenig motiviert durch das mäßige Abschneiden bei der Europawahl sowie ängstlich auf die kommenden Landtagswahlen schielend, braucht vor allem Michael Häupl wieder ein Ablenkungsmanöver. Nachdem er im letzten Wienwahlkampf unzuständigerweise die Frage der Wehrpflicht thematisierte, geht es nunmehr um die Steuern.
Teile der SPÖ fordern sogar eine Volksbefragung zu diesem Thema, ein richtungsweisender Schritt: Man könnte dann auch über Freibier, die Erhöhung der Urlaubstage oder die Verkürzung der Arbeitszeit abstimmen lassen. (Es ist interessant, dass gerade die Sozialisten, mit ihrem ansonsten bekannt gestörten Verhältnis zur direkten Demokratie, dann, wenn sie meinen, ein sicheres Blatt zu haben, doch auf diese Karte setzen.)
Im Zuge der verlogenen Diskussion um die Einführung von Vermögens-, Reichen- oder Millionärssteuern ist der SPÖ kein Vorschlag zu abwegig, etwa, wenn sie die Schweiz, „die ja auch Vermögenssteuern hat“, als Vorbild präsentiert. Gerne, liebe SPÖ! Übernehmen wir das Schweizer Steuersystem. Der österreichische Steuerzahler wird mit Handkuss die Schweizer Vermögenssteuer zahlen, wenn er auch in den Genuss Schweizer Einkommenssteuersätze kommt!
Aber darum geht es ja den Sozialisten in allen Parteien (also in der SPÖ, bei den Grünen, in Teilen des ÖAAB sowie in AK und ÖGB) nicht: Unter dem Vorwand einer „Steuerentlastung“ – die derzeit nicht realistisch ist – wird mittels hemmungslosem Linkspopulismus versucht, eine weitere Steuer durch die Hintertür einzuführen, und das in einem Land, das mit einer Abgabenquote von 45,2 Prozent bereits das Hochsteuerland Schweden überholt hat.
Kein Wort hört man von diesen Herrschaften über die wahren Kostentreiber: Die galoppierenden Pensionszuschüsse des Bundes (rund zehn Milliarden), die aberwitzigen Subventionen, sowie die Milliarden, die mangels einer Bundesstaats- und Verwaltungsreform weiterhin in einem ineffizienten System versickern. Die ÖBB etwa erhalten jedes Jahr Zuschüsse, die bereits gegen sechs Milliarden gehen, acht Milliarden im Jahr zahlen wir nur an Zinsen für die Kredite, die eine verantwortungslose Politik aufgenommen hat, um sich mittels Wählerbestechung von einer Wahl zur nächsten zu turnen. Auch die drei mehr als fragwürdigen Tunnelprojekte (Brenner, Koralm, Semmering) werden bis zu ihrer Fertigstellung an die 19 Milliarden verschlingen (falls die Finanzprognosen halten, womit erfahrungsgemäß nicht zu rechnen ist).
Seit dem ersten Staatssekretär für Verwaltungsreform 1966, Karl Gruber, ist bei der Verwaltungsreform nicht viel geschehen. 1992 (!) wurde von Bundeskanzler Franz Vranitzky und dem damaligen Vorsitzenden der LH-Konferenz Siegfried Ludwig das Perchtoldsdorfer Paktum unterzeichnet, das eine Neuordnung der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern fixieren sollte – geschehen ist praktisch nichts. Auch die durchaus interessanten Ergebnisse des Verfassungskonventes (2003-2005) sind mittlerweile versandet. Die „Transparenzdatenbank“ – ein Projekt von Josef Pröll aus 2009 – ist noch immer nicht operativ, denn ihr Funktionieren wird von interessengeleiteten Kräften seit Jahren sabotiert.
Die sogenannten „Sparpakete“ der letzten Zeit waren Mogelpackungen und tatsächlich Belastungspakete, die den Bürgern weniger staatliche Leistungen bei erhöhten Abgaben verordneten. Bei sich selbst hat eine unersättliche Nomenklatur aus Politik und Bürokratie noch keinen Cent eingespart, ganz im Gegenteil, wenn man etwa an die Verdopplung der Parteienförderung denkt, oder an die über 200 Millionen Euro, die jährlich für Regierungspropaganda verplempert werden.
Der Bürger konstatiert mehrfaches Politikversagen, wenn sämtliche vernünftigen Sparvorschläge (und deren gibt es genug: von Rechnungshof, Industriellenvereinigung, WIFO oder IHS) konsequent abschmettert werden und nur die weitere Belastung der Bürger als „Alternative“ gesehen wird. Die Bürger haben kein Vertrauen mehr in eine Politik, die ihnen seit 48 Jahren „Reformen“ verspricht, aber nicht einmal in der Lage ist, etwa den teuren Kompetenzdschungel im Schulbereich zu bereinigen.
Prof. Dr. Herbert Kaspar ist Chefredakteur der ACADEMIA, der Zeitschrift des österreichischen Cartellverbandes. Dieser Kommentar ist der aktuellen Ausgabe entnommen.
Prof. Dr. Kaspar hat es auf den Punkt gebracht! Super und Vielen Dank!
