Dass der „Österreichische Arbeiter- und Angestelltenbund“ meist allein als Beamtenlobby wahrgenommen wird, ist kein Zufall. Schließlich rekrutiert diese Teilorganisation der einst bürgerlichen ÖVP ihr Führungspersonal bevorzugt in Kreisen, die einen auf Gewinn gerichteten Wirtschaftsbetrieb nachweislich niemals von innen gesehen haben. Insbesondere auf Lehrer scheinen Führungsaufgaben im ÖAAB eine besonders unwiderstehliche Anziehungskraft auszuüben.
Gelegentlich fühlen sich die als Beamtenlobbyisten und Privilegienkonservatoren tätigen Zeitgenossen aber doch bemüßigt, auch normalsterblichen Unselbständigen – also produktiv Tätigen – etwas Gutes zu tun. Dass dabei nichts als Mumpitz herauskommt liegt in der Natur der Sache jeder Arbeitnehmervertretung, die – in Umkehrung eines Vorbilds aus der klassischen Literatur – stets das Gute will und stets das Böse schafft.
Aktuell ist es das zu Herzen gehende Los der Pendler, das, nach Ansicht der Chefin des ÖAAB – der Kryptokommunistin „Her mit der Marie!“-Mikl-Leitner – einer dringenden Verbesserung bedarf. Zu diesem Zweck soll nach dem Ratschluss der gelernten Lehrerin die derzeit gültige, angeblich „starre Regelung“, reformiert werden! Der folgende Satz aus einer E-Mail-Aussendung des ÖAAB besticht nicht nur durch seine sprachliche Brillanz:
„Der ÖAAB hat deshalb ein vereinfachtes, transparentes und gerechteres Pendlermodell entwickelt, welches die Mängel des derzeitigen Systems beseitigt und bringt den Pendlerinnen und Pendlern mehr Geld zum Tanken.“
Großartig, nicht? Zumindest Pendler, Erdölkonzerne und Tankstellenpächter werden sich freuen! Das Ziel der „Pendlerförderung“ soll durch Anhebung der „Fördersätze“ um durchschnittlich 14 Prozent erreicht werden. Außerdem wird „Der Pendlerzuschlag für Kleinverdiener von 141 auf 290 Euro mehr als verdoppelt.“ Selbst eiskalten Liberalen wird es angesichts derart selbstlos gewährter Wohltaten ganz warm ums Herz.
Wer wird schon – schließlich gilt es doch, Mitmenschen Gutes zu tun, die durch das Arbeitsleid besonders schwer niedergedrückt werden – kleinlich nach den Kosten dieser Labsal fragen? Wer wird schon die noch etwas grundsätzlichere Frage aufwerfen, welch seltsamen Überlegungen die Idee geschuldet ist, möglichst weite An- und Abreisen von und zum Arbeitsplatz zu prämieren?
Eingedenk der nicht ganz neuen Erkenntnis, wonach allenfalls der Tod gratis ist, muss am Ende jede „Förderung“ schließlich auch bezahlt werden. Die der Pendler beispielsweise durch jene, die nicht in ihren Genuss kommen – die Nichtpendler. Wer sich einen Arbeitsplatz in der Stadt sucht, den er zu Fuß – und ohne nennenswerten CO2-Ausstoß – erreichen kann, ist selber schuld und daher nicht förderungswürdig. Wer aber – anstatt dorthin zu ziehen, wo es Arbeit gibt – den Segnungen des gesunden Landlebens partout nicht entsagen will und daher eine intensive Reistätigkeit entfaltet, um an seinen Arbeitsplatz zu gelangen, hat Anspruch auf „Förderung“. Arbeitnehmervertreterlogik vom Feinsten…
Dass derartige Lustbarkeiten in einem Wirtschaftssystem zelebriert werden, das auch die Genossen des ÖAAB immer wieder gerne als „kapitalistisch“ apostrophieren, komplettiert das Bild. Würden die Damen und Herren Arbeitnehmervertreter auch nur über rudimentären Sachverstand verfügen, wäre ihnen klar, dass in einem zu Recht marktwirtschaftlich oder kapitalistisch zu nennenden Wirtschaftssystem derart grober Unfug absolut undenkbar wäre, wie ihn die Subventionierung eines gesellschaftlich offensichtlich unvorteilhaften Verhaltens darstellt…
Andreas Tögel, Jahrgang 1957, ist Kaufmann in Wien.
