Wenn das Bundesheer im Rahmen des Europäischen Forums Alpbach als Partner mit an Bord ist, ist es selbstverständlich, dass auch der Verteidigungsminister zu Wort kommen darf. So kam Mag. Gerald Klug am 25. August dieses Jahres in das Dorf der Denker, um vor dem gespannten Auditorium über Österreichs Sicherheitspolitik, speziell im Zusammenhang mit dem Thema „Cyber war“, zu referieren.
Und ja, bezüglich der Sicherheit des Auftretens und des Vortrages sowie der Ausstrahlung der Person konnte der Herr Minister durchaus überzeugen. Was er allerdings inhaltlich von sich gab, war alles andere als überzeugend.
Es begann schon damit, dass der Ressortchef bereits am Beginn ideologische Duftmarken setzen musste, indem er „soziale Sicherheit“ und ganz besonders „Verteilungsgerechtigkeit“ als erste Herausforderung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (nicht der Sozialpolitik, wenn man denn schon die Umverteilungsmaschinerie weiter forcieren will) benannte.
Peinlich war sodann die folgende Selbstoffenbarung: Nämlich, dass man innerhalb der EU und besonders hierzulande keinesfalls mehr, sondern eher immer weniger Geld für die jeweiligen Streitkräfte ausgeben will und stattdessen lieber auf gegenseitige Aushilfe, Improvisation und das Vertrauen, dass schon kein gröberer militärischer Zwischenfall passiert, setzt. Im O-Ton des Mag. Klug freilich klang das wesentlich euphemistischer, sprach er doch davon, die Verteidigungshaushalte „zu stabilisieren bzw. neu auszurichten“ und davon, dass „das Spannungsverhältnis zwischen Aufgaben und Mitteln (…) nur durch verstärkte Kooperationen, Schaffung von Synergieeffekten, Konzentration auf die wahrscheinlichen (!) Einsätze und Arbeitsteilung“ abgefedert werden könnte.
Was vielleicht für die Aufrechterhaltung einer Gemeinschaft finanziell klammer Vereine in einem 500-Einwohner-Dorf in der alpinen Peripherie durchaus Sinn macht, als Konzept für die europäische Sicherheitspolitik zu präsentieren, ist nicht nur fachlich bedenklich sondern schlicht gefährlich.
Einmal mehr bewies der Minister sodann die Schizophrenie der roten Militär-Politik: Einerseits die Neutralität als „unverrückbares Fundament“ der nationalen Sicherheitspolitik zu bezeichnen und sich explizit von der Verteidigungsdoktrin 2001 abzugrenzen und andererseits die europäische Kooperation nicht nur im Sanitätsbereich oder Katastrophenschutz zu suchen, sondern auch bei Terrorismusabwehr, im Rahmen von Groß-Manövern und „am gesamten (…) militärischen Aufgabenspektrum von EU und UNO“ mitwirken zu wollen, stellt den Versuch einer Quadratur des Kreises dar, der sich jeglicher Logik entzieht. Dasselbe trifft im Übrigen für die Erklärung des SPÖ-Politikers zu, dass er sich klar zu internationalen Einsätzen bekenne, während er gleichzeitig nach wie vor den fragwürdigen und Österreichs Ruf schädigenden Abzug vom Golan verteidigt.
Dass Klug zudem „konkrete neutralitätspolitische Akzente“ bei der Konfliktvermittlung setzen will, kann angesichts des sicherheitspolitischen Agierens Österreichs im Ausland der vergangenen Jahre wohl nur als Farce bezeichnet werden. Denn schon alleine die Grundbedingung dafür – eine realistische Bewertung der geopolitischen und regionalen Lage – war in vielen Fällen nicht gegeben. Man denke hierbei nur an die dümmliche Bejubelung des sogenannten „Arabischen Frühlings“, der sich als tief islamistischer Winter entpuppte. Wo waren da die „neutralitätspolitischen Akzente“ um die Heißsporne in Großbritannien oder Frankreich von für Europa massiv schädlichen Interventionen abzuhalten?