Die Republik Österreich ist durch die Hans-Kelsen-Bundesverfassung 1920/1929 als ein Zwitterwesen definiert worden:
Die Macht wurde cirka 50 zu 50 Prozent auf den Bund und auf die neun Bundesländer aufgeteilt.
Und damit haben wir den Salat!
Dieser Konstruktionsfehler - bzw. man müsste Hans Kelsen fragen (der schon lange verstorben ist) welchen Sinn diese 50zu50%-Machtaufteilung für einen Sinn gehabt haben hätte sollen - wirkt schon ab den 1960-Jahren bis heute 2014:
DESASTRÖS aus, weil es unfinanzierbar wird und daher zur einem Steuererhöhungswahnsinn führt!
Eine gewisse Kaste von Politikern (da muss man die Namen Erwin Pröll & Michael Häupl nennen) & Beamten die die Mechanismen des Machtausgleichs zwischen Bund & Ländern genau kennen:
Blockieren und nutzen diese Blockade durch eiskaltes Erpressen für sich und ihre eigenen Pfründe schamlos aus. Vor allem bei den Finanzausgleichsverhandlungen.
Und man muss auch unser Parlament, den Nationalrat kritisieren:
- Vertreten die Abgeordneten dort das österreichische Volk als Ganzes?
- Oder vertreten sie die Interessen ihrer jeweiligen Partei-Landeskaiser?
Denn nominiert für die Wahlliste zur NR-Wahl wurden sie ja von ihren Landesparteien & ihren Landeskaisern.
Sind diese NR-Abgeordneten doppelgesichtig? janusköpfig?
In vergleichbaren Ländern gibt es:
Entweder in der Schweiz ein total regionalisiertes System wo die Kantone alles sind und der Bund fast keine Macht hat.
Oder:
Ein eher zentralistisches System wie in Tschechien, Slowakei oder Ungarn wo es im Prinzip nur den Bund gibt und die Regionen bloße Verwaltungseinheiten (aber kaum politische Einheiten) sind.
Dass sich Österreich in Richtung Schweiz bzw. in Richtung Tschechien bewegt ist unwahrscheinlich:
Was Österreich derzeit dringend für Veränderungen braucht sind:
- Bürgerbewegungen
- Sich daraus entwickelnde vernüftige neue Parteien
- Bürgergesellschaft, bzw. Zivilgesellschaft
- Wirklich unabhängige Medien die echt aufdecken u. die Bürger vertreten
- Unabhängige Blogs wie etwa: Unterberger oder Christian Ortner
- Unabhängige Denkfabriken wie etwa "Agenda Austria" von Dr. Franz Schellhorn.
Besser kann man es nicht mehr auf den Punkt bringen, wie in diesem Gastkommentar, der im Parlament als Flugzettel verteilt werden sollte!
Dazu fällt mir nurmehr ein, daß neben wichtigen Reformen wie Verschlankung des Staates (z. B. Einsparung des Bundesrates, Straffung der Landesregierungen etc.), endlich einmal der Wählerbestechung zwecks Machterhalt der Parteien Einhalt geboten werden müßte, die uns den größten Anteil des enormen Staatsschuldenberges eingetragen hat und zu immer neuen Aderlaß der letzten Leistungsträger führt.
Aber das ist wohl das aussichtsloseste Unterfangen gegenüber der wohlfahrtsstaatverwöhnten Wählerklientel!
Kompliment Herr Prof. Kaspar!
Hoffentlich wird dieser wichtige Kommentar auch in der Löwelstraße 18 und Lichtenfelsgasse 7 gelesen. Bitte eventuell eine Kopie an diese Adressen senden.
Dank an Herrn Kaspar! Unsere einzige Hoffnung bleibt, dass sich endlich jene Bürger, die das Problem verstehen, artikulieren. Und zwar spezifisch und außerhalb von Wahlen. Als Vehikel bieten wir nach wie vor - seit 2011 - die Webseite
www.verwaltungsreform-jetzt.at
an, wo sich schon > 20.000 eingetragen haben. Sehr viele, aber viel zu wenig!
Bitte tragen Sie sich ein und empfehen Sie das auch weiter.
Mich würde interessieren wie die Staatsquote ausgerechnet wird oder was diese Zahl heißen soll.
Einmal ist da das Bruttosozialprodukt als Meßlatte, eine sehr dubiose Zahl (auch schon bevor EU-weit Drogenhandel und Prostitution dazugezählt wurden).
Andererseits sagt die Zahl ja nichts zum Drangsal der Nettozahler aus. Wer als Angestellter einen Blick auf den Lohnzettel wirft und dabei die Brutto zu Netto Differenz, plus die Dienstgeberbeiträge, errechnet, ist schon bei mäßigem Einkommen sofort jenseits der 45%.
Danach dann noch bei jedem Einkauf die Mehrwertsteuer. Dazu noch zahlreiche weitere Verbrauchssteuern. Dann noch die ganzen Steuern und Gebühren auf Grunderwerb, Autofahren, Versicherungen etc.
Wie soll so eine kleine Zahl herauskommen?