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Unvollendete Konservative: Die Jungstars der ÖVP und SVP verbindet Einiges

„Trau keinem über dreißig“, lautete einst ein Sponti-Spruch der Achtundsechziger. 29 Jahre „alt“ wird Philipp Achammer am 4. Juli, der soeben im Kurhaus zu Meran auf ihrer (vorgezogenen) 60. Landesversammlung mit 967 von 1024 Delegiertenstimmen (94,4 Prozent) zum jüngsten Vorsitzenden der SVP-Parteigeschichte bestimmt worden ist. Die SVP nennt sich noch immer „Sammelpartei“ und heißt ihren Parteitag „Landesversammlung“, womit sie ihren Alleinvertretungsanspruch für Deutschösterreicher und Ladiner im südlichen, nach dem Ersten Weltkrieg von Italien annektierten Teil Tirols zu suggerieren trachtet. Doch den hat die seit 1948 regierende Partei schon seit den 1970er Jahren verloren.

Verlustig gegangen sind ihr längst auch die Merkmale einer Sammelpartei. Zugewinne von Südtiroler Freiheit (STF) und BürgerUnion (BU), mehr aber noch der Freiheitlichen (FPS), bewirkten, dass die SVP erst die absolute Stimmenmehrheit, eine Legislaturperiode später auch die absolute Mehrheit der Sitze im Bozner Landhaus einbüßte.

Dass die Verluste bei der Landtagswahl 2013 trotz des Skandals um die Landesenergiegesellschaft SEL unter dem langjährigen Landeshauptmann Alois Durnwalder sowie dem bisherigen SVP-Obmann (und Landesrat) Richard Theiner nicht noch deutlicher ausfielen, verdankte sie dem unbelasteten Arno Kompatscher, der als „neues Gesicht“ (für die Nachfolge Durnwalders) angetreten war. Doch kaum hatte Kompatscher die Regierungskoalition mit dem linken Partito Democratico (PD) zustande gebracht und den Sessel des Landeshauptmanns eingenommen, erschütterte ein weit größerer Skandal die (1948 zur Autonomen Region Trentino – Alto Adige zwangsvereinten) Provinzen Bozen-Südtirol und Trient.

Im Regionalrat war unter Federführung einer SVP-Abgeordneten eine Pensions(zahlungs)regelung für amtierende und ehemalige Politiker ausgearbeitet worden. Und wurde mit Zustimmung auch oppositioneller Parteien und Mandatare auch beschlossen. Sie sah im Ergebnis „Luxuspensionen“ für Abgeordnete und Regierungsmitglieder ebenso vor, wie satte Zahlungen an dieselben aus einer Art „Familienfonds“, der als Teil des neuen Rentensystems fungieren sollte. Wäre die Regelung in Kraft getreten, hätten sich für „Langgediente“ die Beträge auf bis zu 1,4 Millionen Euro summiert, und selbst Abgeordnete, die nur zwei oder drei Legislaturperioden im Landhaus saßen, wären auf mehrere Hunderttausend Euro gekommen.

Infolge massiver Proteste, welche die Veröffentlichung von Zahlen und begünstigten Personen Woche um Woche nach sich zogen, gerieten alle „Altpolitiker“ der SVP – aber auch jene der Oppositionsparteien STF, BU und FPS – sowie führende Mitglieder der Südtiroler Landesregierung unter Beschuss. Die SVP sah sich gezwungen, wegen der in der Öffentlichkeit erbittert geführten Polemiken um die Politikerpensionen die Neuwahl der Führungsspitze in der Hoffnung um ein Jahr vorzuziehen, damit den weiteren Vertrauensverlust einzudämmen.

Obmann Richard Theiner, seine Stellvertreter Martha Stocker und Thomas Widmann, sowie weitere „Granden“ standen für Parteifunktionen nicht länger zur Verfügung. Da sich Kompatscher, von dem es sich viele SVP-Orts- und Bezirks-„Kaiser“ gewünscht hatten, nicht auch noch den Parteivorsitz antun wollte – sozusagen in Personalunion, wie dies unter Silvius Magnago mehr als ein Vierteljahrhundert der Fall war – und auch sonst niemand aus der „mittleren Generation“ dazu bereit war, die Führung der mit fünf Millionen Euro verschuldeten Partei zu übernehmen, der nicht wenige ihrer 51 000 Mitglieder wegen des Renten-Skandals davonlaufen – hat man nun den 29 Jahre „alten“ Achammer zum SVP-Obmann gewählt.

Für Achammer, den man noch „Schulbub“ hieß, als ihn Theiner zwischen 2009 und 2013 als „Landessekretär“ (Parteisekretär) an seine Seite holte, zündete die mitunter wie ein Parteiblatt agierende Tageszeitung „Dolomiten“ geradezu ein Feuerwerk an Elogen und Ergebenheitsadressen. Und verbreitete tagespublizistisch herbei geschriebene „Aufbruchstimmung“. Niemand kenne die „Partei von innen wie außen besser als er“, hieß es vor der „alternativlosen Obmann-Wahl“. Für Achammer, den um ein Jahr älteren „Freund“, sprach auch Sebastian Kurz. Als Außenminister die Verkörperung der „Schutzmacht“ Österreich sowie als ranghöchster Vertreter der ÖVP – man gehört wie die SVP zur „Parteifamilie“ der EVP – war er Stargast in Meran.

Die beiden verbinden weitere Gemeinsamkeiten. Ihre Jugend: Achammer ist Jahrgang 1985, Kurz 1986. Ihr „Familienstand“: Singles. Medial erzeugter und begünstigender Juvenilitätskult: Kurz hält die Spitzenposition im österreichischen „Politbarometer“, Achammer erklimmt sie soeben. Ihre Studien: Beide entschieden sich für die Rechtswissenschaften, Kurz in Wien, Achammer in Innsbruck; beide schlossen es bisher nicht ab. Das muss kein Manko sein, im Gegenteil: man kann, wie man an SPÖ-Kanzler Werner Faymann sieht, als Studienabbrecher sogar Regierungschef werden. Hoffnung(sträger) ihrer von Erfolglosigkeit heimgesuchten Parteien: Kurz gilt schon jetzt als präsumtiver Nachfolger, sollte der glücklose Michael Spindelegger, dem er im Außenamt folgte, genug vom ÖVP-Vorsitz haben – vielleicht schon nach der EU-Parlamentswahl; Achammer hat die SVP schon übernommen.

Kurz und Achammer, ausgestattet allenfalls mit rudimentärer politischer Erfahrung, schicken sich als „junge Unvollendete“ an, quasi in Vorbildfunktion den politkarrieristischen „Paradigmenwechsel“, auch für andere Parteien zu erzwingen. So sich die „Stars“ nicht alsbald als Sternschnuppen erweisen.

Der Autor ist deutsch-österreichischer Historiker und Publizist

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