Immerhin erkennt der Minister, dass Afrika „an Bedeutung für die europäische Sicherheit“ (oder besser: Unsicherheit) gewinnt, auch wenn klar ist: „Österreich wird dabei natürlich nicht an vorderster Front stehen“. Inwiefern also das neue „Afrika-Kompetenzzentrum“ mit seinen „konfliktpräventive(n) Vorhaben“ tatsächlich eine Stabilisierung vor Ort und vor allem das Fernhalten von Terrorismus, Kriminalität und Zuwanderungsströmen nach Europa gewährleisten kann, bleibt dahingestellt.
Für offene Heiterkeit auch beim sicherheitspolitisch nicht versierten Laienpublikum sorgten dann allerdings die Ausführungen Klugs zum Thema „Cyber-Verteidigung“ in Österreich. So sollen Grundwehrdiener ab 2014 ein Modul „Cyber-Sicherheit“ wählen können. Dazu sollen die künftigen Rekruten bei der Musterung einem „Cyber-Talentecheck“ unterzogen werden und nach der allgemeinen Grundausbildung eine „Cyber-Grundausbildung“ durchlaufen. Danach (!) könnten sie unter anderem die Prüfung zum „Computerführerschein“ ablegen. Offenbar genügt also die Fähigkeit, den PC oder Laptop in Gang zu bringen, um den „Cyber-Talentecheck“ zu bestehen, während man nach der „Cyber-Grundausbildung“ in der Lage ist, ein Word-Dokument zu formatieren oder eine Excel-Tabelle mit Verknüpfungen anzulegen. Dann werden die Rekruten „im Rahmen ihrer besonderen (!) Fähigkeiten (…) zur Cyber-Sicherheit der Republik“ beitragen – was soll man dazu noch sagen?
Der Besuch von Alpbach erweist sich dann doch immer wieder als recht aufschlussreich – so oder so.
Mag. David Nagiller ist Mag.iur., ehemaliger Journalist und ehemaliger Parlamentarischer Mitarbeiter. Derzeit absolviert er die Ausbildung zum Hauptschul-Lehrer. Er ist im ÖCV, Austria Innsbruck, korporiert.
Wenn es mir aus geographischen Gründen nicht unmöglich wäre die Vorträge in Alpbach (Tirol) zu besuchen, so wäre ich mit Sicherheit zu diesem Auftritt unseres Verteidigungsministers hingegangen.
Deshalb, Herr Mag. Nagiller: Vielen Dank für ihren präzisen und analytischen Bericht!
Im Jänner 2013, als die Volksbefragung wegen der Wehrpflicht war, sowie die Wochen vorher hatte man gesehen WIE SEHR die Bevölkerung Österreichs am Bundesheer interessiert ist.
Wir in Österreich haben jetzt 68 Jahre Frieden und die meisten haben nicht mehr das Bewußtsein, wie wichtig ein Verteidigungsheer für unser Land ist. Immer wieder über die militärischen Fähigkeiten sowie Zukunftsplanungen unseres Bundesheeres zu diskutieren ist daher wichtig.
Wie überall sonst auch brauchen wir in Ö. das Bewußtsein der Eigenverantwortung - auch bei der militärischen Sicherheit. Es werden weder die Deutschen, noch die Italiener, die Schweizer, die Ungarn usw. für uns den Kopf hinhalten wenn es brenzlig wird.
Wie froh und glücklich waren die Österreicher als wir 1955 von den 4 Besatzungsmächten: USA, GB, F und Sowjetunion die Unabhängigkeit und Freiheit durch den Staatsvertrag erhielten. Man braucht sich nur die alten Filmaufnahmen anzusehen, wie die Menschen lächelten.
Diese staatliche Unabhängigkeit und Freiheit sollten wir auch 2013 mit einem funktionierenden Bundesheer weiterhin garantieren. Wir sind es unseren Vorfahren und auch Nachkommen schuldig.
Der "kluge" Minister einer Mini-Armee mit einem Mini-Budget spricht über
...."die Neutralität als „unverrückbares Fundament“ der nationalen Sicherheitspolitik"...
um dann Trittbrett fahrend
... „am gesamten (…) militärischen Aufgabenspektrum von EU und UNO“ mitwirken zu wollen,....
Danke Herr Mag. Nagiller für diesen aufschlußreichen Bericht!
Eine klassische Unvereinbarkeit = ein Sozialist nach dem anderen als Verteidigungsminister. Das kann nicht gut gehen und dementsprechend steht es auch um unser Bundesheer und die äußere Sicherheit Österreichs!
