Unsere Pensionen – Forderungen an die neue Regierung

Im Jahre 2005 musste der Staat 4,4 Mrd. Euro zu unseren ASVG Pensionen zuschießen. 2013 werden es nach dem erweiterten Budgetrahmen rund 9,9 Mrd. Euro sein, das heißt schlichtweg mehr als ein Verdopplung innerhalb von acht Jahren. Die Beamtenpensionen werden 2013 ca. 8,7 Mrd. Euro betragen, zusammen belaufen sich die Pensionskosten daher auf rund 18,6 Milliarden Euro.

Unlängst konnte man lesen, dass bis zum Jahre 2016 zur Finanzierung der Pensionen fünf Mrd. Euro fehlen. Wie will man diese Lücke schließen, so sie tatsächlich eintritt?

Die Zusagen des Staates bezüglich Alters- Gesundheits- und Pflegevorsorge für seine Bürger sind laut Schulden- Check von Eco Austria in absehbarer Zeit unfinanzierbar. Wie lange also kann sich Österreich ohne grundlegende Reformen das heutige Pensionssystem noch leisten?

Die Beitragszahler stagnieren, die Zahl der Pensionisten steigt. Damit wächst das Loch zwischen Einnahmen und Ausgaben bedrohlich. Auf diesen Härtetest ist man trotz der Reformen in der Vergangenheit, die man aber nur als „Reförmchen“ bezeichnen kann, nicht genügend vorbereitet. Man hätte schon längst überlegen müssen, den Rentenbeginn mit der Entwicklung der Lebenserwartung zu verknüpfen. Schon längst müsste also das Antrittsalter für Pensionen sowohl von Männern als auch Frauen gravierend angehoben werden. Heute finanzieren 100 Beitragszahler 60 Rentner, 2030 werden es – sofern die Entwicklung weiter anhält – wahrscheinlich 100 Rentner sein. Immer weniger Beitragszahler müssen immer höhere Ausgaben für die Pensionen schultern.

Was sagen die Politiker?

Da meinte nun unlängst der zuständige Minister Hundstorfer, dass er keinen Handlungsbedarf sieht. Gleichzeitig erklärte er aber bei einer Veranstaltung in der Eisenbahnerstadt Bischofshofen, warum die Menschen später in Pension gehen sollten und sagte: „ Wir brauchen die Oldies“, da uns die Kids fehlen.

Der Seniorenvertreter der ÖVP, Andreas Khol, erklärte nun ebenfalls vor den Wahlen, dass er in der kommenden Gesetzgebungsperiode jede Änderung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters ausschließe. Wie kann er solches behaupten. Hat er hellseherische Fähigkeiten?

Derartige Aussagen kann jeder vernünftig denkende Mensch nur als grob fahrlässige und verantwortungslose Erklärung – den Pensionisten und den Menschen gegenüber, die in Zukunft in Pension gehen werden – bezeichnen; ganz zu schweigen von der Jugend.

Der Reformstau auf dem Gebiet Pensionen, der die bisherige Koalition höchst negativ auszeichnete, ist so rasch wie möglich aufzulösen. Wie auch immer die neue Regierung aussehen wird, die folgenden Reformen sind neben anderen unbedingt erforderlich:

Harmonisierung der Pensionssysteme

In Österreich gibt es eine Reihe von Pensionssystemen für verschiedene Berufsgruppen, die in ihren Leistungen höchst unterschiedlich sind. Eine Harmonisierung ist dringend erforderlich, die Ungerechtigkeiten sind zu eliminieren sowie die entsprechenden Reformen schleunigst in Angriff zu nehmen.

Pensionsalter der Frauen

Vor der Nationalratswahl hat die eine Volkspartei eine vorzeitige Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen gefordert. Ein Aufschrei der anderen Volkspartei (kann man eigentlich noch von Volksparteien sprechen, wenn nur noch knapp die Hälfte der Stimmen auf diese beiden Parteien entfielen?), hallte durch die Lande. Schleunigst zog man die Forderung wieder zurück.

Nun konnte man in einem Beitrag von Dr. Marhold, WU Wien, lesen, dass versteckte Privilegien im Pensionsalter der Frauen Männer diskriminieren. Er führt als Beleg zwei Beispiele an und zwar

  • Zuschläge für Frauen- und Abschläge für Männerpensionen sowie
  • Unterschiede bei den Ruhensbestimmungen.

Auch dieser Themenkomplex muss schleunigst bearbeitet werden.