Sehr geehrter Herr Tögel!
Ich kann Ihren Zynismus keineswegs teilen, Sie haben keine Ahnung von den schweren Lebensumstände eines normalen Bürgers, deshalb gebe ich Ihnen hier einmal ordentlich Kontra! Jawohl!!!
Nach elf harten Studienjahren hatte ich, unter größten Mühen, meine juristische Ausbildung fast abgeschlossen (zumindest den ersten Studienabschnitt). Unglücklicherweise gab es aber genau zu dieser Zeit eine gute Anstellung, als Beamter (mein Papa hatte da Beziehungen bei der Gewerkschaft), daher konnte ich mein Studium, wie schon erwähnt, nicht abschließen, wenn auch meine Qualifikation und Intelligenz zweifelsohne weit überdurchschnittlich sind. Neben der Arbeit habe ich aber, unter aller größten Mühen (Bildungsurlaub, Bildungskarenz, Vaterjahr), das schwere Studium der Publizistik abgeschlossen. Dank des unermüdlichen Wirkens des großartigen ÖAAB gelang es meine hervorragenden Leistungen gebührend darzustellen und damit eine leitende Beamtenstelle zu erlangen.
Aufgrund des unverhohlenen Neids meiner Nachbarn (keine ÖAAB Mitglieder!), die ohnehin kaum da waren, weil die gierigen Trotteln ständig arbeiten taten, sah ich mich genötigt für mich und meine Familie einen Wohnort an sicherer Stelle zu finden. Die Stimmung mit den Nachbarn war schwer vergiftet, die arbeiteten Tag und Nacht und jammerten dabei über die hohen Steuern und Abgaben, weswegen ihnen nichts zum Leben bleiben würde, anstatt froh zu sein, in so einem großartigen und gut verwalteten (nicht zuletzt von mir!) Land leben zu dürfen.
Mein bescheidenes Einkommen erlaubte mir ein kleines Seegrundstück zu erwerben, und dank meiner Beziehungen zum Land, dort eine Baugenehmigung im Grünland zu erhalten. Mein kleines Anwesen, welches ich ja nur aufgrund der unsympathischen Nachbarn (Arbeiter und Selbständige – pfui Teufel) erkoren haben, liegt aber leider einige Kilometer von meiner Arbeit entfernt. Und nun hat der grandiose ÖAAB die Idee, meine unglaublich hohen Aufwendungen (mein Achtzylinder braucht halt und eine Dienstlimousine mit Chauffeur wurde leider wegen des strikten Sparzwanges nicht genehmigt) für die Anreise zum Dienstort gebührend zu ersetzten. Und Sie Miesepeter wollen, voller Neid, mir das nicht gönnen! Es ist ja ungerechter weise ohnehin nur mehr für fünf Jahre, dann bin ich 49 und gehe in die verdiente Pension (Hacklerregelung, Sie wissen schon, für die wirklich Fleißigen – wie mich!).
So, jetzt muß ich aber Schlußmachen, denn ich bin noch für drei Wochen im Krankenstand aufgrund Rhinitis, aber wenn ich danach auf die notwendige Kur fahre, werde ich überprüfen ob Sie es der Mühe wert fanden, eine ordentliche Entschuldigung bei jenen fleißigen Menschen, in den Amtsstuben der Republik, abzugeben, welche dieses Land ja offensichtlich erhalten (so wie eben ich!). Aber Undank ist der Menschen Lohn.
