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Rede zum Rettungsschirm

Hier folgen Auszüge aus der Rede Richard Sulíks, Slowakischer Parlamentspräsident und Chef der liberalen Regierungspartei „Freiheit und Solidarität“ (SaS), die er am 11.10.2011 zu der, von seiner Partei abgelehnten, Ausweitung des Euro-Rettungsschirmes hielt.

Vor sechzehn Monaten, genau am 12. Juni 2010, haben die Bürger in den Parlamentswahlen, nach vier Jahren Diebstahl und Vetternwirtschaft, einer Rechtsregierung das Mandat gegeben, aus der Slowakei ein besseres Land zu machen. Wir konnten uns über die Zusammensetzung der Regierung sowie über ihre Hauptthesen einigen. Einen Monat später haben wir gemeinsam hier im Nationalrat das Regierungsprogramm verlautbart. Darin stehen folgende Sätze:

„Die Regierung der Slowakischen Republik ist eindeutig für die Beibehaltung der Souveränität der Mitgliedsstaaten im Rahmen der Wirtschafts- und Sozialpolitik…“

„Für die Slowakei ist es sehr wichtig, die Verschuldung der zukünftigen Generationen zu stoppen…”

„… wobei Teil der Änderungen auch ein klarer Mechanismus des gesteuerten Bankrotts eines Landes, das auf die Dauer eine unverantwortliche Budgetpolitik betreibt, sein muss."

Ich stelle fest, dass eine Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes eindeutig diesen Sätzen und damit gleichzeitig der Programmerklärung der Regierung widerspricht.

Im Artikel VI Punkt 1 des Koalitionsabkommens steht:

„Sollte einer der Koalitionspartner in einer ernsten Sache sowie gegen den Willen der restlichen Koalitionsmitglieder bei einer Abstimmung die Opposition unterstützen, stellt dies eine ernste Verletzung der Rechte der restlichen Partner dar.”

Ich stelle fest, dass es in Sachen des Euro-Rettungsschirmes zu einer groben Verletzung des Koalitionsvertrages kommen wird.

Unsere Regierung ist wahrscheinlich weltweit einzigartig, da sie das Vertrauensvotum mit der Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm verbinden wird, der eindeutig im Widerspruch mit der Programmerklärung der Regierung, mit dem Koalitionsvertrag und vor allem mit dem gesunden Menschenverstand ist.

Was ist eigentlich dieser Euro-Rettungsschirm, wegen dem die Regierung zu Fall gebracht werden soll?

Im August des Vorjahres hat der Nationalrat den ersten provisorischen Euro-Rettungsschirm abgesegnet. Auch mit den Stimmen des SaS. Wir haben damals vor allem aus drei Gründen zugestimmt – es sollte sich lediglich um eine temporäre, drei Jahre dauernde Maßnahme handeln, es sollten nur Staaten, keine Banken gerettet werden und schließlich sollte nur jenen Ländern ein Kredit gewährt werden, bei denen mit einer Zurückzahlung gerechnet werden kann.

Ein Jahr später gilt nichts mehr davon. Das ist ein Gebrechen der gemeinsamen Währung. Es gelten keine Vereinbarungen, keine Zusagen, man kann sich auf nichts verlassen. Der Euro-Rettungsschirm wird nicht mehr provisorisch eingeführt, es können auch Banken gerettet werden – und durch den zweiten Kredit an Griechenland wurden auch die letzten Prinzipien über Bord geworfen.

Würde der Euro-Rettungsschirm nur provisorisch gelten, so wie ursprünglich vereinbart und abgesegnet wurde, hätte man Staaten retten können. Vom ursprünglichen Volumen in der Höhe von 250 Mrd. Euro wurden 70 Mrd. Irland und Portugal zugesagt, im Topf bleiben also noch 180 Mrd. Euro. 180 Mrd. Euro, mit denen man manches Land der Eurozone retten könnte.

Die Eurozone besteht nicht aus hundert oder zweihundert Ländern, sondern aus lediglich 17, deswegen ist es einfach, die Lage einzeln zu analysieren. Dabei stellen wir fest, dass die Rettung von vier kleinen Ländern, wie Belgien, Slowenien, Malta und Zypern, sowie von zwei großen Ländern – Spanien und Italien – in Frage kommt. Für die Rettung der kleinen Länder sind jene 180 Milliarden, die sofort im ursprünglichen provisorischen Euro-Rettungsschirm zur Verfügung stehen, ausreichend. Für die Rettung der zwei großen Länder wird auch der erweiterte Rettungsschirm nicht reichen.

Deswegen frage ich, warum es notwendig ist, den Euro-Rettungsschirm zu erweitern, wenn durch die reine Erweiterung kein weiteres Land gerettet wird? Diese Frage ist vor allem für jene wichtig, die mit dem Begriff „Solidarität“ argumentieren. Zur Beantwortung dieser Frage ist es erforderlich, eine weitere wichtige Änderung – einen Wandel der Kompetenzen – ins Auge zu fassen. Diese Änderung wurde am 21. Juli stillschweigend und ohne jegliche öffentliche Diskussion vollzogen. Im Zuge der Genehmigung dieser Änderung erhält der Euro-Rettungsschirm das Recht, Staatsanleihen zu kaufen, jedem beliebigen Land einen Kredit zu gewähren und vor allem Banken auch in gesunden Ländern zu retten.

