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Finanzierung des Pensionssystems: Ein ungelöstes Problem

Angesichts der entscheidenden Bedeutung des Stimmverhaltens der heimischen Rentner zählen Fragen der Pensionshöhe und der nachhaltigen Finanzierung der „Ersten“ (und faktisch so gut wie einzigen) Säule des österreichischen Pensionssystems zu den heißesten Eisen der Republik. Mit den Pensionisten kann und will es sich kein politisches Lager verderben. Die fortschreitende Alterung der Bevölkerung – bei gleichzeitig viel zu frühem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben – macht das Problem allerdings wesentlich dramatischer, als es im öffentlichen Diskurs dargestellt wird.

Die liberale Denkfabrik Agenda Austria hat sich des Themas angenommen und ihm in ihrem Thesenpapier „Fünf Chancen für Österreich“ einen prominenten Platz eingeräumt. Das Beispiel Schwedens, mit flexiblem Pensionsantrittsalter und spürbaren Auf- bzw. Abschlägen, trägt der zunehmenden Lebenserwartung Rechnung und wird als Vorbild empfohlen.

Bei einer Podiumsdiskussion mit dem für das Pensionssystem verantwortlichen Bundesminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) wurden sowohl die bereits vorgenommenen Sicherungsmaßnahmen als auch die noch erforderlichen Schritte deutlich gemacht.

Franz Schellhorn, der Chef der Agenda Austria, machte in seinem ersten Debattenbeitrag die Fehlentwicklung deutlich: Seit der Einführung des ASVG im Jahre 1956 stieg die Lebenserwartung um 20 Jahre, während das Pensionsantrittsalter um drei Jahre zurückging. Der Bundeszuschuss zu den ASVG-Pensionen beläuft sich, bei weiterhin steigender Tendenz, auf derzeit zehn Milliarden Euro und bindet damit einen wachsenden Teil des Budgets. Man braucht kein Mathematiker zu sein, um zu erkennen, dass es entschlossenen Handelns bedarf, um einen Kollaps abzuwenden.

Hundstorfer zählte in seiner Erwiderung einen Katalog von bereits eingeleiteten Reformschritten auf. So gäbe es ab sofort keinen vorzeitigen Pensionsantritt mehr, der nicht mit Pensionsabschlägen, die, wie er betonte, „wenn einer Pech hat, 30 Prozent ausmachen können“ Hand in Hand geht. Ziel der Regierung sei es, das Pensionsantrittsalter bis 2016 von derzeit 58,5 auf 60,1 Jahre anzuheben. Würde das nicht gelingen, müsste – und würde – „nachjustiert“ werden.

Die wenigen Wochen, die das Pensionsantrittsalter im Jahr 2013 angehoben werden konnte, hätten dem Budget bereits 120 Millionen Euro an Minderausgaben eingetragen. „Jede Woche späterer Pensionsantritt bringt ungefähr 25 Millionen.“ Das Pensionssystem sei langfristig finanzierbar – allerdings unter der Voraussetzung einer weiterhin stabilen Beschäftigungslage und bei weiterhin fortgesetzter Immigration(!).

Die meisten Beschlüsse hinsichtlich des bestehenden Pensionssystems seien „einstimmig“ zustande gekommen. Es herrsche „breiter Konsens“ darüber, die Pensionen primär über die „erste Säule“, das staatliche Umlagesystem, zu finanzieren. Nur zwei der sechs Parlamentsparteien (das Team Stronach und die Neos) hätten andere Vorstellungen. Es bedürfe außerdem eines „Umdenkprozesses“, was die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer angehe – wie es zum Beispiel in Schweden der Fall wäre, wo über 50-Jährige faktisch unkündbar wären.