Es paßt wieder einmal ganz genau:
"Wenn man Dir gibt, so nimm.
Wenn man Dir nimmt, so schrei"!
reinhard.horner@chello.at
Anlässlich dieser wie früher schon so oft unterklassigen Beschimpfung:
Ernst genommen oder …
Die Einträge in diesem Blog werden zweifelsohne dazu eingebracht, dass sie ernst genommen werden. Das gilt selbstverständlich auch und insbesondere für die Gastkommentare, mit denen sich Andreas Tögel mit außerordentlichem Fleiß am meisten und intensivsten hier politisch betätigt. Deshalb ist es angebracht, seine Botschaften, seine Absichten und die dargelegten Faktizitäten – so nutzlos das auch oft erscheinen mag – entsprechend zu hinterfragen. Zum Beispiel nach folgenden Gesichtspunkten. (Natürlich auch nach anderen.)
1 Wie viel um Objektivität bemühte Aufdeckung von Missständen?
2 Wie viel Verwendung von theoretischem Staatsminimalismus?
3 Wie viel Verwendung von theoretischem Anarchismus?
4 Wie viel Politikerhass und Verachtung des die Entwicklungen tragenden
„bedeutenderen Teils der Bürgerschaft“?
5 Wie viel konkrete Staatsbekämpfung?
6 Wie viel (militanter) Antidemokratismus?
7 Wie viel (welcher) Antisozialismus oder antisoziale bzw. asoziale Haltung?
8 Wie viel eingestandene oder verdeckte Plutokratie?
9 Wie viel Wohlstandsegoismus und Ablehnung des Gemeinwohls sowie der
Solidarität?
10 Wie viel Parteilichkeit für welche und gegen welche Interessen?
11 Wie viel Ergokratie – siehe „Vierte Partei (Ergokraten)“ bei Nationalrats-
und Landtagswahl in Oberösterreich 1949?
12 Wie viel echter Liberalismus oder nur Verweigerungen der Pflichten (der
Beiträge zum Gemeinwesen) in die Freiwilligkeit, in die Beliebigkeit?
13 Wie viel (welcher) Kapitalismus – etwa in ohne geregelte Toleranzen
konkurrierendem Marktwirtschaften oder hinsichtlich der Finanzindustrie?
14 Wie viel Überhebung des Erfolgs über die Leistung, der Konkurrenz über
die Kooperation, der Wirtschaft über die persönliche Lebensführung und die
kulturelle Entfaltung?
15 Wie viel ausgesprochene Beschimpfungen?
16 Wie viel Realitätsverweigerung in eine gesellschaftliche, politische,
kulturelle und teils auch wirtschaftliche „Hohlwelttheorie“ mit
entsprechenden Versuchen praktischer Umsetzung?
17 Wie viel Pyramidenspiel zur Bevorzugung aktuell (noch) erfolgreicher
Akteure?
18 Wie viel Apokalyptik? Wie viel gezielte Verunsicherung?
19 Wie viel tatsächliche Politikverweigerung oder nur (zerstörend
beabsichtigte) Vortäuschung?
20 Wie viel Beiträge für konkret wirksame Verbesserungen, also zu selektiver
Bestärkung von Bewährtem und zur Schaffung von zukunftstauglichem
Neuem – für Österreich, für Europa und weltausgreifend in einer „Welt der
Menschheit von 7 Milliarden plus“?
21 Wie viel Beiträge zur Hemmung konkret wirksamer Verbesserungen, u. a. zu
gesellschaftlichen Spaltungen, zu Behinderungen des Abbaus von Armut, zu
verzwergenden Isolierungen Österreichs etc.?
22 Wie viel Darlegungen nachprüfbarer Fakten oder erfundener Behauptungen?
23 Wie viel sachgerechte Berichterstattung oder auf Kommentierung und Agitation
ausgerichtete bzw. damit verknüpfte?