Wie aus einem Bericht des Internationalen Währungsfonds hervorgeht, fehlen den Banken 200 Mrd. Euro, und siehe da, das ist fast genau jener Betrag, um den das Volumen des Euro-Rettungsschirmes von 250 Mrd. auf 440 Mrd. Euro angehoben werden soll. Frankreich hat schon verlauten lassen, dass es seine Banken gerne mit Mitteln des EFSF retten möchte, weil sich bei einer Alleinsanierung das Rating des Landes verschlechtern könnte.

Ich stelle fest, dass durch die Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes die Slowakei ausländische Banken retten wird.

Ich betone, dass die Slowakei ihre eigenen Banken allein, also nur mit Mitteln der slowakischen Steuerzahler, saniert hat, umso weniger verständlich ist es jetzt, wenn fremde Banken gerettet werden sollen.

Die Slowakei ist das ärmste Land der Eurozone. Wir haben auch die niedrigsten Löhne in der Eurozone. Trotzdem entwickeln wir Stolz und leben lieber bescheiden, als uns von jemandem retten zu lassen, wenn wir dadurch die Selbständigkeit und Unabhängigkeit verlieren würden, die wir durch die Entstehung der Slowakischen Republik im Jahr 1993 erlangt haben. Gleichzeitig sollen wir mit dem höchsten Anteil an öffentlichen Finanzen, also mit mehr als 35 Prozent zum EFSF, beitragen, im Unterschied zum Nachbarland Österreich, das im Vergleich mit uns nur weniger als die Hälfte dieser Quote zahlen muss. Für die Menschen bedeutet das, dass im Fall einer vollständigen Haftung jeder Bürger der Slowakei 300 Arbeitsstunden dafür leisten muss, in Deutschland reichen schon 120.

Ich stelle fest, dass die Slowakei das ärmste Land der Eurozone ist und gleichzeitig im Verhältnis zu seinen öffentlichen Finanzen am meisten zahlen muss.

Zusammenfassend steht eine Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes also im Widerspruch mit der Programmerklärung der Regierung, stellt eine grobe Verletzung des Koalitionsvertrags dar, ist vor allem zur Rettung ausländischer Banken bestimmt, und außerdem bedeutet eine Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes für die Slowakei die teuerste Lösung.

Leider hat keine sachliche Diskussion stattgefunden, die gesamte Argumentation beruhte auf dem Postulat „der Weltpolitik“. Ich habe um die Möglichkeit, vor den einzelnen Abgeordnetenclubs sprechen zu dürfen, gekämpft, aber unsere Partner haben das nicht gestattet. Am 1. Juli wollten wir verhindern, dass unser Finanzminister dem Griechenland-Kredit zustimmt, die Koalitionspartner haben es abgelehnt. Als wir eine Broschüre mit allen unseren Argumenten verfasst und herausgeben haben, wurden wir des Populismus bezichtigt…

Sie können sicher sein, dass wir sorgfältig alle Verträge und andere Dokumente studiert und die Argumente abgewogen haben. Wir sind zum Ergebnis gekommen, dass eine Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes massiv die slowakischen Steuerzahler schädigen wird. Mit massiv meine ich, dass wir hier nicht über Millionen, sondern über Milliarden Euro sprechen, die so eines Tages die Slowakei für immer verlassen sollen. Diese Schäden werden vielleicht noch zwei weitere Generationen zurückzahlen müssen.

Aus diesem Grund werden wir einer Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes nicht zustimmen. Ich weiß, dass wir damit sehr unkonform sind und habe keine Freude damit. Es geht jedoch um eine wesentliche Frage unseres Gewissens. Ich werde lieber in Brüssel für einen Exoten gehalten, als mich vor meinen eigenen Kindern schämen zu müssen. Wir kleben nicht an unseren Stühlen und brauchen auch keine vollen Tröge. Wir sind eine Partei der anständigen Leute. Das einzige, was wir verlieren können, ist unsere Ehre.

Die Verbindung des Vertrauensvotums mit der Abstimmung über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes halte ich für eine Erpressung und bin darüber sehr erstaunt, da sich die Frau Premierministerin, der SaS am meisten von allen Koalitionsparteien den Rücken gestärkt hat, noch vor einem Monat bei einer gemeinsamen Tagung von Koalitionsabgeordneten mit der Regierung in ?astá-Papierni?ka folgendermaßen geäußert hat: „… ich persönlich sehe keine Möglichkeit, eine andere Sache mit dem Thema Euro-Rettungsschirm zu verknüpfen” und: „Ich werde nicht die Verantwortung für eine politische Destabilisierung oder Budget-Ablehnung übernehmen.”

Frau Premierministerin, du hast das Vertrauensvotum mit einer Sache verbunden, die der Programmerklärung der Regierung sowie dem Koalitionsvertrag widerspricht. Zudem noch mit einer Sache, die massiv der Slowakei zu Gunsten ausländischer Banken schaden wird. Deswegen frage ich dich abschließend: Bist du tatsächlich überzeugt, dass du richtig handelst?

Richard Sulík ist Slowakischer Parlamentspräsident und Chef der liberalen Regierungspartei „Freiheit und Solidarität“ (SaS).

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