Schellhorn zeigte sich in seinen Schlussbemerkungen überzeugt davon, dass es auch in Österreich zu entscheidenden und weit über die bisher eingeleiteten Maßnahmen hinausgehenden Einschnitten kommen werde, sobald die Zinsen wieder stiegen und die Staatsschulden damit unfinanzierbar würden. Auch in Schweden habe der damalige sozialistische Ministerpräsident Mitte der Neuzigerjahre nur deshalb einen radikalen Kurswechsel vorgenommen, weil sich auf den freien Finanzmärkten keine Geldgeber mehr gefunden hätten, die das schwedische Sozialbiotop weiterhin finanzieren wollten. Damals allerdings wären Finanzierungsprobleme des Staates nicht einfach durch die Notenpresse zu lösen gewesen, wie das heute der Fall sei. Dadurch würde indes die akute Problematik verschleiert und der Handlungsbedarf nicht erkannt.

Nach den Berechnungen der Agenda Austria würde infolge der auf die gesamte Lebenszeit ausgedehnten Bemessungsgrundlage die durchschnittliche Pensionshöhe gegenüber heute um ein rundes Drittel sinken. Gleichwohl würde sich der Bundeszuschuss verdoppeln, bedingt durch die Verschlechterung des Zahlenverhältnisses zwischen Aktiven und Rentnern. Zusammen mit den Kosten der Beamtenpensionen würde das dann beinahe die Hälfte der Budgetmittel in Anspruch nehmen.

Es liegt auf der Hand, dass das schwer möglich ist, wenn der Staat weiterhin auch andere Aufgaben wahrnehmen soll. In einer Republik, in der die Bewahrung des Status quo mehr zählt, als alles andere, in der bereits 30-jährige damit beginnen, die Tage bis zur Pension zu zählen und in der viele meinen, das Leben finde nur an den arbeitsfreien Wochenenden statt, sind Reformen allerdings schwierig bis unmöglich. Das zeigen zahlreiche Beispiele (etwa die niemals in Angriff genommene Verwaltungsreform oder das starrsinnige Festhalten an einer von Grund auf verfehlten Schulpolitik).

Ohne das Auftreten unausweichlicher Sachzwänge, wie sie zum Beispiel in Form explodierender Zinszahlungen für die Staatsschulden auf den Bund zukommen könnten, wird sich wohl nichts in Richtung einer tatsächlich nachhaltigen Stabilisierung des Pensionssystems ändern. Dessen Aufrechterhaltung allen Ernstes auf die durch nichts begründete Hoffnung auf dauerhaft stabile Beschäftigungsverhältnisse und den massenhaften Zuzug bildungsresistenter Orientalen aufbauen zu wollen, die dann die Ruhebezüge von pensionierten Technikern, hoch qualifizierten Facharbeitern und Akademikern bezahlen sollen, ist allenfalls ein schlechter Witz…

Das umlagefinanzierte Pensionssystem lebt von der Hand in den Mund. Es liefert den Rentenempfänger auf Gedeih und Verderb der Sozialbürokratie und jederzeit wechselnden politischen Befindlichkeiten aus. In einem derartigen System verfügen diejenigen, die jahrzehntelang Pensionsbeiträge entrichtet haben, über keinerlei verbriefte und materiell abgesicherte Ansprüche. Stehen morgen keine Beitragszahler in der erforderlichen Zahl und Qualität zur Verfügung, gibt es auch keine Rente.

Nur ein von jedem einzelnen Versicherten aufgebautes Kapital, auf dessen Verwendung nur er – nicht die Politik und auch nicht die Sozialbürokratie – Anspruch hat, kann vor politischer Willkür und (zumindest einigermaßen) zuverlässig vor Altersarmut schützen. Bei steigender Zahl von Rentenbeziehern und schwindender Zahl und Qualität der Beitragszahler gibt es für ein Umlagesystem indes nur wenig Hoffnung: Entweder die Menschen arbeiten bis knapp bevor sie tot umfallen. Oder sie geben sich mit mageren Almosen zufrieden. Ein Drittes gibt es nicht. Ein Blick auf die Anfänge ist erhellend: Als von Bismarck in Deutschland die (umlagefinanzierte) staatliche Rente eingeführt wurde, belief sich das Antrittsalter auf 71 Jahre. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag damals bei 58 Jahren…

Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.

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