Die Medienorgel Österreichs ist verstimmt

Die größte Medienorgel Österreichs, der ORF, ist verstimmt – und verstimmt dadurch auch seine Nutzer.

Seit langem sägen einige Protagonisten (vordergründige Schauspieler/sprecher) an der nachhaltig absackenden Quoten-Bilanz, von über vierzig Prozent ist man nun bald bei dreißig Prozent Teilnehmernutzung gelandet.

Inhalte und Formen vieler Sendungen, insbesondere auch der Nachrichten (-Journale), treiben die gebührenpflichtigen Hörer und Seher der Konkurrenz in die Arme, oder gar zum Abschalten.

Boulevard an Stelle von Bildungsanstalt zieht offensichtlich nicht (mehr). Der ORF ist sicher nicht als permanente Theateraufführung konzipiert worden. Unterhaltung und Bildung sind gefragt. Sowie Authentizität der Protagonisten.

Zur Form

Der Ton (der bekanntlich die Musik macht) der meisten Sprecherinnen, auch einiger weniger Sprecher, transportiert in oft herabwürdigendem, belehrendem Ton, wie schlecht die Welt sei. In einer Art Gehirnwäsche bekommen auch die Politiker laufend ihr Fett ab: in der Abfälligkeit ansteigend von Rot, Schwarz über Orange bis Blau. Nur die Grünen sind die Braven, die ihre zahlreichen Minipressekonferenzen ausgiebig präsentieren dürfen.

Nicht nur der Ton macht die "Musik" – auch die Sprachmelodie, der Tonfall und die Mimik der Darsteller. Wenn es dann noch an professioneller Sprechtechnik mangelt und die Prioritäten samt Zeitaufwand am Hörer/Seher-Interesse vorbei produziert werden, bleibt nur eines: Zappen zur Konkurrenz oder Abschalten.

Dazu ein weiser Spruch: "Klarheit entsteht in der Pause!" (H. Mankell)

Dabei gibt es durchaus ansprechende, charmante, charismatische Sprecher – auch beim ORF; nur werden die oft in den frequenzschwachen Tageszeiten "versteckt", wo sie offenbar vergeblich auf ihr Avancement gegen den Beziehungsfilz der bestimmenden Orgelpfeifen warten. Inzwischen dürfen die Privilegierten ihre mangelhafte Sprechtechnik aneinander angleichen und öffentlich zur Schau stellen. Jeder bessere Betrieb evaluiert laufend seine Leistungen, und was tut der ORF? Ein Blick, ein Ohr zu den deutschen Nachbarn ergäbe so manches Aha-Erlebnis.

Warum nuscheln, lispeln, schludern manche Sprecher Kurznachrichten im Schnellzugstempo, wenig bedeutende Beiträge vergeuden hingegen die Zeit? Vokale und Satzteile werden unmotiviert in die Länge gezogen, die ersten Worte der nächstfolgenden Nachricht überhastet verschluckt. Manche schauen streng in die Kamera (vielleicht bräuchten sie eine Brille zum Ablesen der eingespiegelten Nachrichten), andere verabschieden sich mit gekünsteltem Grinsen, andere wiederum wollen sich durch exaltierte Mimik ins rechte Licht stellen. – Und nur wenige zeigen sich mit dem Inhalt des Gesprochenen identifiziert und wirken somit auch nicht authentisch.

Zum Inhalt

Fremde und eigene Vermutungen werden in den Raum gestellt: Denn "es gilt ja die Unschuldsvermutung…" Können positive, aufbauende Nachrichten geschäftsstörend wirken, nach dem Motto: Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten? Horror-Stücke und Schreckensnachrichten überwiegen – weil „bad news is good news!“

Warum vergeudet der ORF im Radio wie im Fernsehen den Großteil der eingeplanten Journalzeiten mit endlosen Korrespondentenberichten aus den letzten Erdwinkeln und verwehrt damit echten Nachrichten aus dem eigenen Lande die Chance? Die Prioritätensetzung der wenigen Berichte ist oft genug nicht nachvollziehbar. Die Quoten-Bilanz ist die rechte Antwort.

Sollte nicht doch den zahlenden Hörern und Sehern die Bewertung der dargebotenen Botschaften (wenn möglich Fakten) überlassen werden? Und sollte die Zeit der medialen Gehirnwäsche nicht doch endgültig überwunden sein? Die immer wieder eingeholte Meinung der immer gleichen, einseitig gefärbten "Experten" mit ihren ausgewählten Studien wirkt oft manipulativ und ist meist entbehrlich.

Die Zwangsgebühren für ein mehr und mehr ungenügend werdendes Programm sind ein Anachronismus. Nur der echten Leistung gebührt der gerechte Lohn!  Sonst steigt der Frust über die kakophone Medienorgel ins Unermessliche und die Quoten fallen noch tiefer in den Keller… Welche Politiker wollen das weiterhin noch verantworten?

DI Hans Kretz ist Techniker, Publizist, Lokalhistoriker (Hinterbrühl) und Kritischer TV- und Radio-Konsument, der es ehrlich bedauert, dass im ORF die Quotenkiller unterwegs sind.

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