Kein Aprilscherz

Mit 1. April 2012 tritt das Bundesgesetzblatt I Nr. 27/2011 in Kraft, besser bekannt als Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Dann muss jeder Telefon- oder Internetprovider die Verbindungsdaten seiner Kunden mindestens ein halbes Jahr speichern und bei Bedarf den Behörden zur Verfügung stellen. Gespeichert werden keine Inhalte (Telefongespräche, Mails, Bilder, …), sondern nur wer mit wem wann und wie lange in Verbindung war.

Dahinter steckt eine einfache Idee: Wenn alle Bürger rund um die Uhr überwacht werden, sind Straftaten schneller aufzuklären oder sogar zu verhindern. Deshalb feiert die Überwachung nach jedem Terroranschlag, wie etwa zuletzt im Juli 2011 in Norwegen, fröhliche Urständ. So ein Überwachtungsstaat verträgt sich allerdings gar nicht mit den Grundrechten einer freien Gesellschaft. Deshalb hat etwa der deutsche Verfassungsgerichtshof das erste Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland aufgehoben, weil es gegen das Grundgesetz verstieß.

Die Republik Österreich hat mit der Umsetzung der entsprechenden EU-Verordnung so lange gewartet, bis es im Juli 2010 deshalb sogar verurteilt wurde. Nach dem Desaster in Deutschland hat die EU-Kommission die Verordnung allerdings komplett überarbeitet. Inzwischen hat Österreich reagiert: Das neue Gesetz stellt sicher, dass Strafverfolgungsbehörden nur bei Verdacht einer schweren Straftat Zugriff auf die Daten bekommen. Bei Missbrauch droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr.

Nach meiner Erfahrung als Internetprovider muss ich den Verantwortlichen allerdings viel Naivität unterstellen. Jeder Provider speichert Verbindungsdaten seit jeher für lange Zeit, oft sogar über Jahre. Notwendig ist das alleine schon für die laufenden Abrechnungen. Bis heute gibt es aber keine Kontrolle, was mit diesen Daten später geschieht. Auch wenn die Provider ihre Verbindungsdaten nach sechs Monaten löschen müssen – wer kontrolliert das?

Wolfgang Hoffmann, Jahrgang 1959, ist Musiker, Unternehmer und Autor.
Siehe:
http://www.woho.at

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