„Fracking“ – das neue Umwelt-Ungeheuer

Seit die OMV im Weinviertel große Schiefergasvorkommen vermutet, die sie mittels Probebohrungen erkunden möchte, gehen die Wogen hoch. Umweltschützer machen mobil, und Landeshauptmann Pröll – schließlich wird es ja bald Landtagswahlen geben – verlangt für alle Fälle eine Umweltverträglichkeitsprüfung, die grundsätzlich gar nicht vorgesehen ist.

Die OMV hat das Projekt noch gar nicht eingereicht und betont im Vorfeld immer wieder, dass nur dann eine Gasförderung aufgenommen wird, wenn diese umweltfreundlich geschieht. Dafür soll ein neues Verfahren zur Anwendung kommen. Knackpunkt aller Diskussionen ist das so genannte Fracking, bei dem bisher Wasser, das mit chemischen Stoffen angereichert ist, in den Boden gepresst wird, um das Gas auswaschen zu können. Damit könnte das Grundwasser verschmutzt werden. In Österreich wird allerdings an einem Verfahren gearbeitet, wo dies nicht der Fall ist.

An der Montanuniversität Leoben wird eine neue, laut Angaben der Uni umweltfreundliche Methode des umstrittenen Frackings entwickelt. Eine Gefahr für das Grundwasser sei damit ausgeschlossen, sagt der dafür zuständige Wissenschafter Prof. Herbert Hofstätter. „Wenn wir nicht im Vorfeld die Bevölkerung ordentlich und transparent informieren, entstehen Ängste. Die Befürchtung, dass die Frack-Materialien ins Grundwasser eindringen, ist nicht gegeben. Da ist ausreichend Abdichtung geschaffen, durch die Rohre, die eingebracht werden“, sagt Hofstätter. Das Verfahren befindet sich allerdings erst in einem Probestadium.

Auch international ist das Hoffnungsgebiet Schiefergas heftig umstritten. In Polen, wo große Vorräte vermutet werden, soll der geplante Abbau vorangetrieben werden. Und auch in Deutschland will man, trotz Gegenwind, die Karte Schiefergas unbedingt spielen.

In der deutschen Debatte um eine sichere Energieversorgung und Ergänzung erneuerbarer Energiequellen dringen die Unternehmen darauf, die Potenziale beim unkonventionellen, im Gestein gebundenen Gas nutzen zu können – und setzen dazu nach wie vor auch auf das umstrittene „Fracking"-Verfahren. „Ohne zusätzliches Erdgas wird die Energiewende in Deutschland nicht zu meistern sein", sagt der Vorsitzende des Wirtschaftsverbands Erdöl- und Erdgasgewinnung (WEG) und Europa-Chef von ExxonMobil, Gernot Kalkoffen.

Vor allem in Nordrhein-Westfalen ist die Skepsis gegenüber der Anbohrung von Tiefengestein zur Gasgewinnung unverändert groß. Kritiker befürchten, dass das dabei unter Hochdruck in die Schichten gepresste Gemisch aus Sand, Wasser und Chemikalien in das Grundwasser gelangen kann. 95 Prozent der gesamten deutschen Erdgasförderung finden zur Zeit in Niedersachsen statt. Die nach Verbandsangaben bislang mehr als 300 Fracking-Anwendungen in Deutschland zeigten, dass die Methode sicher sei. Lecks bei normalen Bohrungen würden mit dem TÜV und den Behörden sorgfältig geprüft, kämen allerdings selten vor. 2011 habe es vier solcher Fälle gegeben.

Als in Österreich bekannt wurde, dass man, wie in Deutschland, bei den bisherigen Förderungen auch schon „gefrackt“ habe, war die Überraschung in manchen Medien groß. Seit 2005 wurden in Österreich bei 99 Bohrungen zwei Mal Elemente der „Fracking“-Technologie nach dem international üblichen Stand der Technik angewendet, erklärt die OMV. Dabei wurden stets die strengen heimischen Auflagen eingehalten. Die heimischen Montanbehörden überprüfen vor Ort, zuletzt in den vergangenen beiden Jahren je einmal, in den vorhergehenden zwei Jahren nicht. In den insgesamt 60 Jahren habe es noch keinen einzigen Problemfall gegeben, sagt man im zuständigen Ministerium. Im Sommer 2011 wurde die Anwendung von Elementen der „Fracking“-Technologie bei konventionellen Bohrungen seitens der OMV eingestellt.

Forscher geben Entwarnung für Fracking

In einer jüngst präsentierten Studie haben Forscher geprüft, ob die Fracking-Technik eine Gefahr für das Trinkwasser ist. Das Ergebnis stellt die bisherige Einschätzung auf den Kopf. Nach Angaben von den zwei Studienautoren der University of Texas sei Fracking weit weniger gefährlich, als bisher angenommen. Das zumindest ist das Ergebnis einer umfangreichen Untersuchung, die nicht von der einschlägigen Industrie bezahlt wurde.

Angesichts der radikal anmutenden Methode des Fracking (kurz für Hydraulic Fracturing) überrascht Kritik zunächst nicht. Große Mengen Wasser, vermischt mit Sand und teils giftigen Chemikalien, werden tief ins Erdreich gepresst, um Gesteinsschichten aufzubrechen und das darin gefangene Gas zu lösen. Die Technik selbst ist schon Jahrzehnte alt, erlebt seit einigen Jahren aber einen Boom. Schon grassieren Ängste vor Umweltschäden: Gas gelange in die Luft und ins Trinkwasser, das überdies mit den Chemikalien aus der Bohrflüssigkeit kontaminiert werde.

Die Forscher haben „Fakten von Fiktion getrennt", wie sie selbst sagen, und haben die vorhandene Datenlage umfangreich analysiert. Die Existenz der vielfach berichteten Umweltzerstörungen stellen sie am Ende nicht in Frage. Doch verantwortlich dafür sei nicht die Fracking-Technik selbst. „Die meisten der beobachteten Probleme treten in ähnlicher oder sogar identischer Form auch bei konventionellen Fördermethoden auf". Man habe keine Hinweise gefunden, dass Umweltschäden beim Fracking häufiger auftreten.

Im Mittelpunkt der Ängste steht die Kontaminierung von Trinkwasser mit Chemikalien und Gas. Die Forscher haben entsprechende Berichte aus drei Fracking-Gebieten analysiert. Dabei habe man „keine direkte Verbindung" zwischen Grundwasser-Kontaminierung und Fracking feststellen können, so das Fazit. Das widerspricht früheren Studien. Zwar sei es beim Fracking zu Umweltschäden gekommen, aber nicht, weil die Technik selbst unsicher sei, sondern weil man bei den Bohrungen geschlampt und Vorschriften missachtet habe.

Viele Fälle von Grundwasserverschmutzung habe man auf Abwasserlecks an der Oberfläche zurückführen können. In anderen Fällen sei denkbar, dass der Betonmantel des Bohrlochs gebrochen und auf diese Weise Bohrflüssigkeit ins Grundwasser gelangt sei. Gehe bei der Bohrung aber alles glatt, bestehe für das Trinkwasser wahrscheinlich keine Gefahr, sagen die Experten.

Dieter Friedl ist Österreichs führender Energie-Journalist. Er gibt 14-tägig den unabhängigen elektronischen „Energiedienst“ heraus, der unter der E-Mail Adresse kontakt@elisabethgall.at abonniert werden kann. Der „Energiedienst“ informiert über alle Energiefragen.

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