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200 Milliarden für Deutschlands Familien?

Auf acht Seiten erklärt der “Spiegel” (Ausgabe 6/2013) warum „der Großteil des Geldes”, nämlich die Familienförderung in Deutschland, „verschwendet” werde. Beziffert werden die Ausgaben der Familienpolitik mit 200 Milliarden Euro. Das ist so viel Geld, dass sich der normale Bürger überhaupt nichts darunter vorstellen kann. Zum Vergleich: im Bundesvoranschlag der Republik Österreich sind insgesamt Ausgaben von 75 Milliarden vorgesehen.

Und doch ist diese Zahl falsch oder zumindest stark verzerrend. „Der Spiegel” rechnet etwa die ganze Eheförderung mit ein – ja in Deutschland gibt es so etwas – und zwar sind das rund 75 Milliarden Euro, hauptsächlich ein Ehegattensplitting in der Steuer und die Witwen- und Witwerrenten. Das hat allerdings mit einer Familienförderung nur im allerweitesten Sinne zu tun, ähnlich wie der Straßenbau, denn auch Familien benützen die Straße.

Die steuerlichen Maßnahmen der Familienförderung werden mit 45 Milliarden Euro beziffert. Die Berücksichtigung der Kinder im Steuersystem ist aber keine Förderung, sondern eine – im Betrag ohnehin unzulängliche – Ausgleichszahlung, die die Steuergerechtigkeit verlangt. Auf Grund der Unterhaltspflicht kann über bestimmte Anteile des Einkommens nicht verfügt werden, diese müssen steuerfrei gestellt werden. Auch Leistungen der Sozialversicherung, etwa die Kranken-Mitversicherung werden aufgelistet (27 Milliarden) oder Beiträge für die Jahre der Kindererziehung in der Rentenversicherung. Wenn man genau schaut, bleiben eigentlich nur sehr wenige Milliarden einer Familienförderung im engeren Sinne übrig, etwa 14 Milliarden Euro.

Nachdem nun so die gigantische Summe aufgezeigt wurde, die die Familien vom Staat geschenkt bekommen, wird eine Forschergruppe präsentiert, die „noch vertrauliche” Ergebnisse einer Analyse dieser Politik fabriziert haben. Das Ergebnis überrascht nicht, zumal die „OECD diese Studie sehr innovativ nennt”. Familienvertreter wissen inzwischen: Wo OECD draufsteht, ist der Zwang zur vollständigen Frauenerwerbstätigkeit drinnen. Und so erfahren wir, dass diese veraltete Familienpolitik Frauen an ihrem Lebensglück hindere – nämlich eine ganztägige Vollerwerbstätigkeit möglichst rasch nach dem Kreißsaal – und in Deutschland deswegen so wenige Kinder auf die Welt kommen.

Ehe, Krippen und die Geburtenrate

Garniert wird diese Story mit rührseligen Geschichten, aus dem familiären Alltagsleben genommen; etwa Claudia und Andreas, die beide im Schichtdienst arbeiten und keine geeignete Kinderverwahrungsstätte finden können, die 24 Stunden geöffnet hat. „Für viele Sozialleistungen verdienen sie zuviel” und steuerliche Vorteile bekommen sie auch nicht, weil sie nicht verheiratet sind. Zahlt sich wohl nicht mehr aus das heiraten, wo doch der „Spiegel” spaltenweise gegen das Ehegattensplitting anschreibt. Schade, dass den Autoren kein einziges Argument für diese „Subventionierung einer juristischen Rechtsform” eingefallen ist, etwa die gegenseitige Unterhaltsverpflichtung oder die Wirtschaftsgemeinschaft. Wird künftig auch genauso vehement gegen die Unternehmensbesteuerung von Konzernen angeschrieben, die gegenseitig Gewinne und Verluste ausgleichen können?

Oder die Geschichte des homosexuellen Leif, der Vater eines Kindes ist, das bei seiner lesbischen Mutter Marie aufwächst. Auch diese zwei Familien, „die gemeinsam in den Urlaub fahren”, bekommen kein Ehegattensplitting.

Das Kindergeld, derzeit 184 Euro im Monat, wird rein unter dem Aspekt der Armutsbekämpfung gesehen. Doch eigentlich ist es eine Maßnahme der steuerlichen Gerechtigkeit für Familien. Der Betrag ist auch nicht zu hoch, wie im Artikel erklärt, denn die Kinderkosten betragen im Monat rund 480 Euro (Studie Guger, 2003), ohne Berücksichtigung der entgangenen Einkommen durch die Kindererziehung.

Auch das alte Märchen von den steigenden Geburtenzahlen bei einem guten Angebot an Kinderbetreuungsplätzen wird wieder aufgewärmt. Das wurde schon mehrmals widerlegt. Die höchste Geburtenrate hat Niedersachen (1,5) und gleichzeitig die niedrigste Krippenquote, und die meisten Krippen gibt es in Sachsen-Anhalt (über 50 Prozent) mit der niedrigsten Geburtenrate (1,2). In Europa hat Irland die meisten Geburten und praktisch keine Kleinkindbetreuung. Die Geburtenrate in den Vereinigten Staaten von Amerika liegt bei 2,0 – und das ohne Familienpolitik.

Überhaupt nicht beleuchtet wurden familienpolitische Maßnahmen, die nicht budgetwirksam sind, etwa kommunale Initiativen oder gesetzliche Maßnahmen der Zeitpolitik, wie Elternzeit (Karenzzeit) oder Arbeitszeitregelungen. Teilzeitarbeit wird natürlich sehr negativ bewertet (siehe OECD), den Autoren scheint es offenbar nicht möglich, dass eine Mutter oder ein Vater freiwillig etwas weniger berufstätig sind, weil sie selber ihre Kinder aufziehen wollen. Dementsprechend wird auch das Betreuungsgeld, das die Wahlfreiheit sichern soll, als „Resultat einer ziellosen Politik” schlecht geredet.

Was bringt Familienförderung der Volkswirtschaft?

In Frankreich bestand nie Zweifel an der Zielsetzung der Familienpolitik, nämlich der Hebung der Geburtenrate. Viele Fördermaßnahmen greifen deswegen dort auch erst ab dem zweiten Kind. In Deutschland oder Österreich wurde dies so nie festgelegt, wahrscheinlich auch aus historischen Gründen. Die Effekte der Familienpolitik können deshalb auch nicht nur an der Geburtenrate gemessen werden.

Um die kritische Aussage des Berichtes nicht zu gefährden, hat „Der Spiegel” es auch peinlich vermieden auf die gesamtfiskalische Sicht einzugehen. Bei einer Kosten-Nutzen-Bilanz von Kindern müssen auch die zukünftigen Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge einberechnet werden. Das ifo-Institut hat 2006 eine solche Gesamtrechnung aufgestellt. Die Resultate zeigen, dass Familien mit jedem Kind im Durchschnitt ein kleines Vermögen an den Staatshaushalt transferieren. Bei den gesetzlichen Sozialversicherungen ergibt sich aus dem kumulierten Saldo aus Beiträgen und Leistungen für ein Kind die Höhe von 240.500 Euro! In das Steuersystem zahlt das Kind im Laufe seines Lebens durchschnittlich 227.400 Euro ein. Dem gegenüber stehen familienpolitische Leistungen in der Höhe von 64.900 Euro. Im „Spiegel” Artikel wird ein Betrag von 133.400 Euro an Leistungen genannt – immer noch ein erklecklicher Gewinn für den Staat.

Mag. Dr. iur. Peter Pitzinger ist Familienvater von fünf Kindern, Jurist und als Beamter tätig.

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