Beseitigung der Ungerechtigkeit der Jugend gegenüber

Ergebnisse einer internationalen Studie der Bertelsmann Stiftung zeigten eindeutig: In Österreich leben die Alten auf Kosten der Jüngeren. Diesen Titel hatte auch ein Bericht im Wirtschaftsblatt vom 16.4.2013. Die Bertelsmann Stiftung hat 29 Länder untersucht. Österreich schneidet in dieser Studie mit Rang 20 bei der Generationengerechtigkeit besonders schlecht ab. Gut werden die skandinavischen Länder beurteilt. So hat Dänemark sein Sozialsystem reformiert und liegt in der Wertung auf Rang eins. Auch Schweden hat sein Sozialsystem reformiert. Dort wird für die Pensionisten nur 3,4 Mal so viel ausgegeben wie für die Jugend. Wir geben für Pensionisten, also Menschen über 65 Jahren, fast sechs Mal so viel aus wie für Kinder. In Schweden gehen die Menschen um vier Jahre später in Pension als in Österreich. Diese Studie zeigt, wie groß der Reformbedarf in Österreich ist.

Das bedeutet aber auch, dass ohne private Vorsorgemaßnahmen, die zeitgerecht zu ergreifen sind, der Wohlstand der zukünftigen Pensionisten nicht aufrecht zu erhalten ist. Das sollte allen Menschen in Österreich klar sein. In Österreich stammen heute noch 82 Prozent der Alterseinkommen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung, nur 5 Prozent aus der privaten Vorsorge. Private Vorsorgemaßnahmen sind deshalb unbedingt steuerlich stärker zu fördern.

Arbeitsmarkt und ältere Mitarbeiter

Das immer wieder vorgebrachte Argument, dass ältere Menschen keinen Job bekommen, stimmt zumindest für Deutschland nicht. In der FAZ konnte man am 5.4.2013 von einem Beschäftigungsboom gerade für Ältere lesen. Sie sind so gefragt wie nie zuvor. Die Zahl der Arbeitnehmer in der Gruppe „60plus“ ist binnen Jahresfrist um 12,3 Prozent gestiegen.

Die Verhältnisse in Österreich werden von diesen Zahlen nicht gravierend abweichen, auch wenn die Arbeitslosenquote der Generation „50plus" im September 2013 um knapp 25 Prozent angestiegen ist. Da ist aber auch der Gesetzgeber gefragt, der ein gezieltes und wirksames System zur Weiterbildung und Beschäftigung älterer Mitarbeiter rasch einführen muss. Nur dann wird es gelingen, das reale Pensionsantrittsalter an das gesetzlich eingeführte heranzubringen. In Österreich sind nur 43 Prozent der 55- bis 64-Jährigen noch berufstätig, der EU Schnitt liegt bei 49 Prozent.

Permanente Weiterbildung – Gesundheitsvorsorge

Ohne die notwendige permanente Weiterbildung und damit ständige fachliche Qualifizierung wird die Beschäftigung älterer Mitarbeiter für die Unternehmen zu einem Problem. Die Qualifizierung älterer Mitarbeiter wird daher zur entscheidenden Ressource der Zukunft.

Es sind neue Formen der Weiterbildung wie z.B. sabbaticals (Auszeiten) vorzusehen. Damit werden permanente Weiterbildung und damit auch für alle Arbeitnehmer gezielte Investitionen in ihre berufliche Zukunft in der Praxis ermöglicht. Dazu bedarf es aber entsprechender gesetzlicher Bestimmungen und Fördermaßnahmen.

Investitionen sind auch in die Gesundheit der älteren Generation unbedingt vorzusehen, damit sie den beruflichen Anforderungen auf Dauer gerecht wird. Altersgerechte Arbeitsplatzgestaltung ist ebenfalls gefragt. Man muss sinnvolle Möglichkeiten schaffen, damit die Menschen länger im Berufsleben bleiben können.

Ein Paradigmenwechsel vom geradezu verzweifelten Kult der Jugendlichkeit mit der häufig feststellbaren neurotischen Skepsis vieler Unternehmen gegenüber älteren Arbeitnehmern ist dringend geboten. Anreize für die Arbeitgeber, ältere Mitarbeiterinnen weiter zu beschäftigen bzw. einzustellen, sind rasch einzuführen. Ein „Bonus- Malus- System“ ist im Gespräch und wird gefordert. Die Diskriminierung älterer Mitarbeiter ist gesetzlich zu verbieten.

Es ist klar, dass die vorhin genannten Reformen nicht vollständig sind; es sind lediglich einige Anregungen, die besonders vorrangig umzusetzen wären.

Unbedingt notwendig ist insbesondere ein schlüssiges Gesamtkonzept, das Schritt für Schritt in Angriff genommen werden muss, um ein enkelgerechtes Pensionssystem zu schaffen, das für alle Beteiligten, aber vor allem auch für die Jugend akzeptabel ist.

Christian Freilinger, Mag. Dr., geboren in Linz, war nach Abschluss seines Studiums zuerst Assistent des Ausbildungsleiters der Daimler Benz AG in Untertürkheim/Stuttgart.
Anschließend war er Dozent an der Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft und ab 2000 Dozent an der AFW Wirtschaftsakadmie Bad Harzburg. Lehraufträge an der Leopold Maximilian Universität in München und dann an der Johannes Kepler Universität in Linz runden seine akademische Laufbahn ab. Er hat sechs Bücher zu Managementthemen sowie über hundert Aufsätze zu gesellschaftspolitischen Fragen geschrieben.

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