Gendern wir die Internationale!

Im Zuge der Vergewaltigung des österreichischen Freimaurer G’Stanzls namens „Bundeshymne“ hat es vor allem das bürgerliche Lager (welches Lager?) unterlassen, eine politisch korrekte Umschreibung der Internationale zu fordern. Auch links fühlende Mitbürger dürften bislang übersehen haben, dass die Hymne der Proletarierbewegung noch immer bloß die männlichen Arbeiter anspricht. Diesen diskriminierenden Umstand kann mensch durch Gendern der Internationale beseitigen.

Zur Verbreitung dieses zivilgesellschaftlichen Anliegens wurde eigens eine Facebook-Gruppe eingerichtet: „Gendern wir die Internationale!“

Eine geschlechtergerecht formulierte Internationale könnte wie folgt lauten:

Wacht auf, Verdammte dieser Erde,
die stets man noch zum Hungern zwingt!
Das Recht wie Glut im Kraterherde
nun mit Macht zum Durchbruch dringt.
Reinen Tisch macht mit der Bedränger!
Heer der Sklaven, wache auf!
Ein Nichts zu sein, tragt es nicht länger
Alles zu werden, strömt zuhauf!

|: Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!
Die Internationale
erkämpft das Menschenrecht. :|

Es rettet uns kein höh'res Wesen,
keinE Gott/Göttin, keinE Kaiser noch Tribune
Uns aus dem Elend zu erlösen
können wir nur selber tun!
Leeres Wort: des Armen Rechte,
Leeres Wort: des Reichen Pflicht!
Unmündig nennt mensch uns und Knechten,
duldet die Schmach nun länger nicht!

|: Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!
Die Internationale
erkämpft das Menschenrecht. :|

In Stadt und Land, ihr Arbeitsleute,
wir sind die stärkste der Partei'n
Die Müßiggänger schiebt beiseite!
Diese Welt muss unser sein;
Unser Blut sei nicht mehr der Raben,
Nicht der mächt'gen Geier Fraß!
Erst wenn wir sie vertrieben haben
dann scheint die Sonn' ohn' Unterlass!

|: Völker, hört die Signale!
Auf zum letzten Gefecht!
Die Internationale
erkämpft das Menschenrecht. :|

Urheberrechtlich könnte ein Gendern der Internationale, anders als bei der Bundeshymne, keine Probleme verursachen: Zwar würde eine derartige Textveränderung – ebenso wie im Falle von Hymnenschöpferin Paula von Preradovic – eine unzulässige Entstellung des Werks der (deutschsprachigen) Internationale darstellen. Da jedoch der Autor der Internationale (Emil Luckhardt) 1914 verstarb, ist 70 Jahre danach, also seit 1984, der Schutz für sein Werk erloschen.

Das Gendern der Internationalen ist somit ein legitimes politisches Ziel. Wenn als ablehnende Reaktion darauf (links fühlende) Mitbürger darauf verweisen, dass sie halt ein historischer Text sei, muss man dem entschlossen entgegnen, dass die österreichische Hymne dies auch war – bis zuletzt zumindest.

Auf den Einwand, dass die Internationale kein offizielles Lied ist und daher nicht „amtlich“ gegendert werden muss, kann mensch ebenfalls antworten. Denn auch die österreichische Bundeshymne war bis zuletzt nicht gesetzlich anerkannt; die Internationale ist überdies zumindest so offiziös, dass sie in der Kanzlerpartei SPÖ sowie in der KPÖ (auf Parteitagen, am 1. Mai, …) regelmäßig gesungen wird. Außerdem darf man ja auch Lieder für den Privatgebrauch eigeninitiativ geschlechtergerecht formulieren. (Man/frau denke da auch etwa an das Lied „Wir sagen euch an, den lieben Advent“, wo in Wiens Städtischen Kindergärten gesungen wird: „Freut euch, ihr Kinder, freuet euch sehr, schon ist nahe das Fest“)

Das ist ja gerade auch der Sinn der Top-Down Genderstrategie: Es gab in der Bevölkerung zunächst kein Bedürfnis nach feministischer Kampfsprache. Da dies die Politiker der SPÖ, Grünen und ÖVP anders sahen, wurde es eben „von oben“ verordnet. Die Ziele der Genderlehre sind erst dann verwirklicht, wenn Bürger beginnen, eigeninitiativ (also ohne weiteres Zutun ihrer Politiker) ihre gesamte Umgebung nach dieser geschlechtsmarxistischen Lehre auszurichten.

Mit anderen Worten: Erst an der geschlechtergerechten Umformulierung der Internationale erkennt mensch, wie stark die Genderlehre in der Bevölkerung, besonders unter links fühlenden Mitbürger, bereits verwurzelt ist. Oder halt eben nicht.

Abschließend bliebt nur zu hoffen, dass der unabhängige ORF sowie die Boulevardblätter des Landes ab nun auch bei Anlässen, an denen die Internationale gesungen wird, ähnlich Blockwart spielen werden, wie dies bei der Überprüfung der Lippenbewegung der österreichischen Sportler beim Absingen der veränderten Bundeshymne der Fall ist: Auch Medien trifft ja die große Pflicht, political correctness tatkräftig umzusetzen.

Mag. Marc Vecsey (geboren 1983) ist Jurist in Wien

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