Herr Nagiller,
Sie haben mit Ihrem Bericht sehr gut zwei Dinge beleuchtet:
1. daß die sogenannte Sicherheitspolitik Österreichs ein schlechter Witz ist, und
2. daß Alpbach eine Versammlung von sich selbst beweihräuchernden geistigen Schrebergärtnern ist. Das trifft durchaus für beide Teile zu: die Referenten und die Adabeis.
Im Bereich Landesverteidigung, die ja im Begriff impliziert, daß es hier vor allem um militärische Verteidigung geht, wird seit Jahren mit den "zivilen" Aufgaben und Hilfsdiensten dies gründlich verdeckt. Natürlich wird man in Katastrophenfällen wohlorganisierte und ausgerüstete Einrichtungen, wie das Militär, auch zu HIlfsdiensten verwenden, aber das ist nicht dessen Hauptaufgabe oder Begründung.
Nur wird mit diesem begrifflichen Etikettenschwindel (wie auch in anderen Politikbereichen - zB Land- und Forstwirtschaft als Umwelt oder Lebensmittelministerium angemalt) der Blick auf das Wesentliche verstellt. Wenn dann noch, wie bei Klug, die politische Brille dazu kommt, wird es nur noch pervers.
Es ist schon klar, daß zur "umfassenden Landesverteidigung" jeder Lebensbereich heute eingeschlossen sein muß: die Wirtschaft, die Sicherung der nötigen Rohstoffe und Hilfsquellen, die geistige Bereitschaft sich zu schützen, usw. Dies bedeutet aber nicht, daß der Verteidigungsminister sich in seinem Ressort um die Wirtschaft oder deren Logistik zu kümmern hat; dazu sind andere da.
Was ganz gewiß nicht zu seinen Agenden gehört ist die "soziale Sicherheit" und die "Verteilungsgerechtigkeit"
Da, wie wir gerade am Fall Syrien sehen, die sogenannten "Friedensmissionen" oder "UN-Beobachter" nicht einmal Feigenblätter einer nach ganz anderen Regeln ablaufenden Politik sind, ist auch dieser Part österreichischer "Sicherheitspolitik" nur lächerlicher Selbstbetrug.
Die Neutralität hingegen wäre, wenn ernst genommen und auch von anderen, politisch größeren Schwergewichten praktiziert, sehr wohl ein Hindernis für die aggressive Machtpolitik etwa der USA. Sie war es jedenfalls in der Vergangenheit und wäre damit auch die einzig wahre Alternative diplomatische Lösungen zu erreichen, weil sie dem Prinzip der Nichteinmischung und damit dem Völkerrecht alter Lesart gerecht würde.
Vermitteln kann nur ein neutrales Land, nicht eines, das sich so bezeichnet, aber sich bei "Großmanövern zu allen Lagen" beteiligt. Damit ist man längst Partei - und unglaubwürdig.
Aber dafür wissen wir nun, daß sich Klug auch für den Cyber-War rüstet.
Die Fehlbesetzung der Ministerposten hat in Österreich bereits Tradition. Eine Investmentbankerin für das Schulressort auszuwählen oder einen ehemaligen Zivildiener als Verteidigungsminister einzusetzen, entbehrte jeder Logik und war - betrachtet man die "Leistungen" dieser Quereinsteiger - ein völliger Unfug. Es konnte also nur besser werden, würde man nun eine "kluge" Wahl treffen, oder? Den Äußerungen zufolge, die Herr Klug im Rahmen des Forums Alpbach von sich gegeben hat, scheint dieser Verteidigungsminister nur eingeschränkte Kenntnisse der Materie zu haben. Sie lassen mich jedenfalls stark an dessen Kompetenz zweifeln. Die sicherheitspolitische Lage Österreichs schönzureden und sich für den Fall der Fälle auf die europäischen Nachbarn zu verlassen, zeugt von mangelhaftem Weitblick. Und der zunehmenden Cyberkriminalität mit im Schnellverfahren ausgebildeten Rekruten begegnen zu wollen, ist einfach nur lächerlich. Wahrscheinlich ist das Internet für diesen Minister auch noch "Neuland".
herr klug ist wohl ein abbild seiner ziehväterInnen: unserer heutigen politiker.